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Fahrendes GepäckJapan stoppt motorisierte Koffer

Besonders asiatische Touristen fahren mit motorisiertem Gepäck etwa in Tokio auf dem Fußweg. Jetzt geht die Polizei dagegen vor.

Elektrokoffer mit Scooter Foto: James Atoa/imago

Tokio taz | Die Verkehrspolizei in Japan geht ungewöhnlich rigoros gegen Ausländer und Touristen aus Asien vor, die auf Elektrokoffern sitzend durch die Innenstädte fahren. Eine chinesische Studentin wurde kürzlich als erste Person in Japan wegen unerlaubten Fahrens angezeigt, als sie mit ihrem Koffer auf einem Gehweg in Osaka fuhr. Ihr drohen theoretisch bis zu drei Jahre Gefängnis und 3.000 Euro Geldstrafe.

Der Internationale Flughafen von Osaka rät von einer Nutzung der Koffer ab, nachdem es zu Beschwerden von Reisenden kam. Die mit Elektromotor und Batterie ausgerüsteten Geräte bewegen sich in der Regel auf drei Rädern, lassen sich mit einer ausklappbaren Stange lenken und erreichen ein Tempo von bis zu 13 Kilometer pro Stunde. Ursprünglich wurden sie vor allem für die Nutzung in Flughäfen konzipiert.

Die Polizei forderte die japanischen Einzelhändler für die Elektrokoffer auf, ihre Kunden über die strengen Regeln für solche „motorisierten Fahrräder“ zu informieren. Nach japanischem Verkehrsrecht fallen die Koffer in die Kategorie der Mini-Motorräder, für die ein Nummernschild, Rückspiegel und Blinker vorgeschrieben sind.

Die Fahrer brauchen einen Führerschein, müssen einen Helm tragen und eine Haftpflichtversicherung abschließen. Das Fahren auf Bürgersteigen ist ebenfalls illegal, da die Koffer das maximal erlaubte Tempo von 6 Stundenkilometern überschreiten. Ein Junge aus Indonesien, der sich auf seinem Elektrokoffer durch das Einkaufsviertel von Osaka schlängelte, hörte verblüfft von dem Fahrverbot, in Indonesien dürfe man damit überall fahren.

Vorurteile gegenüber Chinesen?

Japans Gesetzgeber hatte erst vor einem Jahr Elektroroller auf den Straßen zugelassen, danach gab es viele Unfälle. Hierin dürfte ein Grund für die schnelle Reaktion der Polizei liegen, die bei kleineren Verkehrsvergehen ansonsten häufig beide Augen zudrückt. Der andere Grund könnte der wachsende Widerwillen vieler Stadtbewohner gegen die Flut ausländischer Touristen sein, die sich angeblich nicht an die Regeln in Japan halten. Die Empörung auf X über die Kofferfahrer spiegelt daher möglicherweise Vorurteile gegenüber Chinesen wider, die ein Sechstel der monatlich 3 Millionen Besucher in Japan ausmachen.

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5 Kommentare

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  • Japaner sind indes auch bekannt für ihre Distanz zu Ausländern, besonders wenn sie es an gegenseitigem Respekt mangeln lassen, dargelegt in den Begriffen Omotenashi und Ichi-go ichi-e.

    Zentraler Aspekt ist dabei immer Achtsamkeit. Vor diesem Hintergrund versteht man, dass die Japaner bei durchbretternden Koffern empfindlich reagieren. Bei europäischen Rollern wäre das ähnlich.

  • Gibt's da schon eine Tuningszene? Die bringen diese Dinger doch sicher auf Sprinttempo, was dann so 37 km/h wären.

  • Die Welt fühlte sich besser an, als ich davon noch nichts wusste.



    Auch gebrechliche Greise hätten andere bessere Optionen.

  • Ich wusste bis eben nicht, dass es so eine Quatsch überhaupt gibt. 😄

  • Na, da wäre doch Deutschland ein geeigneter Markt ...