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Nach Messerangriff in EnglandRechtsextreme Krawalle in Southport

Die britische Stadt Southport trauert nach einem tödlichen Messerangriff um drei Kinder. Nach einer Mahnwache für die Opfer randalieren Rechtsextreme und verletzen 39 Polizisten.

Schwere Ausschreitungen in der Nähe des Ortes, an dem am Vortag drei Mädchen bei einem Messerangriff getötet wurden Foto: Richard Mccarthy/dpa

Southport dpa | Bei schweren Ausschreitungen von Rechtsextremen nach dem tödlichen Messerangriff im englischen Southport sind 39 Polizisten verletzt worden. 27 von ihnen mussten im Krankenhaus behandelt werden, wie der regionale Rettungsdienst auf X mitteilte.

Am Montag waren bei einer Messerattacke drei Mädchen im Alter von sechs, sieben und neun Jahren getötet worden. Acht weitere Kinder und zwei Erwachsene wurden teils schwer verletzt. Die Kinder hatten an einer Ferienfreizeit teilgenommen, die sich um Taylor Swift drehte. Die selbst nicht daran beteiligte US-Sängerin zeigte sich auf Instagram erschüttert. Tatverdächtig ist ein 17-Jähriger. Das Motiv ist auch noch ungeklärt. Die Polizei geht aber nicht von einer Terrortat aus.

Gerüchte über Herkunft des Tatverdächtigen heizten die Stimmung auf

Falschmeldungen und Gerüchte über die Herkunft des mutmaßlichen Täters sind nach Polizeiangaben der Hintergrund der Unruhen. „Wir haben bereits mitgeteilt, dass die Person in Großbritannien geboren wurde, und Spekulationen helfen im Moment niemandem“, betonten die Ermittler. Der tatverdächtige Jugendliche lebt seit mehr als zehn Jahren in der Gegend. Er wurde als Sohn von Ruandern in der walisischen Hauptstadt Cardiff geboren.

Die bei den Ausschreitungen verletzten Einsatzkräfte erlitten laut Polizei unter anderem Knochenbrüche, Schnittwunden, vermutlich einen Nasenbruch und eine Gehirnerschütterung. Aufgrund der Unruhen am Dienstagabend erhielt die Polizei in dem Stadtgebiet für 24 Stunden erweiterte Befugnisse zum Durchsuchen von Menschen.

Die Angreifer hätten nach einer Mahnwache für die Opfer der Messerattacke sowohl Beamte als auch die örtliche Moschee mit Ziegelsteinen beworfen und ein Geschäft geplündert, so die Polizei. Außerdem setzten sie den Angaben zufolge Autos und Mülltonnen in Brand. Nach Polizeiangaben handelt es sich bei den Randalierern vorrangig um Mitglieder einer rechtsextremen Gruppe, die nicht aus der Gegend stammen.

Eine Stadt unter Schock

„Das ist keine Art, eine Gemeinschaft zu behandeln, schon gar nicht eine Gemeinschaft, die immer noch unter den Ereignissen vom Montag leidet“, sagte der stellvertretende Polizeichef der Merseyside Police, Alex Goss.

Die britische Regierung verurteilte die Ausschreitungen der rechtsextremen Gruppe. „Diejenigen, die die Mahnwache für die Opfer mit Gewalt und Brutalität gekapert haben, haben die trauernde Gemeinschaft beleidigt“, schrieb Premierminister Keir Starmer bei X. „Sie werden die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen.“

Der Labour-Politiker hatte sich zuvor mit Rettungskräften getroffen, die im Rahmen der Messerattacke im Einsatz waren, und sich für ihre Hilfe bedankt. Auch Innenministerin Yvette Cooper war vor Ort. Sie betonte, die neue Starmer-Regierung werde konsequent gegen die in Großbritannien weit verbreitete Messergewalt vorgehen.

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18 Kommentare

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    Die Moderation

  • Erinnert verdächtig an ähnlich orchestrierte Ausschreitungen in Irland nach einer vergleichbaren Tragödie:



    www.theguardian.co...and-parnell-square

  • Dumme Menschen, überall auf der Welt. Eine Plage für uns alle.

    • @Montagsdepression:

      Wenn Menschen dem Staat nicht vertrauen und sich nicht geschützt fühlen, ist das für Regierungen heikel.

      Auch für demokratisch gewählte.

      Mit Intelligenz hat das eher weniger zu tun.

      • @rero:

        Das Gefühl ist das eine die Realität das andere. Sind denn die Menschen wirklich nicht geschützt? Kann vielleicht jemand behaupten, der in einem Township in Kapstadt lebt, aber in einer südenglischen Kleinstadt. Sich wie eine Herde Lemminge den Rattenfänger von rechts ergeben, ist jetzt nicht so, dass man dafür jetzt einen Nobelpreis erwarten könnte.

  • Unglaublich, wie dieser rechtsextreme Mob diese schreckliche Tat für ihre Fremdenfeindlichkeit instrumentalisiert.



    Richtig clever scheinen diese Idioten auch nicht zu sein. Bewerfen eine Moschee, obwohl Ruanda hauptsächlich durch christliche Kirchen geprägt ist.

    • @DocSnyder:

      Es waren falsche Namen in (a)soziaien Medien im Umlauf und auch die Behauptung, der Täter sei ein ehemaliger Flüchtling gewesen.



      Wahrscheinlich hat das damit zu tun.

  • Der Täter hatte ruandische Eltern, was ändert das? Wären die Kinder noch am Leben, wenn seine Eltern in zehnter Generation Engländer wären?

    • @Bambus05:

      Die Idee ist, dass die Kinder noch leben würden, wäre dem Täter die Einreise verweigert worden.

      Natürlich kann niemand ernsthaft prognostizieren, wie sich ein höchstens 7jähriger Junge in 10 Jahren entwickelt.

      Die Randalierer sind aber wohl von der Falschmeldung ausgegangen, dass der Täter ein kürzlich illegal eingereister muslimischer Asylbewerber war.

      Deshalb auch die Steine gegen die Moschee.

      • @rero:

        Klingt logisch, ich höre auf YouTube, dass der Täter muslimischer Asylbewerber ist, also was liegt da näher, als eine britische Moschee zu beschmeißen, geht's noch???

      • @rero:

        Ein absolutes Wahnsinnargument, ich verhindere Straftaten, indem ich Menschen an der Einreise hindere. Mit derselben Argumentation kann ich großflächtig Menschen zu Abtreibungen zwingen, unter den Babies (übrigens egal welcher Volksgruppe, Religion usw) sind sicher ein paar spätere Mörder.

    • @Bambus05:

      Nach der Logik dieser Randalierer sollten Ruandanesen aber eben erst garnicht im Vereinigten Königreich sein…

    • @Bambus05:

      Naja, ganz so einfach ist es nicht. Vermutlich hat es was damit zu tun, das du als schwarzes Kind in erster Generation in UK eben zu einer Minderheit gehörst, Rassismus erfährst. Oft geben auch Eltern (absichtlich oder unabsichtlich) ihre Traumata an ihre Kinder weiter. Wenn die Eltern geflohene Tutsi sind, habern die vermutlich schlimmes erlebt. Sowas streift doch niemand mal so eben ab, auch keine Familie.

      • @JanHamburg:

        Nicht Ihr Ernst, es sei denn Sie sind der persönliche psychologische Berater des Täters.Also dann doch lieber keine Schwarze einreisen lassen, die haben entweder in Ihrem Herkunftsland oder werden dann im Land in dass sie einreisen, Traumata erleben und durchdrehen. Mein lieber Mann...

      • @JanHamburg:

        Da bewegen Sie sich aber voll in der Spekulation.

        Was ist, wenn die Eltern Hutu sind und der Vater Arzt ist?

    • @Bambus05:

      So richtig erfasst haben die die Situation offensichtlich nicht. Es geht nicht darum die Tat zu relativieren, sondern über die rechten Falschmeldungen zu berichten, die die Unruhen angeheizt haben. Z.B. ist Ruanda vor allem christlich geprägt, aber die Rechten bewerfen eine Moschee mit Steinen. Der Vorfall wird von den Rechten instrumentalisiert.

    • @Bambus05:

      Ich muss ganz ehrlich sagen, daß es mich etwas irritiert, daß die taz über die Ausschreitungen, aber nicht über die Morde berichtet.

    • @Bambus05:

      Nein, ich glaube deren Argumentation scheint zu sein, wenn es keine nicht-westliche Einwanderung gäbe, hätte es die Morde nicht geben können.

      Leider sehen diese Menschen in ihrer Wut nur einen winzigen Aspekt von einer unendlichen Zahl an wenns und abers...