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Debatte um Schulessen in BerlinNur auf die Kosten geschaut

Gereon Asmuth
Kommentar von Gereon Asmuth

Mit kostenlosem Schulessen für alle könnte Berlin ein Vorbild sein. Weil aber auch in der Hauptstadt gespart werden muss, will es die CDU streichen.

Am Essen soll doch eigentlich nicht gespart werden Foto: Ralf Hirschberger/picture alliance/dpa

T rends werden bekanntlich in Amerika gesetzt. Aktuell besonders gefeiert wird da drüben Tim Walz, der als Vizepräsidentschaftskandidat das Land, die Demokraten und auch gleich noch die Demokratie retten soll. Und wohl auch kann. Weil er ein grundsympathischer Typ ist, der Politik für die Menschen macht, zum Beispiel für die Schü­le­r:in­nen in Minnesota. Dort hat er als Gouverneur des US-Bundesstaates 2023 unter dem Jubel der Jugend kostenloses Schulessen verfügt. Für alle. Auch für die rich kids.

Berlin sieht sich auch gern als Stadt der Trendsetter. Tatsächlich darf sich die Hauptstadt beim Thema Schulessen auf die Schulter klopfen. Sie hat als bis heute einziges Bundesland 2019 kostenloses Essen für alle Schü­le­r:in­nen eingeführt, früher also noch als der nun hoch gelobte Gouverneur aus Minnesota.

Doch was macht die Berliner CDU, der man per Gründungsprägung einen Hang zum american lifestyle nachsagen kann? Nun, sie möchte den Hauptstadtkindern in die Suppe spucken und das kostenlose Essen vom Menüplan streichen, weil ihr die Sparideen für den Landeshaushalt ausgegangen sind.

Die Hauptstadt-Union befindet sich schon seit Monaten im Kampf gegen die „Umsonststadt“, in der angeblich staatliche Gelder für Bürger ohne Not verprasst werden – also für die Reichen. Inzwischen ist auch die noch neue Landesspitze der SPD auf dem Robin-Hood-Trip: Die Reichen sollen blechen! Klingt ja auch nur gerecht, oder?

Gemeinsames Schulessen, das zeigen nicht nur Berichte aus den USA, fördern die Gesundheit von Kindern, ihre Lernfähigkeit und die Integration. Langfristig senkt das gesellschaftliche Kosten enorm. Wer also hier kürzt, verschuldet sich bei den späteren Generationen.

Auch Reiche brauchen niedrigschwellige Angebote

Der wichtigste Punkt in der Debatte wird oft übersehen. Wenn nur Kinder wenig Begüteter kostenlos bekocht werden, bekommt es den Beigeschmack einer Armenspeisung. Schon in den Mensen werden die Kids in ökonomische Klassen sortiert. Egalität, ein Grundpfeiler der Gesellschaft, kann nur erlernt werden, wenn alle mitmachen können. Auch und gerade die Reichen brauchen dafür ein niedrigschwelliges Angebot. Sonst sind sie weg, irgendwo anders, wo sie mit ihrem teuren Geld noch mehr rausschlagen können für die lieben Kleinen. In Privatschulen mit probiotischer Polenta.

Wenn Vermögende im Bildungsbereich mehr zahlen müssen, führt das aber nicht nur zur sozialen Spaltung. Es ist auch irrsinnig. Weil Reiche eh schon mehr Steuern zahlen. Deshalb käme in anderen Bereichen nie jemand auf die Idee, die Nutzung öffentlicher Angebote an das Einkommen zu koppeln. Oder hat schon mal jemand die Forderung vernommen, dass Gut­ver­die­ne­r:in­nen mehr latzen sollten für Parkplätze oder U-Bahn-Tickets?

Aber ist es gerecht, wenn in Berlin alle Kinder kostenlos kauen, im Rest der Republik aber nicht? Nein, aber das ist ja kein Grund, eine vorbildliche Initiative an der Spree in den Orkus zu kippen.

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Das sieht im Übrigen der Bürgerrat „Ernährung im Wandel“ genauso. Das vom Bundestag mit ausgelosten Bür­ge­r:in­nen besetzte Gremium nannte in seinem im Frühjahr vorgestellten Gutachten als allerwichtigste Maßnahme: die bundesweite Einführung von kostenfreiem Mittagessen für alle Kinder als Schlüssel für Bildungschancen und Gesundheit. Dies sei eine Investition in die Zukunft.

Die Maßnahme solle sich nicht nur an einkommensschwache Haushalte richten, um die Kinder vor Stigmatisierung zu schützen und um die gemeinschaftliche Komponente zu fördern, argumentierte der Bürgerrat. Durch das gemeinsame Essen könne auch die soziale Entwicklung von Kindern gefördert werden. Und das ist schlichtweg unbezahlbar.

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Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Bluesky:@gereonas.bsky.social Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de ex-Twitter: @gereonas Foto: Anke Phoebe Peters
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14 Kommentare

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  • Schön auf den Punkt gebracht.

    Lieber mal wieder die Bonzen auch mitzahlen lassen. Die Vermögenssteuer z.B. ginge an die Bundesländer, liebe CDU.

  • Es gibt aber kein gemeinsames Essen.

    Die Schüler sollen das in der Pause irgendwann allein machen.

    Bei den Kleinen in der Grundschule wird noch in einigen Schulen etwas darauf geachtet, ob sie wirklich Essen gehen.

    Die Idee, dass Lehrer mit ihren Schülern Mittag essen gehen, entspricht nicht der Realität.

    Das ist übrigens an Privatschulen nicht anders.

    Es wird übrigens dabei massenhaft Essen weggeworfen.

    Es lohnt sich wirklich, das mal zu überdenken.

    So ist es reine Symbolpolitik, die Ressourcen vergeudet und einen Haufen Geld kostet.

  • Ich bin mir sicher, wenn Bildung nicht kostenlos wäre, könnte man ein Haufen Geld einnehmen, das sonst durch die Lappen geht.

    Wenn man das tut, und nach 50 Jahren fragt einer, warum Bildung nicht kostenlos ist, wird eine zukünftige CDU sagen, es funktioniere nicht.

  • Es ist eine Schande, dass die CDU als Familienpartei das will.



    Wir sollten es sehen wie Frankreich: Essen als Kulturgut zu erlernen ist Teil der Schule. Daher muss gutes Essen aufgetischt werden. So viel kann das nicht kosten.

    • @Kartöfellchen:

      Und das ist überall in Frankreich kostenlos?



      Denn Darum geht in dem Artikel und nicht um die Art des Essens.



      Wenn nicht ist Kommentar leider out off topic.

      • @weather2018:

        Schulessen ist in Frankreich nicht kostenlos.

        Angaben zum zu vom Schüler zahlenden Preis habe ich 3 bis 6 € gefunden (je nach Schule).

        "Die Finanzierung der Schulverpflegung übernimmt zur Hälfte das französische Bildungsministerium, die andere Hälfte tragen die Eltern, abhängig von ihrem Einkommen."

        Quelle:



        www.nqz.de/schule/...uf-ess-atmosphaere

    • @Kartöfellchen:

      Doch, selbst zu kochen, ist für Schulen und Kindergärten richtig teuer.

      Und man merkt extrem deutlich den Unterschied in der Qualität.

    • @Kartöfellchen:

      Wieso soll die CDU eine Familienpartei sein?

      In Berlin wählen die Grün.

  • Gegen die Stigmatisierung könnte auch folgendes helfen: Verpflichtendes Schulessen für alle. Bezahlt wird mit Chipkarte. Alle die gleiche. Wer bedürftig ist, bekommt das Chipkartenkonto von Staat oder Kommune aufgeladen, bei den anderen machen das die Eltern. Wer das Konto überzieht bekommt trotzdem erstmal Essen, aber die Eltern einen Brief mit den Formularen für BuT.



    Sollte damit auch für die Caterer kein Problem darstellen, weil ja immer noch alle mitessen.



    Ob das aber gerade in Berlin so viel billiger wäre, als einfach alle Kinder essen zu lassen, wage ich noch zu bezweifeln. Der Anteil der Unterstützungsberechtigten Kinder liegt vermutlich höher als die CDU sich das vorstellt. Und die Verwaltung rund um die Chipkarte muss ja auch finanziert werden.

    • @Herma Huhn:

      Noch einfacher, alle Essen gemeinsam und das wird aus einer gerechten Besteuerung finanziert.



      Warum Caterer? Wenn man es ernst meint und dauerhaft betreiben will kann man das auch mit angestellten Personal stemmen. Bei Studierendenwerken geht das doch auch.



      Scheinbar ist eine Mörderbürokratie in Deuschland immer das Wichtigste ....

      • @Axel Schäfer:

        Das angestellte Personal braucht aber auch eine Küche, in der es arbeiten kann. Nicht jede Schule hat den Platz, solch eine Küche anzubieten. Zudem leider tatsächlich Großküchen nochmal ein Stück billiger produzieren können. Oder zumindest mehr Auswahl anbieten. Unis sind in der Regel deutlich größer als Mittelschulen. Mehrere Schulen gemeinsam zu bekochen ist schlicht effizienter.



        Aber ja, in meinem letzten Satz schrieb ich ja selbst: Billiger ist das nicht, wenn ich kontrollieren muss, wer sein Essen bezahlt bekommt und wer nicht.

  • Meine Kinder werden immer daheim ernährt.



    Kostenloses Schulessen? Was soll noch steuerfinanziert werden? Es sollte immer noch Aufgabe der Eltern sein, ihre Kinder zu ernähren.



    Dann bitte auch kostenloses Essen für Rentner/innen. Sie haben jahrelang gearbeitet und können kaum von der Rente leben.



    .eine Nachbarin ernährt sich ab Mitte des Monats nur noch von Griesbrei.



    Wir haben das durch Zufall mitbekommen. Damit sie sich nicht schämt, gibt es jetzt öfter gemeinsames Grillen.

    • @D. MEIN:

      Dann gehen Ihre Kinder wohl nicht auf eine Ganztagsschule und haben scheinbar ein Elternteil, das zu Hause ist und nicht arbeitet. Es ist normal, dass es in Ganztagsschulen Mensen gibt. Die Frage, um die es geht, ist, ob man allen Kindern ermöglicht, dort zu essen oder ob diejenigen, deren Eltern sich das nicht leisten können, verzichten müssen bzw durch kostenloses Essen allein für "Bedürftige" markiert werden.



      Da Rentner:innen sich zumeist nicht über Mittag in Einrichtungen befinden, dürfte es schwierig sein, ihnen flächendeckend kostenloses Kantinenessen anzubieten. Insofern ist Ihr Kommentar unsinnig oder ein Versuch, Neid zu schüren.

  • Einverstanden, wenn die „Reichen“ sich dann einverstanden erklären, ohne Maulen zusätzlich etwas in die allgemeinen Kassen zu legen, damit die gesamte Allgemeinheit mehr zum Verteilen hat. Ach so, so war das gar nicht gemeint?