Nazisymbole in einem Kinderhort: Hakenkreuze und Heuchelei

In Pirna haben Grundschüler ein Hakenkreuz auf den Schulhof gelegt. Das wird zurecht angeprangert. Gleichzeitig wird an Demokratieförderung gespart.

Bunte Bausteine aus Holz liegen als Quadrate gelegt auf dem Boden

Kinder in einem Hort in Pirna sollen Aus Bausteinen Hakenkreuze gelegt haben Foto: Michael Kempf/imago

Auf dem Schulhof in einem Grundschulhort im sächsischen Pirna haben vier Kinder mit Bausteinen Hakenkreuze gelegt und den Hitlergruß gezeigt. Andere Kinder hatten in den Horträumen „Ausländer raus“ gesungen. Die Arbeiterwohlfahrt als Träger war entsetzt, sie dulde keinen Rechtsextremismus, erklärte sie – und meldete den Vorfall sowohl den Eltern als auch der Polizei. Diese nahm Ermittlungen auf.

Es ist besorgniserregend, wenn Kinder Hakenkreuze auf dem Schulhof legen und sich mit ausgestrecktem rechten Arm begrüßen. Es ist gut, dass der Vorfall ernst genommen und gemeldet wurde. Richtig ist auch, dass die Polizei ein Ermittlungsverfahren wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen eingeleitet hat. Allerdings sind die „Täter“ Kinder und damit strafunmündig. Deshalb entscheidet jetzt die Staatsanwaltschaft, wie es weitergeht.

Unter dem Hashtag #pirna findet man aktuell auf Social Media ein weiteres Ereignis aus der sächsischen Kreisstadt. Tim Lochner, Pirnas parteiloser Oberbürgermeister, der der AfD nahesteht, gilt als „gesichert rechtsextrem“. Zum Christopher Street Day (CSD) hatte Lochner es abgelehnt, eine Regenbogenfahne am Pirnaer Rathaus zu hissen. Diese sehe er als „politisches Statement“. Aus Solidarität mit dem CSD wurde die Fahne darum an der Marienkirche in Pirna gehisst. Lochner postete dazu auf seiner Facebook-Seite: „Wenn wir ganz tief recherchieren, werden wir Belege finden, dass auch Fahnen mit Kreuz und Haken an der Marienkirche hingen.“ Unterdessen erhielt der Pfarrer neben Zuspruch auch Morddrohungen.

Vorfälle wie diese gibt es nicht nur in Pirna, sondern überall im Land. Das bekommen natürlich auch Kinder mit. Wenn sie „Ausländer raus“ singen, sind sie nichts weiter als ein Spiegel der Gesellschaft, in der sie aufwachsen. Politiker sollten das als Alarmsignal begreifen. Projekte der Demokratieförderung, der Kinder- und Jugendarbeit, der politischen Bildung wurden im neuen Bundeshaushalt drastisch gekürzt. Protest dagegen ist mehr als angebracht. Ansonsten ist „Erschütterung“ über Hitlergrüße von Kindern vor allem eines: Heuchelei.

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Redakteurin in der Auslandsredaktion. Bei der taz in unterschiedlichen Positionen seit 2009. Studium der Slawistik, Politologie und Ost- und Südosteuropäischen Geschichte in Berlin, Prag und Odessa. Übersetzt aus dem Russischen und jetzt auch manchmal aus dem Ukrainischen. Schreibt immer mal wieder "Berliner Szenen".

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