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Meduza-Auswahl 18. – 24. JuliWer demonstriert, fliegt raus

Ein neuer Gesetzesentwurf sieht vor, dass Russland künftig Ausländer etwa wegen Teilnahmen an Protesten ganz einfach abschieben kann. Texte aus dem Exil.

Wer in Russland demonstriert, landet leicht im Gefängnis oder wird abgeschoben Foto: Zoonar/imago

Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz Panter Stiftung gefördert.

In der Woche vom 18. bis zum 24. Juli 2024 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:

Rückkehrende Soldaten als Risikofaktor

Im Kreml wird befürchtet, dass die Rückkehr russischer Soldaten aus der Ukraine zum „größten politischen und sozialen Risikofaktor“ innerhalb des Landes werden könnte. Das erklärte der russische Innenpolitiker Sergej Kirijenko bei einem Polit-Treffen Anfang Juli. Laut Kirijenko würden sich die zurückkehrenden Soldaten „schlecht“ an das zivile Leben anpassen. Er wies darauf hin, dass viele „Freiwillige“ der Armee beigetreten seien, um dem Gefängnis zu entgehen, und dass einige von ihnen nach ihrer Rückkehr von der Front neue Verbrechen begangen hätten, darunter Mord und Vergewaltigung.

Den Quellen von Meduza zufolge (englischer Text) sprach Kirijenko aber nicht explizit über die ehemaligen Häftlinge, sondern über zurückkehrende Soldaten im Allgemeinen.

Russland will künftig leichter abschieben

Anfang Juli veröffentlichte das russische Innenministerium einen Gesetzentwurf zur „Verschärfung der Verwaltungsmaßnahmen für Ausländer, die eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellen“. Der Gesetzentwurf verdoppelt die Zahl der Straftaten, für die ein Ausländer aus Russland ausgewiesen – und abgeschoben – werden kann.

Meduza fasst die wichtigsten Neuerungen zusammen (englischer Text), und zählt die nun zur Abschiebung führenden Verstöße auf. Dazu gehören: Beteiligung an den Aktivitäten einer „unerwünschten“ ausländischen oder internationalen Organisation, vorsätzliche öffentliche Schändung religiöser Literatur, oder die Teilnahme an einer unerlaubten Kundgebung. Auch das Herstellen von Filmen mit „versteckten Elementen, die das Unterbewusstsein beeinflussen“, sowie Beleidigung staatlicher Stellen in sozialen Netzwerken oder die „Diskreditierung“ der russischen Armee können zur Abschiebung führen.

Bonuszahlungen für Kampfwillige

Der Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin hat einen Erlass unterzeichnet, der eine pauschale Zusatzzahlung für alle, die in den Dienst des Militärs treten, vorsieht.

Wie hoch diese ausfallen soll, und wer sie bekommt, erklärt Meduza (russischer Text): Jeder, der von der städtischen Auswahlstelle für den Militärdienst in Moskau ab dem 23. Juli 2024 einen Vertrag erhält, bekäme auch die Zahlung. Der Gesamtbetrag, den ein Vertragsdienstleistender somit erhält, belaufe sich insgesamt auf über 5,2 Millionen Rubel für das erste Dienstjahr, so das Büro des Bürgermeisters. Das entspricht etwa 54.500 Euro.

Jüngst hatten einige russische Regionen die Höhe der Pauschalzahlung bei Vertragsabschluss erhöht. So beträgt sie in der Region Krasnodar nun eine Million Rubel, in Dagestan 500.000 und in Tatarstan knapp über einer Millionen.

Bahnausbau mit Russlands Segen – und Geld

Russland und der Iran planen eine Eisenbahnverbindung zwischen den iranischen Städten Rasht und Astara als Teil des „Nord-Süd-Transportkorridors“, der von der russischen Metropole St. Petersburg bis ins indische Mumbai führt. Der soll Güter von Russland über Georgien, Armenien und den Iran nach Indien transportierten. Die Rasht-Astara-Eisenbahn soll mit mehr als 160 Kilometer Länge Teil dieses Korridors werden, der sich über insgesamt mehr als 7.000 Kilometer erstreckt.

Die Bahnlinie ist für Russland und Iran von großer Bedeutung, insbesondere angesichts der wirtschaftlichen Belastung durch die westlichen Sanktionen gegen beide Staaten.

Um den Bau zu beschleunigen, ist der Kreml nun sogar bereit, fast das gesamte Projekt zu finanzieren. Experten sind jedoch skeptisch, was die Fertigstellung betrifft: Die Verhandlungen ziehen sich seit mehr als 20 Jahren hin, mit dem Bau wurde noch immer nicht begonnen. Meduza geht der Frage nach, welche Hindernisse Moskau und Teheran im Wege stehen, woher die russischen Behörden die Mittel nehmen wollen und inwieweit die Eisenbahn die Exporte aus Russland in den Iran tatsächlich steigern würde (englischer Text).

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