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Nationales LuftreinhalteprogrammKein Plan für saubere Luft

Die Bundesregierung muss ihr Programm für gesündere Luft nachschärfen. Ein Erfolg für die Umwelthilfe, die geklagt hatte. Der Bund will sich wehren.

Die Luft in Deutschen Landen und Städten muss besser werden Foto: Rupert Oberhäuser/imago

Berlin rtr | Die Bundesregierung muss ihr Luftreinhalteprogramm nachbessern. Dieses entspreche nicht den EU-Vorgaben, entschied das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am Dienstag. Geklagt hatten die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und die Umweltorganisation Client Earth.

Die Regierung habe das Programm mit veralteten Daten unterlegt, bemängelten die Richter. So müsse etwa der Stopp der Kaufprämien für E-Autos, die Änderungen an der EU-Abgasrichtlinie Euro 7 sowie die weitere Genehmigung für Holzpellet-Heizungen berücksichtigt werden – diese Änderungen erhöhen den Ausstoß von Schadstoffen. „Ausgehend von diesen Prognosefehlern ist die Bundesregierung zu einer entsprechenden Änderung des Luftreinhalteprogramms verpflichtet“, so das Gericht.

Das ist ein großer Tag für saubere Luft in Deutschland

Jürgen Resch, DUH-Geschäftsführer

Das Umweltministerium wollte daraus allerdings keine Pflicht zu verschärften Vorgaben zur Luftqualität herauslesen. „Eine Nichteinhaltung der europäischen Reduktionspflichten wurde nicht festgestellt und zusätzliche Maßnahmen wurden ebenfalls nicht verlangt“, erklärte eine Sprecherin. Das Gericht ließ eine Berufung vor dem Bundesverwaltungsgericht zu.

DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch widersprach: Die Auflistung der Mängel und Unsicherheiten in den Prognosen, zu denen auch der für 2030 angepeilte Kohleausstieg gehört, zwinge die Regierung zu Nachschärfungen. „Das ist ein großer Tag für saubere Luft in Deutschland“, sagte Resch. Erstmals sei die Regierung für ihre zu schwachen Maßnahmen verurteilt worden. „Die Versprechungen sind Schall und Rauch“. Resch forderte erneut ein Tempolimit, um die Emissionen zu begrenzen.

Feinstaub aus Industrie, Pkw-Kraftstoff und Reifenabrieb

Die EU-Richtlinie verlangt von den Staaten konkrete Vorgaben für einen geringeren Ausstoß an Schadstoffen. Dabei geht es um Ammoniak, Schwefel- und Stickoxide sowie Feinstaub. Die Richtlinie sieht für jeden Schadstoff prozentuale Reduzierungen bis 2030 im Vergleich zu 2005 vor. Allein durch Feinstaub starben laut Europäischer Umweltagentur (EEA) 2021 in Deutschland rund 68.000 Menschen vorzeitig.

Feinstaub entsteht durch Industrieprozesse, aber auch durch Diesel- und Benzin-Pkw sowie Reifenabrieb. Die Richtlinie hatte Deutschland verpflichtet, alle vier Jahre Luftreinhalte-Pläne zu erarbeiten, um die Schadstoffe gemäß der EU-Vorgaben zu reduzieren. Bereits gegen den Plan von 2019 hatte die DUH geklagt, da er unzureichend sei. Ein zweiter Plan wurde erst im Mai von der Regierung vorgelegt.

Zurückgewiesen hat das Gericht Forderungen der DUH, nach denen die Regierung einen Reduktionspfad von 2025 bis 2029 mit stetig verschärften Grenzwerten vorlegen müsse.

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7 Kommentare

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  • Fassen wir mal kurz zusammen:

    ..hätte die FDP nicht maßgeblich an der Sabotage des Gebäudeenergiegesetzes mitgewirkt, nicht per "Lex Wissing" das Klimagesetz aufgeweicht...und hätten wir einen Verkehrsminister, der sich der zwingend erforderlichen verkehrswende widmen- ein Tempolimit 30-80-100 vorantreiben- und Umwelt-und Klimafreundliche Alternativen ernsthaft fördern würde...anstatt mit immer mehr Autobahnen, größeren Autos, usw.... immer mehr Stau und Feinstaub zu produzieren..dann hätte die Regierung ihre Verpflichtung zur Luftreinhaltung vermutlich problemlos eingehalten.

    Es ist schon toll, wie die sonstigen Ampelisten das Sorgenkind in ihrer Mitte schützen und dabei ihre eigenen Prinzipien über Bord werfen..

    ..Chapeau..

    • @Wunderwelt:

      Ja klar, die FDP ist wieder mal an allem schuld.



      Frage: Warum lassen sie die Grünen und die SPD das eigentlich dauernd gefallen?

    • @Wunderwelt:

      Wollen Sie den Juniorpartner Union mit wieder einem CSU-Verkehrsminister?



      Ich fluche mit Ihnen gerne und ausgiebig über Lindner und Wissing, doch was ist die gewählte Alternative zu den Ex-Liberalen?

  • Der Geschäftsführer der DUH ist Vielflieger und Premium Senator Status oder wie das auch immer heisst bei der Lufthansa.

    • @Der Knuenz:

      Ändert das etwas an der Richtigkeit seiner Vorschläge für uns?



      Wenn nein: was sollte das? Er scheint da ja transparent damit umzugehen.



      Zurück nun zu den Punkten, die die DUH leider per Gericht durchsetzen musste.

  • Der Bund soll sich nicht "wehren", sondern sich freuen, nun mit Energie anzupacken.



    Insbesondere Noch-Minister Wissing könnte sich jetzt als Rechtsstaatminister neu erfinden.

  • "...geringeren Ausstoß an Schadstoffen. Dabei geht es um Ammoniak..."



    Ammoniak?? Das wird lustig :-)



    Siehe hierzu:



    taz.de/!s=Ammoniak/



    taz.de/!s=Ammoniak+Namibia/