Rassismusvorwürfe gegen Richter: Zweifel an Unabhängigkeit wachsen
War der Vizepräsident des Verwaltungsgerichts Gera Verfasser rassistischer Posts? Zweifel gibt’s kaum, die Anmeldung erfolgte mit der Dienstadresse.
Als Richter entschied Fuchs unter anderem über Asylklagen. Der Verdacht, dass seine privaten Einstellungen seine Unabhängigkeit als Richter untergraben könnten, führte bereits zu Konsequenzen. Nachdem unter anderem die taz berichtet hatte, ordnete das Präsidium des Gerichts in der thüringischen Stadt eine interne Aufgabenumverteilung an und entschied, dass Fuchs keine Asylverfahren mehr betreuen darf.
Der Richter wurde der dritten Kammer des Gerichts zugewiesen, sagte Gerichtspräsident Michael Obhues. Diese Kammer betreut Fälle aus dem Wirtschafts-, Telekommunikations- und Straßenrecht, aber auch Flüchtlings- und Vertriebenenrecht. Weitere dienstliche Konsequenzen könnten folgen, hieß es.
Und diese dürften nun auch folgen. Die Administratoren der ehemaligen Internetplattform, die an die 15.000 Mitglieder unter anderem von Burschen- und Turnerschaften nutzten, verifizierten die Anmeldungen. Die Chance, mit einer gefakten Adresse inklusive Angaben zur zugehörigen Burschen- oder Turnerschaft sich bei der Plattform anzumelden, war gering.
Gericht schon länger wegen Entscheidungen kritisiert
Auf Nachfrage der taz im Juni hatte Fuchs zwar bestätigt, Alter Herr der Turnerschaft Salia Jenensis zu Göttingen zu sein, doch die ihm zugeschriebenen Beiträge wollte er nicht verfasst haben. Mit der Angabe zu der Turnerschaft ließ sich allerdings ein Bengt Fuchs mit eben jener Dienstadresse aus Gera registrieren, wie eine weitere Auswertung von „TraMiZu“ durch die Autonome Antifa Freiburg ergab.
Der „Spiegel“ hegt nun auch keine Zweifel mehr an der Identität. Bereits vorher legten sowohl biografische Angaben im Forum zur Karriere bei Justiz und Bundeswehr als auch Privatinformationen mehr als nahe, dass es sich bei dem Nutzer um den Richter Fuchs handelt und kaum von einer „Manipulation“ ausgegangen werden kann.
Das Gericht und auch der Vizepräsident stehen schon länger wegen Entscheidungen in Asylverfahren in der Kritik. Eine Antwort der Bundesregierung auf eine Linken-Anfrage hatte offenbart, dass an dem Gericht die statistische Chance auf eine erfolgreiche Asylklage gering ist. Eine Strafanzeige des Flüchtlingsrats Thüringen blieb ohne Folgen.
Linke fordert Versetzung in Ruhestand
Fuchs wehrte die Kritik gegenüber der taz als „Kampagne“ ab. Doch die Äußerungen, die ihm zugeschrieben werden, lassen, wenn sich der Verdacht bestätigt, berechtigte Zweifel an seiner richterlichen Unabhängigkeit aufkommen. Bei „TraMiZu“ und dem Nachfolgeforum bei Facebook pflegten „BeFuchs287“ und ein „Bengt-Christian Fuchs“ eindeutige Ressentiments. So unterbreitet er 2010 einen Vorschlag zu gescheiterten Abschiebungen: „Meine Idee, die Typen im Überflug mit ner Transall über ihrer Heimat mit nem Fallschirm abwerfen zu lassen, wird von Mitarbeitern in Ausländerbehörden (…) begrüßt.“
Der User „BeFuchs287“ äußerte sich ebenfalls abfällig über Migrant:innen: „Ich muss gestehen, dass es auch für mich Wessi schon ein deutlicher Kulturschock ist, wenn ich aus dem beschaulichen Thüringen in die ‚alte Heimat‘ komme und kein Taxifahrer mehr der deutschen Sprache mächtig ist.“
Derselbe Verfasser warnte Lehrkräfte auch davor, Kindern nahezubringen, dass „homo- oder transsexuelle Veranlagungen einem heterosexuellen Dasein gegenüber als gleichberechtigt und normal zu beurteilen“ seien.
Die Landtagsabgeordnete der Linken in Thüringen Katharina König-Preuss forderte im Juni bereits: „Das Justizministerium muss endlich alle rechtlichen Mittel prüfen und nutzen, um das Agieren dieses Richters zu beenden“. Die „Einleitung eines Disziplinarverfahrens mit der Option auf Aberkennung des Beamtenstatus als auch eine Versetzung in den Ruhestand“ seien Optionen. Für die Linke sei es „absolut inakzeptabel, dass ein Richter mit rassistischen Ansichten über das Schicksal von Menschen entscheidet, die bei uns Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen“.
Allerdings stammen etliche der nun ans Licht gelangten Postings aus einer Zeit, als Fuchs noch nicht mit Asylverfahren befasst war. Das könnte nach Einschätzung der Legal Tribune online gegen ein Dienstvergehen sprechen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Abschiebung von Pflegekräften
Grenzenlose Dummheit
Merz stellt Reform in Aussicht
Zarte Bewegung bei der Schuldenbremse
Human Rights Watch zum Krieg in Gaza
Die zweite Zwangsvertreibung