Rassismusvorwürfe gegen Richter: Zweifel an Unabhängigkeit wachsen

War der Vizepräsident des Verwaltungsgerichts Gera Verfasser rassistischer Posts? Zweifel gibt's kaum, die Anmeldung erfolgte mit der Dienstadresse.

Der Richter Bengt Fuchs am Verwaltungsgerichts Gera

Anmeldung unter seiner Dienstadresse: Es gibt kaum noch Zweifel, dass Richter Bengt Fuchs der Verfasser rassistischer Posts ist Foto: dpa

HAMBURG taz | Der Verdacht, dass der Vizepräsident des Verwaltungsgerichts Gera, Bengt Fuchs, identisch ist mit einem Verfasser rassistischer und homophober Posts im Netz erhärtet sich. So hat sich ein Bengt-Christian Fuchs auf der Internetplattform „Tradition mit Zukunft“ (TriMaZu) mit seiner Dienstadresse registrieren lassen: bfuchs@vgge.thueringen.de. Ein Nutzer „BeFuchs287“ hatte sich dort unter anderem abfällig über Mi­gran­t:in­nen geäußert. Der Vizepräsident des Verwaltungsgerichts hatte aber gegenüber der taz Ende Juni bestritten, jener Nutzer zu sein und sprach von einer „Manipulation“.

Als Richter entschied Fuchs unter anderem über Asylklagen. Der Verdacht, dass seine privaten Einstellungen seine Unabhängigkeit als Richter untergraben könnten, führte bereits zu Konsequenzen. Nachdem unter anderem die taz berichtet hatte, ordnete das Präsidium des Gerichts in der thüringischen Stadt eine interne Aufgabenumverteilung an und entschied, dass Fuchs keine Asylverfahren mehr betreuen darf.

Der Richter wurde der dritten Kammer des Gerichts zugewiesen, sagte Gerichtspräsident Michael Obhues. Diese Kammer betreut Fälle aus dem Wirtschafts-, Telekommunikations- und Straßenrecht, aber auch Flüchtlings- und Vertriebenenrecht. Weitere dienstliche Konsequenzen könnten folgen, hieß es.

Und diese dürften nun auch folgen. Die Administratoren der ehemaligen Internetplattform, die an die 15.000 Mitglieder unter anderem von Burschen- und Turnerschaften nutzten, verifizierten die Anmeldungen. Die Chance, mit einer gefakten Adresse inklusive Angaben zur zugehörigen Burschen- oder Turnerschaft sich bei der Plattform anzumelden, war gering.

Gericht schon länger wegen Entscheidungen kritisiert

Auf Nachfrage der taz im Juni hatte Fuchs zwar bestätigt, Alter Herr der Turnerschaft Salia Jenensis zu Göttingen zu sein, doch die ihm zugeschriebenen Beiträge wollte er nicht verfasst haben. Mit der Angabe zu der Turnerschaft ließ sich allerdings ein Bengt Fuchs mit eben jener Dienstadresse aus Gera registrieren, wie eine weitere Auswertung von „TraMiZu“ durch die Autonome Antifa Freiburg ergab.

Der „Spiegel“ hegt nun auch keine Zweifel mehr an der Identität. Bereits vorher legten biografische Angaben im Forum zur Karriere bei Justiz und Bundeswehr als auch Privatinformationen mehr als nahe, dass es sich bei dem Nutzer um den Richter Fuchs handelt und kaum von einer „Manipulation“ ausgegangen werden kann.

Das Gericht als auch der Vizepräsident stehen schon länger wegen Entscheidungen in Asylverfahren in der Kritik. Eine Antwort der Bundesregierung auf eine Linken-Anfrage hatte offenbart, dass an dem Gericht die statistische Chance auf eine erfolgreiche Asylklage gering ist. Eine Strafanzeige des Flüchtlingsrats Thüringen blieb ohne Folgen.

Linke fordert Versetzung in Ruhestand

Fuchs wehrte die Kritik gegenüber der taz als „Kampagne“ ab. Doch die Äußerungen, die ihm zugeschrieben werden, lassen, wenn sich der Verdacht bestätigt, berechtigte Zweifel an seiner richterlichen Unabhängigkeit aufkommen. Bei „TraMiZu“ und dem Nachfolgeforum bei Facebook pflegten „BeFuchs287“ und ein „Bengt-Christian Fuchs“ eindeutige Ressentiments. So unterbreitet er 2010 einen Vorschlag zu gescheiterten Abschiebungen: „Meine Idee, die Typen im Überflug mit ner Transall über ihrer Heimat mit nem Fallschirm abwerfen zu lassen, wird von Mitarbeitern in Ausländerbehörden (…) begrüßt.“

Der User „BeFuchs287“ äußerte sich ebenfalls abfällig über Migrant:innen: „Ich muss gestehen, dass es auch für mich Wessi schon ein deutlicher Kulturschock ist, wenn ich aus dem beschaulichen Thüringen in die ‚alte Heimat‘ komme und kein Taxifahrer mehr der deutschen Sprache mächtig ist.“

Der selbe Verfasser warnte Lehrkräfte auch davor, Kindern nahezubringen, dass „homo- oder transsexuelle Veranlagungen einem heterosexuellen Dasein gegenüber als gleichberechtigt und normal zu beurteilen“ seien.

Die Landtagsabgeordnete der Linken in Thüringen, Katharina König-Preuss, forderte im Juni bereits: „Das Justizministerium muss endlich alle rechtlichen Mittel prüfen und nutzen, um das Agieren dieses Richters zu beenden“. Die „Einleitung eines Disziplinarverfahrens mit der Option auf Aberkennung des Beamtenstatus als auch eine Versetzung in den Ruhestand“ seien Optionen. Für die Linke sei es „absolut inakzeptabel, dass ein Richter mit rassistischen Ansichten über das Schicksal von Menschen entscheidet, die bei uns Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen“.

Allerdings stammen etliche, der nun ans Licht gelangten Postings, aus einer Zeit, als Fuchs noch nicht mit Asylverfahren befasst war. Das könnte nach Einschätzung der Legal Tribune online gegen ein Dienstvergehen sprechen.

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