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Verbraucherschützer gegen AnbieterAbmahnung wegen TV-Kosten

Früher mussten Mieter TV-Kosten über die Miet-Nebenkosten begleichen. Damit ist seit Juli Schluss. Doch manche Mieter sollen trotzdem weiterzahlen.

Seit Juli müssen Mieter TV-Kosten nicht mehr über die Miet-Nebenkosten begleichen Foto: picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod

Düsseldorf dpa | Nach dem Ende des sogenannten Nebenkostenprivilegs, bei dem Mieter die TV-Kosten über die Mietnebenkosten zahlen mussten, sorgt ein neues Vorgehen von Vermietern und Fernsehanbietern für Unmut. Die Verbraucherzentrale NRW warf dem Wohnungskonzern LEG und dem Netzbetreiber NetCologne vor, Mietern Verträge unterzuschieben und damit rechtswidrig zu handeln. Entsprechende Abmahnungen seien verschickt worden.

Die beiden Firmen hätten unabhängig voneinander Schreiben an Mieter geschickt, denen zufolge die Mieter automatisch einen Endnutzervertrag bekommen. Nach Einschätzung der Verbraucherschützer ist aber die aktive Zustimmung des Mieters nötig.

„Die Verbraucher haben nach dem Wegfall des Nebenkostenprivilegs eigentlich die freie Wahl für den TV-Empfang“, sagt Felix Flosbach von der Verbraucherzentrale NRW. „Aber die beiden Anbieter versuchen hier, den Verbraucherinnen und Verbrauchern Verträge ohne Vertragsschluss unterzujubeln.“

In dem Schreiben von NetCologne an seine Kunden heißt es, man wolle es den Kabelnutzern so einfach wie möglich machen und den bisherigen Kabel-TV-Vertrag in einen TV-Einzelnutzervertrag überführen. „Sie müssen sich also um nichts kümmern und schauen einfach ihr Lieblingsprogramm weiter – und das dauerhaft günstig.“

Monatlich werden dem Brief zufolge fünf Euro fällig, was tatsächlich relativ günstig ist. Der Monat Juli ist gratis. Im Internet kann der Kunde sich abmelden – eine Zahlungspflicht besteht also im Gegensatz zum vorigen Nebenkostenmodell nicht.

LEG wiederum schreibt an seine Mieter, sie könnten sich „bequem zurücklehnen und müssen selbst keinen eigenen Vertrag abschließen“. Man werde einen neuen vom Mietvertrag unabhängigen Vertrag neben dem Mietvertrag einrichten. Auch hier ist eine Kündigung möglich.

Die LEG-Wohnungen bekommen die Fernsehsignale vom Kabelanbieter Vodafone. Ein Sprecher des Düsseldorfer Telekommunikationsunternehmens sagt, dass man keine direkte Vertragsbeziehung zu den Mietern habe und die LEG ihren Mietern eigenständig die TV-Versorgung anbiete.

Firmen verteidigen sich

Die Firmen weisen die Vorwürfe der Verbraucherschützer zurück. Ein LEG-Sprecher sagt, man erfülle mit dem Angebot nur mietvertragliche Verpflichtungen. „Ein funktionierender TV-Anschluss ist nach unserer Rechtsauffassung Bestandteil der bestehenden Altmietverträge.“

Dieses Argument wiederum überzeugt Verbraucherschützer Flosbach nicht. „Grundsätzlich muss der Kabel-TV Anschluss zur Verfügung stehen, sofern mietvertraglich zugesichert“, sagt der Rechtsanwalt, aber: „Eine aufgezwungene Nutzung resultiert daraus nicht.“

Von NetCologne heißt es, ein möglichst reibungsloser Übergang für die Kundinnen und Kunden sei bei der Fernsehversorgung wichtig. „Damit sie weiterhin wie gewohnt Kabel-TV schauen können und das Signal im ersten Schritt verfügbar bleibt, haben wir die Möglichkeit eröffnet, per konkludenter Einwilligung die bisherige Leistung über einen Einzelvertrag weiterzunutzen.“ Mit konkludenter Einwilligung ist gemeint, dass die Handlungen eines Menschen auf etwas hindeuten, was er nicht ausdrücklich gesagt hat.

Seit dem 1. Juli dürfen die Vermieter die TV-Kosten nicht mehr über die Nebenkosten der Miete abrechnen, ein entsprechender Teilnahme-Zwang ist weggefallen. Für Marktführer Vodafone und andere Kabelanbieter wie Tele Columbus und NetCologne bedeutet das Gegenwind – sie wollen so viele Kabelnutzer wie möglich als Kunden halten.

Alternativangebote, die angesichts der Zahlungspflicht beim Nebenkostenprivileg bislang einen schweren Stand hatten, sind im Aufschwung – etwa Magenta TV von der Deutschen Telekom oder Online-Dienste wie Zattoo und waipu.tv.

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7 Kommentare

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  • Was ist denn die Alternative? Selbst habe ich keine Glotze und kenne daher die Preise nicht, aber in einer Anlage mit 84 Wohnungen haben wir uns entschlossen, den bestehenden, sehr günstigen Kabel-Altvertrag nicht zu kündigen. Alle Alternativen und Neuverträge sind, soweit uns bekannt, weit teurer. Natürlich habe ich meine Mieterin auf die Möglichkeit, jederzeit formlos bei mir zu kündigen, hingewiesen. Die Antennendose in der Wohnung würde dann versiegelt. Wenn sie es tut, bleibe ich auf meinem Kostenanteil sitzen. Auf der nächsten Jahresversammlung werden wir sehen, wieviele Eigentümer und Mieter das betrifft. Nach derzeitiger Erwartung keine.

  • Aus Vermietersicht ist hier der Beschluss der Eigentünerversammlung bindend. In einer Wohnanlage stimmten sie , für mich Unverständlich, für eine Weiterführung des TV Angebotes was dann natürlich zu einer Mieterhöhung führte da die Kosten ja nicht mehr umlegbar sind. Besser gelöst wurde es dort wo die Mieter vom TV Anbieter einzeln angeschrieben wurden und der dann selber entscheiden kann. Zu meinen Erstaunen hat sich selbst ein 40 jähriger Mieter für das , wie ich finde grottenschlechte TV Angebot , entschieden. Aber der trinkt auch ;)..

    • @Timelot:

      Natürlich sind die Kosten umlegbar !



      Aber eben nur auf die echten NUTZER

      • @Bolzkopf:

        Mit etwas Verzögerung möchte ich jetzt doch auf die versteckte Unterstellung eingehen. Ich erinnere mich noch an die Umstellung in Aachen vor rund drei Jahrzehnten. Wenn man unbedingt einen Vorteil für die Vermieter sehen will, dann den, daß das -- allerdings wirklich kleine -- Kostenrisiko für Reparaturen an der Antennenanlage wegfiel. Damals gab es Filter für die Antennendosen, die nur die drei öffentlichen Programme durchließen und das Zusatzangebot auf dem Kabel sperrten. Die Kosten blieben dann beim Vermieter hängen. In der Praxis kam das nicht vor, alle Mieter wollten das erweiterte Angebot haben und waren bereit, die Gebühr dafür zu bezahlen. Eine Zahlungspflicht konnte es erst in neuen Mietverträgen bei Neuvermietungen nach der Umstellung geben.

      • @Bolzkopf:

        Weiß die GEZ das auch?

  • Naja, die erste Frage die man sicher stellen darf ist, warum die Übergangsfrist, die bereits 2021 begonnen hatte, bis zum Äußersten ausgereizt wurde obwohl die Vermieter ja keine Vorteile von dieser Regelung haben (oder doch ? ... Nachtigall ick hör dir trapsen)

    Und die zweite Frage ist in der Tat, warum nicht über die Vermieter ein Angebot der Vertragsumstellung mit den bisherigen Anbietern gemacht wurde.

    Aber wenn man sich ansieht, mit welch wahrlich unbarmherziger Härte in D gegen Mietwucher und Nebenkostenbetrug vorgegangen wird wundert nichts, oder ?

    • @Bolzkopf:

      Die längere Antwort oben hätte natürlich hierhin gehört.