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Sea-Shephard-Gründer Paul WatsonAnti-Walfang-Aktivist festgenommen

Der Sea-Shephard-Gründer Paul Watson ist bei einem Stopp in Grönland festgenommen worden. Japan möchte den Meeresschützer vor Gericht stellen.

Paul Watson wird von der dänischen Polizei in Grönland verhaftet Foto: Screenshot Video Captain Paul Watson Foundation

Tokio taz | Die Polizei in Grönland hat den Anti-Walfang-Aktivisten Paul Watson festgenommen. Grundlage ist ein internationaler Haftbefehl von Japan gegen den 73-jährigen kanadisch-amerikanischen Staatsbürger. Der Zugriff erfolgte am Sonntag im Hafen Nuuk, der Hauptstadt von Grönland, eine autonome Region von Dänemark. Polizeibeamte enterten das Schiff „John Paul DeJoria“ der Captain Paul Watson Foundation und führten den Tierschützer in Handschellen ab.

Das 72 Meter lange Flaggschiff mit 25 freiwilligen Besatzungsmitgliedern legte dort einen Zwischenstopp zum Nachtanken ein. Das Schiff wollte über die Nordwestpassage in den Nordpazifik fahren und dort Japans neues Walfangschiff „abfangen“. Das 9.300 Tonnen schwere und 112 Meter lange Mutterschiff der japanischen Walfangflotte „Kangei Maru“ wurde im März in Betrieb genommen. Es kann bis zu 21 Meter lange Finnwale zerlegen, die mithilfe kleinerer Schiffe auf hoher See geschossen werden. In seine 40 Kühlcontainer passen 15 Tonnen Walfleisch.

Der völlig überraschte Watson wurde offenbar das Opfer einer japanischen List. Der internationale Haftbefehl stammt aus dem Jahr 2012. Damals hatte Interpol erklärt, Watson werde von Japan wegen Sachbeschädigung bei zwei Vorfällen mit einem japanischen Walfangschiff in der Antarktis im Jahr 2010 gesucht. Angeblich hatte Japan die sogenannte „Red Notice“ für Interpol zurückgezogen. In Wirklichkeit wurde der Haftbefehl laut Watson-Stiftung bei Interpol als vertraulich eingestuft, um den Aktivisten nach Grönland zu locken und dort festzunehmen.

Ein dänisches Bezirksgericht muss nun über seine Inhaftierung und die Auslieferung nach Japan entscheiden. Dort drohen ihm bis zu 15 Jahre Haft. Watson könnte daher in einem japanischen Gefängnis sterben. Die Entscheidung liegt beim dänischen Justizministerium. „Wir appellieren an die dänische Regierung, Kapitän Watson freizulassen und nicht auf dieses politisch motivierte Ersuchen einzugehen“, erklärte Stiftungsmitglied Locky MacLean.

Die Regierung in Tokio kommentierte die Festnahme zunächst nicht. Eine Sprecherin der Küstenwache sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass man über Watsons Festnahme informiert sei und „geeignete Maßnahmen“ ergreife.

Pionier im Anti-Walfang-Kampf

Der Aktivist ist Protagonist der Fernsehdokumentation „Whale Wars – Krieg den Walfängern!“ und gilt als einer der Pioniere des Kampfes gegen den Walfang. Wegen seiner konfrontativen Methoden ist er jedoch selbst unter Tierschützern umstritten. Er war das siebte Mitglied von Greenpeace, die Organisation war ihm aber nicht radikal genug. Später gründete er Sea Shepherd, um sich aggressiv vor allem gegen den Walfang einzusetzen.

Nach einem Gerichtsurteil gegen den angeblichen wissenschaftlichen Walfang trat Japan 2019 aus der Internationalen Walfangkommission aus und beschränkte sich auf die Waljagd in den eigenen Küstengewässern. Doch im Mai kündigte die Regierung ihre Absicht an, nach über drei Jahrzehnten die Jagd auf Finnwale wiederaufzunehmen. Bisher dürfen japanische Fischer nur Brydewale, Zwergwale und Seiwale fangen.

Das einzige Walfang-Fabrikschiff der Welt mit einer Reichweite von 13.000 Kilometern folgt auf die „Nisshin Maru“, gegen die Watson einst in den Gewässern vor der Antarktis gekämpft hatte. Seine Stiftung vermutet, dass Japan den Hochsee-Walfang im Nordpazifik und im Südpolarmeer wieder aufnehmen will, um das 44 Millionen Euro teure neue Fabrikschiff auszulasten. Die heimliche Reaktivierung des Interpol-Haftbfehls falle daher nicht zufällig mit dem Stapellauf der „Kangei Maru“ zusammen.

Im Mai 2012 wurde Watson schon einmal – in Deutschland – verhaftet, nachdem er bei einer Zwischenlandung auf dem Frankfurter Flughafen festgenommen wurde. Grund war ein in Costa Rica ausgestellter Haftbefehl von 2006. Dort hatte Watson mit Wasserkanonen Fischer in Seenot gebracht, die Haien bei lebendigem Leib die Rückenflossen abtrennten. Die Flossen gelten vor allem in Asien als Delikatesse. Damals stellte auch Tokio sofort einen Auslieferungsantrag. Nach der Zahlung einer Kaution von 250.000 Euro tauchte Watson unter, erhielt später Asyl in Frankreich und reiste 2016 in die USA aus.

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8 Kommentare

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  • Klimaschützer werden weltweit kriminalisiert und jetzt hat man sogar meinen "alten" Helden Paul Watson verhaftet. Es geht in dieser Welt nur noch um Ausbeutung und Profit. Und wer dagegen etwas macht, der bekommt Handschellen verpasst und kommt vor Gericht.

    Vor ein paar Monaten stand ich noch in Travemünde-Priwall vor dem neuen Schiff TRITON, die in der Ostsee patrouilliert, und dachte noch, 'ob sie wohl gegen diese Leute mit ihren sogenannten Gesetzen auch bald vorgehen werden?'

    **Im kommenden Jahr wird die TRITON zu ihrer ersten BALTIC SEA CAMPAIGN aufbrechen. Während der Kampagne werden wir Seegebiete patrouillieren, um u.a. illegale Fischereiaktivitäten oder Verstöße gegen bestehende Schutzgesetze zu dokumentieren oder aktiv zu verhindern, darunter z.B. den Beifang von geschützten Arten oder das sogenannte „Discarding“, der Rückwurf von Fängen. Ein weiterer Schwerpunkt wird weiterhin die Bekämpfung der Meeresverschmutzung sein. In den letzten zwei Jahren konnten wir bereits viele Tonnen Geisternetze aus der Ostsee bergen und Hunderte Kilogramm Müll von den Stränden entfernen – mit der TRITON werden wir diese Arbeit noch erfolgreicher fortführen.** [Sea Shepherd, 2022]

  • "In Wirklichkeit wurde der Haftbefehl laut Watson-Stiftung bei Interpol als vertraulich eingestuft, um den Aktivisten nach Grönland zu locken und dort festzunehmen."



    Wie peinlich ist das denn?



    Das schafft hoffentlich so viel Empörung, dass es für die Protagonisten der Walquälerei höchst unappetitlich und nachhaltig rufschädigend wird.



    Ihm gebührt laut Tierrechts-AktivistInnen auf Augenhöhe und UnterstützerInnen sicher eher ein besonderer Preis als Auszeichnung für sein mutiges und verdienstvolles Engagement gegen das megabrutale und absolut überflüssige Walabschlachten.



    /



    taz.de/Sea-Shephea...r-in-USA/!5055840/

  • Wenn man sich mal die Relationen ansieht, was für ein Aufwand für die Fangflotte zu den 15.000kg Walfleisch. Allein der Co2 Aufwand ist gigantisch.



    Könnte nicht mal jemand einen Deal einfädeln? Wenn z.b. Indigene, denen es zusteht, ihr traditionell in haushaltsüblichen Mengen von Hand harpuniertes Walfleisch gegen in Japan erzeugtes Wagyu-Rindfleisch tauschen.

  • "Seine Stiftung vermutet, dass Japan den Hochsee-Walfang im Nordpazifik und im Südpolarmeer wieder aufnehmen will"



    Dem wird so sein, umsonst werden die Japaner bestimmt nicht dieses Schiff gebaut haben...



    Nüchtern betrachtet muss man einfach festhalten, dass sich die Finnwalbestände weltweit seit den späten 80ern sich nach offiziellen Schätzungen wieder verzehnfacht haben. Island macht deshalb bereits seit knapp 20 Jahren auch wieder Jagd auf Finnwale und Norwegen hat, wenn ich mich nicht irre, nie damit aufgehört 🤔



    Grönland wurde aus 'traditionellen Gründen' sowieso noch nie der Walfang verboten - nur Japan wird immer wieder an den Pranger bezüglich des Walfangs gestellt 🐳



    Das ist wieder so ein Fall von Gleichen unter Gleichen...



    Ich bin kein Freund der Walfängerei, aber Plattfisch und Hering in der Nordsee wären beispielsweise froh wenn sie ähnlichen Schutz und Aufmerksamkeit bekämen, von Lachsen und ihren Bodydoubles Pollack oder Dorschen ganz allgemein wollen wir erst gar nicht anfangen... 🫥



    Überfischung ist ein generelles Problem aller Meere und Arten - diese Inselaufmerksamkeit für Wale oder mit Abstrichen auch Haie ist in der Gesamtbetrachtung eher kontraproduktiv.

  • Umwelt und Klimaschutz werden weltweit mehr und mehr kriminalisiert. Je mehr die Umwelt kippt,desto aggressiver gehen Staaten gegen die vor,die diese Katastrophe verhindern wollen.

    • @fmraaynk:

      Unglaublich, dass es immer noch kein Ende haben soll, was den Menschen als soziale Kreatur im Ökosystem zutiefst desavouiert.



      /



      "Thilo Maack ist bei Greenpeace für Wale und Fischereipolitik zuständig.



      „Letztendlich hat die Internationale Walfangkommission 1982 zu einem Walfang-Moratorium geführt. Das war das erste Mal, dass ein Industriezweig, in diesem Fall der kommerzielle Walfang, tatsächlich eingestellt wurde. Und das war aus unserer Sicht, und Greenpeace war unmittelbar beteiligt am Zustandekommen dieses Moratoriums, ein wirklicher Meilenstein in der internationalen Umweltgesetzgebung.“..."



      /



      www.deutschlandfun...m-walfang-100.html

  • Wegen Sachbeschädigung?



    Das Schiff ist nicht versenkt worden.



    Dafür 15 Jahre Haft?



    Eindeutig ein politischer Haftbefehl. Hoffentlich gibt Dänemark dem nicht statt.

    PS 25 freiwillige Besatzungsmitglieder? Heisst übersetzt, es wird keine Mindestlohn gezahlt. Oder? Gezwungene Besatzungsmitglieder gibt heutzutage eher selten.