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Verzögerter Ausbau der WindkraftLeichte Flaute für Windenergie

Im ersten Halbjahr 2024 wurden wenige neue Windräder in Betrieb genommen. Aber die Zahl der Genehmigungen für neue Anlagen erreicht eine Rekordhöhe.

Windräder in Gestdorf: Niedersachsen sieht sich beim Ausbau der erneuerbaren Energien auf Kurs Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Berlin taz | Der Ausbau der Windkraft an Land ist im ersten Halbjahr 2024 kaum vorangekommen – aber die Zahl der Genehmigungen für Anlagen liegt auf Rekordniveau. Die Windenergiebranche ist optimistisch, ihre Ausbauziele für dieses Jahr doch noch zu erreichen. „Wir schauen recht zuversichtlich auf das zweite Halbjahr“, sagte Dennis Rend­schmidt vom Anlagenbauerverband VDMA Power Systems am Donnerstag vor Jour­na­lis­t:in­nen.

Zum Stichtag 30. Juni gab es in Deutschland 28.611 Windräder mit einer Leistung von 61,9 Gigawatt. Nach Zahlen der Agentur Deutsche Wind­Guard wurden in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 250 neue Anlagen mit einer Kapazität von 1,3 Gigawatt in Betrieb genommen, das sind 19 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2023. Das Ziel der Branche für das gesamte Jahr 2024 liegt bei 4 Gigawatt. Da 277 Anlagen stillgelegt wurden, beträgt der Nettozuwachs der installierten Leistung nur 1,5 Prozent.

Verantwortlich für den stockenden Ausbau sei starker Wind im April gewesen, sagte Bärbel Heidebroek, Präsidentin des Bundesverbands Windenergie. Kräne für die Montage konnten nicht aufgebaut werden. Außerdem habe die Sperrung der A27 dazu geführt, dass über Cuxhaven importierte Rotorblätter nicht ausgeliefert werden konnten. „Das wird aufgeholt werden“, sagte Heidebroek. Zuversichtlich macht die Branche, dass die Zahl der Genehmigungen für neue Windräder um 32 Prozent auf 847 mit einer Kapazität von 4,8 Gigawatt gestiegen ist. „So ein Niveau hatten wir noch nie“, sagte Heidebroek. Die genehmigte Menge war im ersten Halbjahr 2024 ­höher als im gesamten Jahr 2022.

Ein großes Problem ist, dass Kommunen nicht genug geeigneten Flächen für Windräder zur Verfügung stellen. Finanzielle Anreize könnten das ändern. Die im Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) organisierten Windanlagenbetreiber haben sich jetzt freiwillig dazu verpflichtet, Kommunen an Gewinnen aus Anlagen zu beteiligen. „Je nach Standort ist mit einer Summe von 20.000 bis 30.000 Euro pro Jahr pro Windenergieanlage zu rechnen, die an die umliegenden Gemeinden ausgezahlt werden“, teilte der BDEW mit.

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7 Kommentare

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  • Es gibt immer Alternativen - auch zu Windkraft. Beispiel: In Belgien und in Frankreich wird demnächst die Stahlproduktion mit günstigem (grünem) Strom aus den alten Kernkraftwerken versorgt (Verträge mit Arcelor/Mittal). In Deutschland wird es vergleichbare Verträge wohl erst im Jahr 2026 geben. Hoffen wir mal, dass es Thyssen bis dahin noch gibt.

    • @Pi-circle:

      Da die AKWs gerade in Belgien absehbar bekannt marode sind, wie unsere es ungepflegt übrigens dann auch schon ansatzweise waren, und die billigste Energiegestehung Windkraft und Solar ist, und ganz ohne Folgeschäden-Fässer,



      habe ich vielleicht nicht alles verstanden.

      Das alte Geschäftsmodell, der Industrie Atom-/Braunkohle-/Energie künstlich zu verbilligen, auf Kosten aller anderen, wird es so oder so nicht mehr sein können. Standardstahl wird nicht hier mehr erzeugt, auch in Zukunft nicht mehr.

      • @Janix:

        Die von Ihnen verwendeten Begriffe wie "marode" "altes Geschäftsmodell" "künstliche Verbilligung" sind Propgandabegriff der Anti-Atomlobby und damit nicht dazu geeignet eine sachliche Dikussion zu führen. Das Thema ist auch angesichts des Klimawandels zu ernst, um die Debatte auf diesem Niveau zu führen.

  • Den Gewinn nicht in Übersee-Finanzfonds versickern zu lassen, sondern genossenschaftlich oder zumindest so auch am Ort einzusetzen, erscheint mir nicht nur für die Akzeptanz richtig.



    Bei der habe ich tatsächlich einmal gehört von einem m.E. intelligenten integren Menschen, dass es doch nicht sein könne, dass nur Bauer X das Geld bekomme und die Nachbarn nur den Blick aufs Windrad.



    Das Vorgeschlagene könnte das wohl heilen.

  • Tja, zuviel Wind > weniger neue Windenergie. Ohne die bösen Autobahnen auch keine neue Windenergie; nur Genehmigungen, die keinen Strom erzeugen. Und die angegebenen Kapazitäten sind theoretische Maximalleistungen; welche Leistungen tatsächlich herauskommen, hängt vom Wetter ab. Ohne konventionelles Backup geht gar nichts. Und da die Bundesregierung mit dem grünen Klimaschutzminister entschieden hat, dass dieses Backup mit fossilen Brennstoffen zu erzeugen ist und nicht mit den funktionierenden Atomkraftwerken, die alle abgeschaltet wurden, ist Deutschland hinter Polen Vize-Europameister bei den CO2-Emissionen in der Energieerzeugung. Das Ganze heißt "Energiewende". Toll.

    • @Budzylein:

      Ich weiß jetzt gerade nicht, wo ich anfangen soll. Wie kann ein recht starres Atomkraftwerk Backup für volatile Erneuerbare sein?



      Es ist teuer, starr, unsicher - das will man nicht ständig hoch- und runterregeln.



      Das macht man, wie allgemein bekannt, besser mit Pumpspeicher etc. oder schneller zu regelnden Gaskraftwerken.

      Aber lassen Sie uns auf etwas einigen: Kohle und Öl müssen nun zügig weg. Nicht nur bei Kraftwerken.

      • @Janix:

        "Wie kann ein recht starres Atomkraftwerk Backup für volatile Erneuerbare sein?"

        Ganz einfach: man hängt einen Elektrolyseur im Gigawattbereich an das Kernkraftwerk dran. Da kann das Kernkraftwerk weiterlaufen wenn der Wind weht. Da nach 20 Jahren Laufzeit die dann steuerlich abgeschriebene Kernkraftwerke sehr günstigen Strom liefern (2 cent/kwh) und außerdem Prozesswärme zur Verfügung stellen ist die Produktion von grünem Wasserstoff unschlagbar günstig. Thyssen und BASF wären begeistert.