Folgen des Lieferkettengesetzes: Krise zwischen KiK und Gewerkschaft

Eine pakistanische Gewerkschaft stoppt Verhandlungen mit dem Textildiscounter KiK. Der mache zu wenig für die ArbeiterInnen seiner Zulieferer.

Ein mann sitzt an seinem Arbeitsplatz in einer Textilfabrik und näht mit einer Nähmaschine

Das Lieferkettengesetz soll seine Arbeitsbedingungen verbessern: Näher in der Fabrik eines KiK-Lieferanten in Pakistan Foto: Hannes Koch

BERLIN taz | Der Textildiscounter KiK stößt bei der Zusammenarbeit mit Gewerkschaften in Pakistan auf Probleme. Der dortige Gewerkschaftsverband NTUF und seine deutschen Partnerorganisationen haben „die Verhandlungen mit KiK vorerst eingestellt“, weil das Unternehmen seinen „Verpflichtungen nach dem Lieferkettengesetz nicht gerecht“ werde. Der Auslöser ist ein Konflikt, unter anderem über die Entlassung von Beschäftigten durch einen KiK-Lieferanten in Pakistan.

Das deutsche Lieferkettengesetz verpflichtet hiesige Firmen, die Arbeitsbedingungen der ArbeiterInnen in ihren weltweiten Zulieferfabriken zu verbessern. Deshalb verlangt der Bekleidungshändler von seinen 25 pakistanischen Produzenten mittlerweile, Abkommen mit örtlichen Gewerkschaften zu schließen. Die sollen die Rechte der ArbeiterInnen gewährleisten. Den ersten derartigen Vertrag schlossen im Februar der Gewerkschaftsverband NTUF und der Textilhersteller Mount Fuji in Karatschi, der größten Stadt Pakistans. Gerade in diesem Fall ruckelt es jetzt jedoch erheblich.

Die deutsche Frauenrechtsorganisation Femnet und das Europäische Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR), die die Gewerkschaft unterstützen, machen KiK und Mount Fuji diverse Vorwürfe. Das Management des Lieferanten habe beispielsweise versucht, eine ihm genehme Beschäftigten-Vertretung in der Fabrik zu installieren.

Mitarbeitende, die das kritisierten, seien entlassen worden. Auch LeiharbeiterInnen seien gefeuert worden, obwohl ihnen das Unternehmen laut Gesetz feste Arbeitsverträge habe anbieten müssen. Insgesamt habe KiK nicht genug unternommen, um seinen Zulieferer zur Umsetzung der Vereinbarung mit der Gewerkschaft zu drängen, bemängelt Juristin Annabell Brüggemann vom ECCHR.

KiK weist Vorwürfe zurück

Der Textilhändler, der seinen Sitz im nordrhein-westfälischen Bönen hat, weist die Anschuldigungen zurück. „Zwei unabhängige Audits“ – Untersuchungen durch externe Kontrolleure – „bestätigten die Vorwürfe gegen unseren Zulieferer Mount Fuji nicht“, sagt KiK-Manager Ansgar Lohmann. Nun wolle man zusätzlich einen KiK-Mitarbeiter in die Firma schicken, um die Sache noch einmal zu untersuchen.

Ansgar Lohmann, KiK

„Die Arbeitsverhältnisse in Pakistan zu verbessern, ist kein Sprint, sondern ein Marathon“

Der deutsche Konzern ist aber der Ansicht, dass die Lieferanten und Gewerkschaften ihre Probleme auch selbst lösen müssten. Die Idee orientiert sich an der hiesigen sogenannten Sozialpartnerschaft. Diese funktioniere aber in Pakistan nicht, argumentieren KritikerInnen. Gewerkschaften würden unter Druck gesetzt, und die NTUF habe noch immer keinen freien Zugang zur Fabrik.

Grundsätzlich stellen die von KiK inspirierten Abkommen zwischen Lieferanten und Gewerkschaften einen erheblichen Fortschritt dar – wenn sie umgesetzt werden. Die Firma ist in dieser Hinsicht ein Vorreiter der Branche. Die Verträge sollen beispielsweise sicherstellen, dass die Beschäftigten der Zulieferer den gesetzlichen Mindestlohn, eine Kranken- und Unfallversicherung, Überstunden- und Feiertagszuschläge, 24 Tage bezahlten Urlaub und bezuschusstes Kantinenessen erhalten.

Trotz der augenblicklichen Probleme will das Unternehmen den Prozess fortsetzen. „Wenn NTUF die Zusammenarbeit aufkündigt, müssen wir Kooperationen mit anderen Gewerkschaften suchen“, sagt KiK-Bereichsleiter Lohmann. Interessenten gäbe es durchaus. „Unsere Türe bleibt aber offen“, betont Lohmann, „die Arbeitsverhältnisse in Pakistan zu verbessern, ist kein Sprint, sondern ein Marathon“.

Dem Gewerkschaftsverband und seinen Partnerorganisationen legt der KiK-Manager nahe, eine offizielle Beschwerde beim Bundesamt für Wirtschaft einzureichen. Die Behörde kontrolliert Verstöße gegen das Lieferkettengesetz und kann auch Strafen verhängen. ECCHR und Femnet haben noch nicht entschieden, ob sie diesen Weg gehen wollen.

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