Ohne fossile Energie: Düstere Zukunft der Gasleitung

Weniger Fossile bedeutet auch, dass Gasröhren überflüssig werden. Einen sozialverträglichen Wandel fordert Agora Energiewende.

Nicht allen ist es wichtig, ob die Wärme noch von einer Gasheizung kommt Foto: Panthermedia/imago

BERLIN taz | Geht die Energiewende so weiter wie jetzt geplant, wird es in 15 bis 20 Jahren kaum noch Gasheizungen geben. Und damit auch wenige Gasleitungen, die die Haushalte versorgen. Da mag bei manchen Bür­ge­r:in­nen die Angst aufkommen, irgendwann einfach abgeklemmt zu werden. Vorschläge, wie der Prozess konfliktarm und sozialverträglich zu gestalten sei, macht nun die Organisation Agora Energiewende.

Das scheint auch nötig. Kürzlich verursachte die Aussicht auf das Ende der Gasnetze schon einmal Aufregung. Manche Medien berichteten, die Stadtwerke Augsburg wollten bald die Lieferung von Erdgas einstellen. Das Unternehmen dementierte und besänftigte. Trotzdem wies es darauf hin, dass im Bundesland „Bayern ab 2040 nach geltendem Recht keine Heizung mehr mit Erdgas betrieben werden darf“ und Fernwärme als attraktive Alternative zur Verfügung stehe.

Das große Bild sieht so aus: Das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 bedeutet das Aus für fossile Brennstoffe wie Erdgas. Ein kleiner Teil der Gasinfrastruktur wird dann vielleicht für klimaneutralen Wasserstoff und Biogas gebraucht. Aber die meisten Gasleitungen werden überflüssig sein. Das könnte bis zu 90 Prozent des heute 555.000 Kilometer langen deutschen Verteilnetzes betreffen. Fachleute nehmen an, dass die Kosten für das schrumpfende Netz auf immer weniger Kun­d:in­nen umgelegt werden. Ab 2033 könnten die Ausgaben für Privathaushalte und Betriebe deutlich, ab 2040 sprunghaft steigen.

Eine Möglichkeit bestehe darin, die wachsenden Netzentgelte zu begrenzen, die in den Rechnungen der Kunden enthalten sind, sagte Agora-Chef Simon Müller am Mittwoch. Der Staat könnte „Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt“ zahlen, um die Überlastung von Haushalten mit niedrigen Einkommen zu vermeiden.

Wärmepumpen trotz Förderung teuer

Vor allem wird es aber darum gehen müssen, den Privathaushalten den Umstieg auf klimafreundliche Alternativen zu erleichtern. Dafür könne eine „höhere Förderung“ im Rahmen bereits existierender Programme infrage kommen, so Müller. Durch die Bundesförderung für effiziente Gebäude erhalten Immobilienbesitzer momentan bis zu 70 Prozent Förderung beispielsweise für den Einbau von Wärmepumpen. In manchen Fällen bleiben trotzdem Investitionssummen übrig, die manche Privatleute nicht stemmen können.

Ein weiterer Punkt: Große Städte müssen zwar bis 2026, kleine Kommunen bis 2028 eine Wärmeplanung erarbeiten. Die Einwohner wissen dann, ob und wo später die Versorgung mit Fernwärme geplant ist. Agora-Chef Müller rät aber dazu, die Gemeinden auch zu „verpflichtenden Fahrplänen“ anzuhalten, damit die Nut­ze­r:in­nen auch erfahren, wann die neuen Anschlüsse kommen.

Auch für die Seite der Unternehmen braucht es nach Ansicht der Organisation zusätzliche Regeln. So solle ermöglicht werden, dass die Bundesnetzagentur den Betreibern der Gasnetze höhere Netzentgelte erlauben kann als gegenwärtig. Begründung: Die Firmen müssten ihre Investitionen in die Leitungen, die sie in den nächsten 20 Jahren stilllegen werden, noch refinanzieren können.

Aber wie sieht es nun mit der Angst aus, dass der Gasversorger irgendwann die Lieferung einstellt? Momentan sind die Interessen der Verbraucher stark geschützt. Schließlich soll niemand im Winter erfrieren, weil die Heizung nicht mehr funktioniert. Andererseits hat es keinen Sinn, wenn Firmen später kilometerlange Leitungen betreiben müssen, mit denen nur noch ein einzelnes Haus versorgt wird. „Rechtssichere Werkzeuge zur Umsetzung von Stilllegungen fehlen im heutigen Ordnungsrahmen“, mahnt Agora-Chef Müller.

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