Hochwasser im Süden Deutschlands: Zwei weitere Tote

Insgesamt sind nun vier Menschen beim Hochwasser ums Leben gekommen. Scholz macht sich in Reichertshofen ein Bild der Lage. Weiterer Starkregen erwartet.

Söder und Scholz schauen an Sandsäcken auf Hochwasser.

Politiker in Gummistiefeln: Ministerpräsident Söder und Kanzler Scholz im bayerischen Reichertshofen Foto: Sven Hoppe/dpa

REICHERTSHOFEN/STUTTGART/SCHROBENHAUSEN dpa | Bei dem Hochwasser in Baden-Württemberg sind zwei Menschen ums Leben gekommen. Wie ein Sprecher des Polizeipräsidiums in Aalen sagte, wurden am Montag in einem Haus in Schorndorf im Rems-Murr-Kreis die Leichen eines Mannes und einer Frau gefunden. Damit erhöhte sich die Zahl der bei dem aktuellen Hochwasser in Süddeutschland ums Leben gekommenen Menschen auf mindestens vier, nachdem bereits in Bayern zwei Tote geborgen worden waren.

Zuvor hatten Rettungskräfte im vom Hochwasser stark betroffenen oberbayerischen Schrobenhausen eine Leiche im Keller eines Hauses entdeckt. Es handele sich um eine vermisste 43-Jährige, nach der seit Sonntag gesucht worden war, sagte ein Polizeisprecher am Montag. Darüber hatten der Donaukurier und Bild berichtet.

Die Hochwasserlage spitzt sich in einigen Gebieten Baden-Württembergs zu. Besonders kritisch war die Lage am Montagmorgen in den beiden Kreisen Rems-Murr und Ostalb. Wegen der ansteigenden Flusspegel wurden am Montagmorgen in Abtsgmünd (Ostalbkreis) flussnahe Wohngebiete evakuiert. Die Bewohner kamen in Notunterkünften unter. Wie viele Menschen davon betroffen waren, war zunächst unklar. Schulen bleiben dort am Montag vorsorglich geschlossen, wie eine Sprecherin des Landratsamtes sagte.

Nach tagelangem Dauerregen sind in vielen Gegenden Baden-Württembergs und Bayerns Flüsse und Bäche über die Ufer getreten, Tausende Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Zehntausende Helfer sind im Einsatz. Laut Deutschem Wetterdienst (DWD) kann es auch zum Wochenbeginn wieder kräftige Gewitter und Starkregen geben.

Scholz in Hochwassergebiet eingetroffen

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist im Flutgebiet in Oberbayern eingetroffen. Gemeinsam mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will er sich in dem am Vortag von Wassermassen überschwemmten Markt Reichertshofen ein Bild von der Lage vor Ort machen.

Donau-Höchststände erwartet

In Bayern kann der Hochwassernachrichtendienst längst noch keine Entwarnung geben: Zwar gehen an den Zuflüssen zur Donau die Fluten vielerorts langsam zurück, nun trifft das Hochwasser aber zunehmend die Donau selbst.

Die höchste Meldestufe vier wurde dem aktuellen Lagebericht zufolge von Regensburg bis Straubing erreicht, in Passau soll es am Montagabend so weit sein. In Kehlheim soll der Fluss im Laufe des Tages in den Bereich eines 20-Jahres-Hochwassers steigen.

Regensburg hat bereits den Katastrophenfall ausgerufen. Die Wasserhöhe am Messpunkt Eiserne Brücke habe in den frühen Morgenstunden einen Stand von 5,80 Meter erreicht, teilte die Stadt am Montag mit. Der Hochwassernachrichtendienst Bayern meldete um 7.00 Uhr dann 5,90 Meter – am vergangenen Dienstag lag der Wert im Schnitt noch bei etwa 2,70 Metern. Nach den Daten der Experten wurden beim vergangenen großen Hochwasser am 4. Juni 2013 genau 6,82 Meter gemessen.

Am Wochenende hatten bereits mehrere Landkreise und Städte in Bayern den Katastrophenfall ausgerufen.

Feuerwehrmann vermisst

Einen im Hochwasser vermissten Feuerwehrmann im schwäbischen Offingen haben die Einsatzkräfte noch nicht gefunden. Die Suche werde weiter fortgesetzt, sagte ein Polizeisprecher am Montagmorgen.

Der 22-Jährige war in der Nacht zum Sonntag in der Gemeinde im Landkreis Günzburg mit einem Boot der DLRG-Wasserrettung unterwegs gewesen. Das mit fünf Einsatzkräften besetzte Boot war aufgrund starker Strömung gegen 2.50 Uhr gekentert. Vier Einsatzkräfte konnten sich aus eigener Kraft an Land retten und blieben unverletzt.

Schüler bleiben sicherheitshalber zu Hause

So manche Schulkinder dürfen vorerst zu Hause bleiben. Viele Schulen in besonders betroffenen Regionen beider Bundesländer haben den Präsenzunterricht für Montag abgesagt, auch Kitas oder Förderzentren sollen zu bleiben. Für jüngere Schulkinder werden teils Notbetreuungen eingerichtet.

Bahnverkehr im Süden: Stark beeinträchtigt

Wegen der Unwetterschäden bleibt der Bahnverkehr im Süden Deutschlands am Montag stark beeinträchtigt. Die Deutsche Bahn teilte in der Nacht auf Montag mit: „Wir raten von Reisen in die betroffenen Hochwassergebiete in Bayern und Baden-Württemberg ab und empfehlen, nicht notwendige Reisen zu verschieben. Bitte rechnen Sie zusätzlich damit, dass es bei den noch verkehrenden Zügen zu einer sehr hohen Auslastung kommt.“

Der Fernverkehr könne München von Norden und Westen derzeit nicht anfahren. Auch der Nahverkehr in Bayern bleibe stark beeinträchtigt. Für die Nacht wurden in Stuttgart, Nürnberg und München für Reisende Aufenthaltszüge eingerichtet.

Wetterdienst: Weiter Gewitter möglich mit viel Regen

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hob in der Nacht zu Montag zwar alle bestehenden Unwetterwarnungen vor schweren Gewittern mit Starkregen für Deutschland auf. Weiterhin gibt es demnach vor allem in Süddeutschland aber noch gebietsweise schauerartige Regenfälle mit Potenzial für Starkregen, wie der DWD am frühen Morgen mitteilte. Ab Mittag sollen dann vor allem Gebiete südlich der Donau sowie am Bayerischen Wald betroffen sein, auch Unwetter sind möglich.

Bis zum Abend könnten sich die Unwetter allmählich auch nach Süden, bis zum Hochrhein und ins nördliche Alpenvorland ausbreiten, hieß es. Am Abend sind auch an den Alpen kräftige Gewitter mit Starkregen möglich.

Auch für den Osten Deutschlands erwartet der DWD ab dem Nachmittag Gewitter mit Starkregen zwischen 15 und 25 Litern pro Quadratmeter in kurzer Zeit. Örtlich kann es dort auch Unwetter mit Mengen um die 30 Liter pro Quadratmeter geben.

Städte- und Gemeindebund: Mehr Eigenvorsorge bei Hochwasserschutz

Ein Umdenken angesichts dieser Lage fordert der Deutsche Städte- und Gemeindebund. „Allen voran braucht es mehr Eigenverantwortung, Eigenvorsorge und Bereitschaft der Gesellschaft, das Problem gemeinsam anzugehen und auch selber aktiv zu werden“, sagte dessen Präsident Uwe Brandl (CSU) der Augsburger Allgemeinen. „Dazu gehört es, Grundstücke abzugeben, wenn das zum Hochwasserschutz erforderlich ist, aber auch die Mitfinanzierung von Schutzmaßnahmen oder der Verzicht auf das Bauen im Überschwemmungsbereich.“

Gerda Hasselfeldt, Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) und CSU-Politikerin, verlangte ebenfalls in der Augsburger Allgemeinen, mehr in den Katastrophenschutz zu investieren. „Deutschland hat diesbezüglich insgesamt Nachholbedarf“, sagte sie. „Es braucht deshalb eine Zeitenwende, insbesondere, was die nachhaltige und zukunftsgerichtete Finanzierung des Bevölkerungsschutzes angeht.“

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