Internes Papier aus Studentenverbindung: Zu reaktionär für eine Verbindung
Bei den katholischen Studentenverbindungen sorgt ein internes Papier für Streit. Es liegt der taz vor.
Ein buntes Begleitprogramm erwartet die Teilnehmer der 138. Versammlung des Cartellverbands, die am Donnerstag in Berlin beginnt. Doch wenn der Verband katholischer Studentenverbindungen, der rund 25.000 Mitglieder zählt, zu seiner obersten Versammlung zusammenkommt, dürften nicht nur der „Traditionelle Akademische Frühschoppen“ oder eine Dampferfahrt durch das Regierungsviertel, sondern auch hitzige Diskussionen auf dem Programm stehen.
Grund ist ein internes Papier, das von Mitgliedern des „Berliner Vororts“ im letzten Sommer verfasst und verschickt wurde, kurz nachdem dieser die Führung des Verbands übernommen hatte. Das 31-seitige Schreiben mit dem Titel „Memorandum Romanum“ kommt so extrem reaktionär daher, dass es selbst unter den katholischen Verbindungsstudenten auf Kritik stößt. Der Streit lässt sich anhand interner E-Mails nachvollziehen, die die Autonome Antifa Freiburg einsah und der taz zugänglich machte, ebenso wie das strittige Papier selbst.
Vor allem stilistisch wird das Papier intern kritisiert, etwa als „pathetisch“, „ausufernd“, „selbstreferenziell“ und „pseudo-theologisch“. Auch inhaltlich üben einige Verbandsmitglieder Kritik. Gründe dafür gibt es genug. Die sechs Verfasser des Schreibens, die verschiedenen Berliner Studentenverbindungen angehören, verurteilen nicht nur die heutige Zeit für ihre „grassierende Dekadenz, [die] jegliche Formen der Demut und Sittlichkeit zersetzt“. Sie finden auch scharfe Worte für den Synodalen Weg, das Reformprojekt der katholischen Kirche in Folge der Missbrauchsskandale.
Die Missbrauchsfälle selbst werden relativiert: Die Kirche werde zum „alleinigen Sündenbock“ für das eigentliche Problem gemacht, das in Wirklichkeit die gesamte Gesellschaft betreffe und aus „krankhaften Deformationen von Liebe auf dem Nährboden zügelloser, unkontrollierter Sexualität“ bestehe. Gewarnt wird vor jeglichen Liberalisierungsbemühungen in der katholischen Kirche, sei es hinsichtlich der Rolle der Frau oder der von Homosexuellen. „Geschlechtliche Vielfalt“, Lebensmodelle jenseits der heterosexuellen Ehe, Säkularisierung und Wissenschaft werden als Bedrohung des „christlichen Erbe des Abendlandes“ dargestellt, um das es laut den Verfassern so schlecht wie noch nie stehe.
Friedrich Merz ist auch ein „Alter Herr“
Doch für das „Memorandum Romanum“ gibt es nicht nur Kritik, sondern auch Zuspruch – von einzelnen Verbindungsmitgliedern, vor allem aber von Erzbischof Nikola Eterović, dem Botschafter des Papstes in Deutschland. Der Vatikan hat den Synodalen Weg und die damit einhergehenden Reformbemühungen in der katholischen Kirche in Deutschland immer wieder kritisiert. Kein Wunder also, dass Eterović das Papier für seine „klare katholische Haltung“ lobt, wie es eine Meldung auf der Homepage des Cartellverbands stolz verkündet.
Der Cartellverband ist der größte Verband von Studentenverbindungen in Europa. Insbesondere in der Union finden sich zahlreiche Mitglieder, zu den „Alten Herren“ zählen etwa der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz oder der ehemalige CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak.
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