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Kleinparteien bei der EuropawahlManchmal sind Kleine fast groß

Die Parteien Volt und BSW sind in Berlin besonders erfolgreich, erstere vor allem im Westen, letztere im Osten. Also dort, wo auch die AfD stark ist.

Mit viel Werbung viel erreicht: Die Europa-Partei Volt hat in Berlin fast fünf Prozent der Wählerstimmen bekommen

Berlin taz | Schaut man auf das Ergebnis der Kleinparteien in Berlin, springt eins ins Auge: das überdurchschnittlich gute Abschneiden von Volt (Berlin: 4,7 Prozent, Bund: 2,6) und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das in Berlin auf 8,7 Prozent kommt (Bund: 6,2).

Der Erfolg von Volt ist für den Politikwissenschaftler Antonios Souris von der Freien Universität ein Zeichen dafür, dass die Wahlkampfstrategie der Europa-Freunde aufgegangen ist. Man habe sehr viele Volt-Plakate in den innerstädtischen Bezirken gesehen. Aber auch in Dahlem rund um die FU – also überall dort, wo „die liberale, proeuropäische, urbane, wahrscheinlich auch relativ junge Wählerschicht“ am ehesten anzutreffen sei. Bei dieser Klientel komme die Darstellung von Volt als ­europapolitische Alternative zu Grünen oder SPD offensichtlich gut an. „Volt hat in Berlin für eine Kleinpartei extreme Präsenz gezeigt und ist belohnt worden“, so Souris am Montag zur taz.

Erfolgreich sei die Partei vor allem dort, wo auch die Grünen eine starke Bastion haben, sagte Souris. Womöglich habe Volt auch vom Schwächeln der „Partei“ profitiert, die 2019 in Berlin sehr stark war (4,9 Prozent), nun aber auf 3,5 abgerutscht ist (Bund: 1,9). Hierbei könnte der kontrovers diskutierte Austritt von Nico Semsrott aus der „Partei“ eine Rolle gespielt haben, vermutet Souris. Die meisten Stimmen holte Volt in Friedrichshain-Kreuzberg (7,3 Prozent, Grüne: 31,7) und Mitte (7,1, Grüne: 26,2).

Das BSW wiederum schneidet dort wie auch in Neukölln zwar nicht schlecht ab, bleibt hier aber hinter der Linkspartei, die 10 (Mitte, Neukölln) bis 13 Prozent (Friedrichshain-Kreuzberg) holen kann. Den großen Erfolg hat das BSW im Osten: In Marzahn-Hellersdorf wählten 17,1 Prozent das Bündnis (und 25,3 Prozent AfD), in Lichtenberg 15,2 (AfD 17,5), in Treptow-Köpenick 14 (AfD 17,3). „Vor allem in den Ostbezirken scheint es eine Wachablösung von Linken zum BSW zu geben, die überall dort stark zu sein scheint, wo die AfD es ist“, sagt Souris.

Einzigartiges „Angebot“

Was die Wählerklientel des BSW angeht, stellt Souris fest, dass die Partei ein „Angebot“ mache, das es so bisher in der deutschen Parteienlandschaft nicht gebe. Während die Linke nicht nur ökonomisch, sondern auch sozial, kulturell und gesellschaftlich linke Positionen vertrete, sei das Bündnis Sahra Wagenknecht quasi eine umgekehrte FDP. „Das BSW ist zwar ökonomisch links, zum Beispiel für einen starken Sozialstaat, dabei aber migrationsskeptisch und vertritt überhaupt auf gesellschaftspolitischer Ebene auch konservative Positionen.“ Man werde sehen müssen, ob dieser Ansatz auf Dauer in Deutschland Erfolg haben wird.

„Was man auf jeden Fall sagen kann, ist, dass die Ber­li­ne­r*in­nen besonders experimentierfreudig und kleinen Parteien gegenüber aufgeschlossen sind“, sagt Souris.

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4 Kommentare

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  • Vielleicht wissen das manche ja gar nicht oder finden das nicht so schlimm, aber Volt hat in seinem aktuellen Programm ein durchaus positives Verhältnis zur Atomkraft:

    Bau und Betrieb bereits genehmigter



    Reaktoren im Rahmen der jeweils vereinbarten vertraglichen Verpflichtungen.



    > Zulassung neuer Reaktoren, wenn sie erwiesenermaßen inhärent sicher (keine aktiven Sicherheitssysteme erforderlich, um den Betrieb in einen sicheren Zustand der Abschaltung zu bringen) und robust gegenüber äußeren Einflüssen sind.



    > Förderung der Forschung und Unterstützung der Einführung fortgeschrittener Kernspaltungs- und -fusionskonzepte wie Thoriumzyklen, Salzschmelzen, Flüssigmetall, Gen4, schnelle Brüter oder kleine modulare Reaktoren....

  • Das BSW ist vielleicht für einen "starken" Sozialstaat, aber vor allem auch für einen traditionellen, also paternalistischen und die Empfänger von Leistungen stigmatisierenden. Der damit auch weiterhin verdeckte Armut und die Nichtinanspruchnahme von Leistungen zulässt.



    Gerade aus der Sicht eines Transferleistungsempfängers ist das BSW für mich daher unwählbar, da muss ich mir die Positionen der Wagenknechte zu Migration und Gesellschaft gar nicht erst genauer anschauen.

  • Hehe: "liberale, proeuropäische, urbane, wahrscheinlich auch relativ junge Wählerschicht.." Ich gehe auf die 50 zu und habe auch Volt gewählt. Die Versprechen das alles, was die etablierten Parteien uns seit Jahren versprechen und nicht halten. Die Wahlkampf Themen sind für mich sehr attraktiv gewesen und scheinbar nicht nur für mich. Nur ist immer die Frage, lohnt es sich für eine kleine und relativ junge Partei seine Stimme zu geben, oder ist sie dann weg, ohne das es irgend etwas gebracht hat.

  • Schon äußerst merkwürdig, dass BSW dort gut abschneidet, wo die AfD erfolgreich ist. Wie kommt das bloß?

    www.der-postillon....er-schutzwahl.html