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Kritik an Ausgaben des BundesMillionen für Microsoft

Die Ausgaben des Bundes für Software-Lizenzen und IT-Dienstleistungen steigen. Ein Konzern steht dabei besonders in der Kritik.

Großkunde Verteidigunsgministerium: Lizenzen für 95 Millionen bei Microsoft Foto: Sepp Spiegl/imago

Berlin taz | Bundesministerien und zugehörigen Behörden haben im vergangenen Jahr erstmals mehr als 1 Milliarde Euro für Software-Lizenzen und IT-Dienstleistungen gezahlt – davon 197,7 Millionen Euro an Microsoft. Das geht aus der Antwort auf eine Berichtsanfrage des Linken-Abgeordneten Victor Perli hervor.

Demnach liegen das Verteidigungsministerium und die ihm nachgeordneten Behörden mit rund 95 Millionen Euro im Jahr 2023 an der Spitze bei den Ausgaben für Microsoft. Auf Platz zwei steht das Innenministerium samt nachgeordneter Behörden mit rund 43 Millionen Euro. „Der Bundeshaushalt ist zu einer Gelddruckmaschine für Software-Konzerne geworden“, kritisiert Perli.

Der Bundestagsabgeordnete erfragt die Ausgaben für Software und IT-Dienstleistungen seit 2018 jährlich. Microsoft als großer US-Konzern steht dabei im Fokus. Doch für 2023 war zunächst unsicher, ob die Kosten publik würden. Denn das Finanzministerium hatte Perli zufolge die Antworten als „Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Der Abgeordnete protestierte und darf sie nun veröffentlichen.

Die Antworten auf weitere gestellte Fragen bleiben demzufolge weiter unter Verschluss. Dazu zählt unter anderem die Zahl der Rechner in der Bundestagsverwaltung, auf denen Microsoft läuft, und die Zahl der Ausschreibungen für öffentliche IT-Projekte oder Entwicklungsaufträge seit Beginn der Legislaturperiode, bei denen Open Source – also transparenter, veränderbarer Code – Ausschreibungskriterium war. Das Finanzministerium verwies in der Sache ans Innenministerium, das die Fragen zu den Gründen der Einstufung bis Redaktionsschluss offen ließ.

SPD, Grüne und FDP haben eigentlich in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass Aufträge für Software „in der Regel als Open Source beauftragt“ werden. Denn der verbreitete Einsatz von Microsoft-Produkten steht schon lange in der Kritik. Bereits 2019 stellte eine Studie im Auftrag des Innenministeriums eine Abhängigkeit der Bundesverwaltung von wenigen Software-Anbietern fest: „Das gilt insbesondere für Microsoft, dessen Produkte vielfach eingesetzt werden und eng miteinander verknüpft sind.“

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21 Kommentare

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  • Computer sind in allen Behörden das Hauptwerkzeug, mutmaßlich genau wie bei Herr Perli.

    Leider ist es auch häufig so, dass die Anwender von Spezialsoftware im Wesentlichen ebenfalls auf Office als Schnittstelle setzen.

    Das Problem ist nicht so sehr MS, sondern dass sich in Europa nichts Vergleichbares entwickeln konnte. Hier stellen sich in vielen Bereichen Fragen an die europäische Politik. Die doch angeblich so viel Wohlstand geschaffen haben will.

    Denn während bei uns reguliert wird, wird in den USA entwickelt.

  • @WURSTPROFESSOR

    Sie erinnern sich auch, dass das Ende der "LiMux-Odysee" zeitlich mit dem Bürgermeisterwechsel und mit der Entscheidung Microsofts zusammenfiel, ihre EU Headquarters nach München zu verlegen?

    Honni soit qui mal y pense...

    Es gibt andere Stadtverwaltungen, die auf freie Software setzen und happy damit sind.

    • @tomás zerolo:

      Ja, natürlich. Wobei ich dem Reiter nicht unterstellen mag, ein irgendwie schlechterer Mensch als Ude zu sein... die ganze Geschichte war vom Anfang bis zu ihrem Ende (Gewerbesteuer gegen Großauftrag, nix bewiesen, nix gesehen) allerdings unglaublich schief angesetzt. Einer meiner Cousins war da involviert, der war froh, aus dem Projekt nach drei Jahren rauszukommen. Andere auch. Es war wirklich eine Hanswurstiade.

  • Wie gefährdet die Bekanntgabe der Summer die Sicherheit.?

  • Gerade im Bereich der Software kann man sich jedes Projekt so biegen dass nur genau ein Anbieter ein passendes Angebot abgeben kann.

    Es beginnt damit, dass man Berater einer Firma einkauft die dem gewollten Anbieter "wohlgesonnen" sind.

    Dann formuliert man Anforderungen passgenau.

    Und damit das dann später nett ausschaut, werden Rabatte gegenüber dem Markpreis "ausgehandelt" die in anderen Branchen schlicht als unseriös und ruinös gelten.



    So - feddich ist die Laube - bzw Geldpresse.

    Und damit das so bleibt gibt man sich alturistisch und sponsert mal hier eine Schule, mal dort ein Verein.

    Natürlich gegen Spendenquittung.



    Wobei dort ein Mondpreis genannt ist.



    Dann spart man noch eine Menge Steuern.

    Hat man erst einmal "seine" Software platziert ist das ein Geschäft für die Ewigkeit. Denn dafür baut man ein Lock-In Szenario ein.



    Un zack: Ist man reich bis in alle Ewigkeit.

    Paradebeispiel dafür ist der flächendecknede Einsatz eines gewissen Herstellers an den Schulen wobei die Lizenzgebühren für die Lehrer als "Kopiergeld" bei den Eltern kassiert werden.

    Für die SuS müssen die Eltern allerdings separate LIzenzenm erwerben - zum Sonderpreis versteht sich.

  • Tja. Nicht nur teure, sondern schlechte Software.

    Und dann heisst es, die Hacker waren's. Nein -- mit solchen Lieferanten brauchst du keine Feinde.

  • Ich denke bei sowas an Geschichten wie die etwa 15 Jahre und zig Millionen umfassende LiMux-Odyssee... vielleicht ist es besser, diese Lizenzgebühren in Kauf zu nehmen?

    • @Wurstprofessor:

      Es hätte schon sehr geholfen, wenn man nicht Berater aus dem Hause XXX eingekauft hätte die von vorn herein das Projekt torpediert haben.

  • Könnte eine Frage des Vergaberechts sein, demgemäß darf bei Ausschreibungen kein Anbieter diskriminiert werden und wenn Microsoft eben das wirtschaftlichste Angebot hat...



    Open Source als grundlegende Anforderung einer Vergabe würde das natürlich wohl ändern.

    • @Ciro:

      Wie kann Kaufsoftware billiger sein als Open-Source ?

      Sie müssen nur die TCO künstlich hochrechnen und absolute Ausnahmeeinsatzszenarien als angeblichen Standardfall deklarieren.

      Und schwupps - der Rest läuft von selbst.

      • @Bolzkopf:

        Wird es kaum sein, daher habe ich vermutet, dass Open Source nicht Bedingung war und Microsoft eben insgesamt besser war.



        Bei Vergaben geht es nicht um das günstigste Angebot, sondern um das wirtschaftlichste (Preis/Leistungs-Verhältnis).

        • @Ciro:

          Darum schraubt man ja die TCO der Konkurrenz hoch und senkt nicht den eigenen Angebotspreis

      • @Bolzkopf:

        Weil Open Source keine Aussage über die Kosten trifft, sondern über die "Öffentlichkeit" des Quellcodes. Bei Linux wird auch Geld verdient, üblicherweise über Supportpakete.



        Um ehrlich über diese Aussagen urteilen zu können, wäre es wichtig zu wissen, welche Summen dadurch EINGESPART werden, denn das ist mit der Sinn von Digitalisierung, nicht weil's "Hype" ist.

        • @Davin_112:

          Softwareverträge laufen idR ja inklusive Installation und Wartung. Anpassung wird meist weggelogen (man spricht ja grundsätzlich von "complete out of the shelf" - also "Fertig aus dem Regal") und wenn sie da ohne Lizenzgebüren kalkulieren können dürften sie unschlagbar günstiger sein.

          Und das darf natürlich nicht. Zumindest nicht aus Sicht der Geldschneider.

    • @Ciro:

      Nach Vergaberecht wäre der günstigste Anbieter nicht zwingend, da es sich hier um system- und sicherheitsrelevante Zusammenhänge handelt. Aber ob die Rechts- oder Vergabeabteilung der ausschreibenden Verwaltungsstelle wirklich weis wie das geht?



      Das in München von open source zurück zu Bill Gates gewechselt wurde, ist der Initiative der CSU geschuldet und wurde wohl vollzogen, da das Unternehmen in der Stadt ansässig wurde; Gewerbesteuer?! Aber ob da was rumkommt; siehe vergleichbare wie Amazon, google, etc.

      • @Sonnenhaus:

        Naja, Bayern hat ja auch noch einen wichtigen Standortvorteil: Es macht die wenigsten Steuerprüfungen bei Großkonzernen.

        • @HippieJonny:

          Die machen Steuerprüfungen ?



          Das halte ich aber für ein Gerücht !

      • @Sonnenhaus:

        Das hat der SPD-Oberbürgermeister Reiter schon ganz ohne die CSU verbockt. Grund war natürlich das Microsoft seine Deutschland-Zentral nach München verlegt hat.

  • Wie jetzt, Dienstleister verlangen Geld für ihre Dienstleistungen. Wie unfair! Das könnte doch alles ehrenamtlich von Aktivisten und Influenzern erledigt werden.

    • @Lars Sommer:

      Wenn es nix kostet ist es nix wert. So spricht der "Volksmund". Daher muss der Dienst an der Leistung etwas kosten. Mindestens Schweißtropfen - ein Handwerker- und physikalisches Gesetz.

      • @Sonnenhaus:

        Nach dieser Logik wäre auch das Ehrenamt nichts wert. Es gibt einfach Menschen die Dinge auch tun, ohne dafür finanzielle Gegenleistungen zu erwarten, nicht nur im Heimatverein, sondern eben auch inder Open Source Szene, erstaunlich oder?