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Arbeiten am 1. MaiMalochen kann man immer

Am 1. Mai sollte niemand arbeiten, denn der Kampf für Ar­beit­neh­me­r:in­nen­rech­te ist wichtig. Aber manchmal kommt der Alltag dazwischen.

DGB-Demonstration im Hamburg unter dem Motto Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit Foto: Moritz Schlenk/imago

D er 1. Mai ist ja ein bisschen wie Silvester. Allerorten ist etwas los, hier wird gefeiert, dort demonstriert, manches überschneidet sich, sodass man immer etwas verpasst, weil man überall und nirgends ist. Fast ist es eine Erlösung, am Tag der Arbeit arbeiten zu müssen (und damit dem Namen des Feiertages im Eigentlichen gerecht zu werden), sodass sich die Frage nach dem Hin oder Her gar nicht erst stellt. Auch wenn es sich an einem der ersten Sommertage des Jahres etwas unwirklich anfühlt, unter künstlichem Licht im Büro zu sitzen, während alle anderen in der Sonne baden. Und nebenbei den Kampftag der Arbeiterklasse an sich vorbeiziehen zu lassen, an dem eben gerade nicht malocht wird.

Aber was wüsste man schon von jeglichem Kampf, gäbe es niemanden, der darüber berichtete. Und ob bei Journalismus von Malochen die Rede sein kann, ist auch so eine Frage. Aber das nur nebenbei.

Zurück zu den Kämpfen dieser Woche. In den USA nimmt man es ja nicht so ernst mit den Arbeiterrechten. Und so geht man zwar auch dort am 1. Mai auf die Straße – aber erst zum Feierabend. Deshalb konnte am Mittwoch auch Harvey Weinstein vor Gericht geladen werden. Das New Yorker Vergewaltigungsurteil gegen den ehemaligen TV-Mogul war Ende April wegen Verfahrensfehlern aufgehoben worden. Weinstein steht wie kein anderer für das System Hollywood, in dem Männer ihre Macht ausnutzen, um Frauen sexuelle Gewalt anzutun. Die Aufhebung des Urteils ist daher ein Affront für die Opfer des heute 72-Jährigen, aber auch für alle anderen Frauen in der Filmbranche und rund um die Welt, für die Weinstein nur einer von Vielen ist.

Aufgehoben wurde aber nicht die #metoo-Bewegung. Frauen erzählen weiter ihre Geschichten, ziehen weiter vor Gericht. Doch dort müssen sie gehört werden. Und Politik und Justiz müssen Wege finden, Täter wie Weinstein zu verurteilen und Urteile wasserdicht zu machen.

Kein fester Wohnsitz, öfter inhaftiert

Es ist ja ein Klischee zu behaupten, die Kleinen fange man, die Großen lasse man laufen. Man kann es aber auch eine Volksweisheit nennen, für die nicht zuletzt Ronen Steinke in seinem Buch „Vor dem Gesetz sind nicht alle gleich“ genügend Beispiele gefunden hat. Unser Rechtssystem sieht vor, Strafen nicht nur anhand des Delikts zu bemessen, sondern auch nach den Umständen. Wer einen festen Wohnsitz hat, einen Job und Familie, wird nicht so schnell inhaftiert wie jemand, der auf der Straße lebt und kein Einkommen hat. Wer Geld hat, kann sich außerdem einen Rechtsbeistand nach Wahl leisten. Arme Menschen sind auf Pflichtverteidigung angewiesen – oder müssen allein im Gerichtssaal stehen.

„In Europa werden Menschen zunehmend für geringfügige Vergehen kriminalisiert und bestraft“, heißt es in einer Mitteilung für die neue Kampagne „Kleine Vergehen, schwere Strafen“, die eine Gruppe europäischer NGOs diese Woche gestartet hat. Die Kriminalisierung und Bestrafung geringfügiger Vergehen ziele „unverhältnismäßig auf Menschen aus rassifizierten Gemeinschaften, Menschen in Armut und andere marginalisierte Gruppen ab“. Mit der Kampagne fordern die NGOs, darunter das Justice Collective in Deutschland, die EU auf, auch bei geringfügigen Vergehen das Recht auf einen Anwalt oder eine Anwältin zuzugestehen.

Das Bangen geht weiter

Der Übergang zu einem weiteren diese Woche bestimmenden Kampffeld wird jetzt leider etwas holprig: die Verhandlungen zu einem Waffendeal in Nahost. Jeden Tag haben wir auf ein Ergebnis der Gespräche in Kairo gewartet. Gerne hätten wir berichtet, dass alle israelischen Geiseln in den Händen der Terrorgruppe Hamas freigelassen und die Kämpfe eingestellt werden. Aber die Verhandlungen sahen lediglich die Freilassung von bis zu 40 Geiseln vor – wie viele von den 135 bisher nicht befreiten Geiseln überhaupt noch leben, ist nicht bekannt.

Und während Anfang der Woche die Hoffnungen noch groß waren, dass die Gespräche in Kairo zu einem Ergebnis kommen, sah es am Freitag so aus als wolle die Hamas den Deal ablehnen. Das Bangen geht damit weiter.

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Johanna Treblin
Redakteurin taz.eins und Themenchefin
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