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Etwas mehr Solarenergie in DeutschlandEitel Sonnenschein auf dem Balkon

Das Solarpaket soll den Ausbau der Sonnenenergie in Deutschland forcieren. In der Branche vermisst man Förderungen für die heimische Industrie.

Ein sogenanntes Balkonkraftwerk an einem Wohnhaus in Düsseldorf Foto: Robert Poorten/imago

BERLIN taz | Das „Solarpaket 1“, ein Gesetzesvorhaben der Bundesregierung, lag seit vergangenem Sommer auf Eis. Doch mit der Einigung beim Klimaschutzgesetz haben sich die Koalitionäre auch hier zusammengerauft: Sie wollen das Projekt in der kommenden Woche durch den Bundestag und den Bundesrat bringen. Es soll die Nutzung von Photovoltaik in Deutschland noch schneller vorantreiben.

Zum Beispiel soll die Inbetriebnahme von Balkonkraftwerken vereinfacht werden. Künftig sollen Mieter oder Eigentümer einer Wohnung ihre Solarmodule – sofern diese über die eigene Steckdose einspeisen – nur noch in eine Datenbank eintragen müssen, eine Anmeldung beim Netzbetreiber entfällt.

Damit erkennt die Bundesregierung ein Stück weit die bereits herrschende Realität offiziell an, denn längst nicht alle Betreiber haben ihre Steckermodule am Haus in der Vergangenheit auch beim Netzbetreiber angemeldet. Auch die beschleunigte Installation der Balkonkraftwerke soll erleichtert werden: Alte, nichtdigitale Stromzähler können übergangsweise für einige Monate weiterhin genutzt werden und müssen nicht durch moderne Zweirichtungszähler nachgerüstet werden.

Attraktiver soll ebenso die Weitergabe von Eigenstrom an andere Verbraucher werden. Durch eine Änderung im Energiewirtschaftsgesetz soll eine „Gebäudestromanlage“ alle Verbraucher im Haus unkompliziert versorgen können, sofern keine Durchleitung des Stroms durchs öffentliche Netz nötig ist. Damit würde die Belieferung von Hausbewohnern mit Solarstrom vom eigenen Dach auch bei Mehrfamilienhäusern vereinfacht. Es werde „künftig leichter, die Potenziale für Prosuming (Elektrizität zugleich erzeugen und verbrauchen, d. Red.) und Sektorenkopplung“ in Mehrfamilienhäusern umzusetzen, urteilt der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW). Voraussetzung dürfte aber ein Stromzähler mit viertelstündlicher Messung sein, weil nur so nachvollziehbar ist, welcher Haushalt welchen Anteil am eigenen Sonnenstrom verbraucht.

Mehr Solar auch auf Dächern und Feldern

Auch die Errichtung von Solaranlagen auf Unternehmensdächern in der Leistungsklasse zwischen 40 und 750 Kilowatt soll durch aufgestockte Vergütungssätze attraktiver werden. Das kommt vor allem jenen Unternehmen zugute, die den erzeugten Solarstrom nur zu einem geringen Teil im eigenen Gebäude verbrauchen können.

Im Gegenzug sollen Solaranlagen auf Gewerbedächern ab einer Leistung von 750 Kilowatt nur noch dann Förderung bekommen, wenn sie an den Vergütungsauktionen der Bundesnetzagentur teilnehmen. Bislang ist die Grenze bei einem Megawatt festgelegt. Der BSW kritisiert das, denn die Auktionsteilnahme werde von Investoren mitunter „als Marktbarriere betrachtet“

Mit ihrem Solarpaket möchte die Bundesregierung außerdem massiv auf die Freiflächen gehen. Künftig sollen Solarkraftwerke bis zu einer installierten Leistung von 50 Megawatt förderfähig sein – aktuell liegt die Grenze bei 20 Megawatt. Auch sollen landwirtschaftliche Flächen in sogenannten benachteiligten Gebieten leichter genutzt werden können. Die Bundesländer sollen aber die Möglichkeit bekommen, diese Regelungen per Verordnung ein Stück weit einzuschränken.

Höhere Vergütungen soll es zudem für jene Typen von Solaranlagen geben, die außergewöhnlich teuer sind. Darunter fällt zum Beispiel die Agri-PV – das sind Module, die derart aufgeständert sind, dass darunter noch Landwirtschaft möglich ist. Auch Floating-PV – schwimmende Module auf Seen – sollen mit Zusatzvergütungen bedacht werden, ebenso Solarstromanlagen über Parkplätzen. Nicht zuletzt soll auch Photovoltaik auf Moorböden besonders gefördert werden, da mit den Einnahmen auch eine Wiedervernässung der Moore gefördert werden könnte, die im Sinne des Klimaschutzes sinnvoll ist. Trockengelegte Moore sind nämlich große CO2-Emittenten.

Die Erneuerbaren-Branche kritisiert an dem Solarpaket vor allem, dass es keine Förderung speziell für europäische Anlagentechnik geben soll. Mit spezifischen Aufschlägen im Erneuerbare-Energien-Gesetz für heimisch produzierte Solartechnik – Resilienzbonus genannt – wollte die deutsche Solarwirtschaft hiesige Fabriken abgesichert wissen. Außerdem kritisiert die Energiewirtschaft, dass eine Duldungspflicht für Netzanschlussleitungen, die ursprünglich für alle Flächen vorgesehen war, nun doch nur auf öffentlichen Flächen gelten soll.

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15 Kommentare

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  • Wo sind denn hier die Kommentare, bei denen es nicht um Amortisieren (also Geld), sondern um die Vorteile für Klima und Umwelt geht?



    Ich trau mich nicht, den Anfang zu machen, mir reicht das Mobbing wegen meiner Einstellung im Moment vollkommen aus.

    • @Erfahrungssammler:

      Welche Vorteile sind es denn für die Umwelt? Für die Biodiversität jedenfalls nicht. Freiflächenanlagen auf Grünland, Moore und Gewässer sind ein ein NoGo, da hier in der Regel die Nachteile für die Natur überwiegen. Maßnahmen, wie eingrünen oder weitere Abstände der Modulreihen sind doch nur Makulatur, die Naturschützer*innen beruhigen sollen. Den Investoren ist es egal, wo ihre Anlagen stehen, Hauptsache Rendite. Und die Kommunen ist es egal, Hauptsache es kommen Steuern ins Säckl.



      Hier frisst Hirn

  • Bei Balkonkraftwerken sieht man deutlich unser irrsinniges Bürokratiemonster in Deutschland.

    Das neue Solarpaket wäre eine Verbesserung.

    Die Idee hinter Balkonkraftwerken (aka Guerilla PV): Für ein paar hundert Euro kaufe ich 1-2 Solarmodule, die ich einfach in die Steckdose stecke. Damit kann ich tagsüber den Grundverbrauch über die Sonne abdecken. Spart ungefähr 10% Stromkosten und amortisiert sich locker in 5 Jahren.

    Nun aber zur (bisherigen) Bürokratie:

    - Erlaubt sind in Deutschland maximal 600Watt.

    - Man muss diese Mikro-PV-Anlage im Markstammdaten-Register anmelden.

    - Man muss diese Mikro-PV-Anlage beim Netzbetreiber anmelden.

    - Bei einer Mietwohnung oder Wohngemeinschaft muss diese "Bauliche Änderung" (also 2 Module so groß wie zwei Gartenstühle) genehmigt werden.

    Nur zum Vergleich: Ein Wäschetrockner hat 3000 Watt. Dieser muss nicht angemeldet werden.

    In den Niederlanden sind 800 Watt erlaubt und können komplett ohne Anmeldung einfach eingesteckt werden. In Österreich auch.

    Gutes Beispiel, dass nix mehr geht in Deutschland vor lauter Bürokratie.

    • 1G
      14231 (Profil gelöscht)
      @Benzo:

      Im Gegensatz zu Balkonstühlen und Wäschtrocknern sind Solar-Panele allerdings Stromerzeuger. Wenn ich mir vorstelle, dass sich mein Nachbar bei Kleinanzeigen ein Modul besorgt, um es in dem von mir mitbewohnten Altbau einzustöpseln, halte ich es durchaus für sinnvoll, dass es zumindest irgendeine Art von Regulierung gibt, die dafür sorgt, dass er zumindest vollumfänglich dafür gerade stehen muss, wenn das alles deswegen abfackelt. In Berlin gibt es Wohnungen, die den grundlegendsten Anforderungen an eine Elektroinstallation nicht gerecht werden. Bei einem Trockner kümmern sich die meisten Menschen zumindest um ihrer Wäsche Willen um brauchbare Qualität.

      Und alles was an einer Fassade fest angebracht wird, gilt nun einmal als bauliche Veränderung, die von Eigentümern abgesegnet sein muss. Denn zum einen beeinflussen solche Änderungen den Wert einer Immobilie, zum anderen würden unsere Wohngebiete längst aussehen, als wären sie nach Baumarktkatalogen gestaltet. Wenn man sich ansieht, was Bewohner sich Teilweise an Bling-Bling und hässlichen Transparenten an Fenstern und Balkonen anbringen, gewinnt man den Eindruck, dass Deutsche absolut kein Gefühl für den Gesamteindruck eines Gebäudes oder eines Straßenzuges haben.

      • @14231 (Profil gelöscht):

        Sie haben schon recht mit dem Punkt der baulichen Veränderung. Das ist bei Gemeinschaftseigentum oder auch beim Denkmalschutz dann in der Tat nicht so einfach.

        Jedoch, ob nun ein Stromerzeuger oder ein Stromverbraucher and der Elektroinstallation angeschlossen wird, das ist völlig unerheblich bei der Leistung von 600 Watt.

        Mikrowellenherde, Haartrockner, (alte) Fernseher, Toaster, Wasserkocher, Waschmaschinen, Kaffeemaschinen, usw. belasten die Elektroinstallation weitaus mehr als ein Balkonkraftwerk - von Trocknern, Heizlüftern, Klimageräten ganz zu schweigen.

        Alle oben genannten Geräte müssen nicht(!) im Marktstammdaten-Register und beim Netzbetreiber angemeldet werden, obwohl diese die Elektroinstallation mehr belasten und potentiell gefährlicher sein können.

        Daher meine These: Bürokratiewahnsinn!

        In den Nachbarstaaten ist das ja auch kein Thema.

    • @Benzo:

      In anderen Ländern gibt es doch auch Energiekonzerne. Sind die deutschen etwa gewaltbereit, oder warum duckt sich die Politik so tief vor ihnen?

    • @Benzo:

      Wahre Worte, Deutschland halt.

  • Agri-PV, eine sinnvolle Symbiose



    Die Agri-PV Technologie ist eine ganz tolle Lösung, weil so sauberer Strom erzeugt werden kann ohne der Landwirtschaft die Fläche zu entziehen. Es ist mehr als richtig, dass diese Technik gefördert wird. Es gibt viele Möglichkeiten Pflanzen unter diesen Dächern anzubauen, welche auch mit weniger Sonnenlicht gute Erträge bringen. Zugleich kann es ein Schutz vor Hagel sein und zum Auffangen und speichern von Regenwasser für trockene Monate dienen. Diese Technik ist derart interessant, dass die taz mal eine Bericht darüber schreiben sollte, damit sie noch mehr Unterstützer bekommt.

    • @Rudi Hamm:

      Die Technik und die Idee - auch die Symbiose - ist prima.

      Noch besser wäre es, die brachliegenden Dachflächen zu nutzen welche ausreichend zur Verfügung stünden.

      Die kumulierte für PV nutzbare(!) Dachfläche Deutschlands beträgt circa 4000 Quadratkilometer. Das ist etwas mehr als die Fläche des Saarlands.

      Das hätte noch den Vorteil, das ein Großteil der Infrastruktur (Dachneigung, Netzanbindung, Zähler,...) bereits vorhandenen ist bzw. nicht komplett neu verlegt werden müsste.

      • 1G
        14231 (Profil gelöscht)
        @Benzo:

        4000 Quadratkilometer klingt beeindruckend. Mich wundert, dass Sie nicht gleich eine Gigawatt-Nummer dazu gestellt haben.

        Ich nehme an, bei der Berechnung wurde auch berücksichtigt, ob die Dachstühle und -bedeckungen die Umrüstungen schadlos überstehen. Denn bei vielen älteren Bauten dürften herbe Folgekosten anfallen. Überdies sind Dachdecker längst nicht mehr im Überfluss verfügbar.

      • @Benzo:

        Ja, das stimmt auch.



        Eigentlich sollte der Staat mit gutem Beispiel voran gehen und für alle staatlichen Ämter und Behörden eine PV-Pflicht einführen.



        Mein Dach produziert ein mehrfaches von dem was ich selbst verbrauche. PV-Strom rechnet sich ökonomisch und ökologisch, der CO2 Fußabdruck durch die Produktion ist sehr schnell wieder drin.

  • Bei Balkonkraftwerken kommt man aber nicht sehr weit. Selbst wenn 10 Millionen Haushalte Solarzellen a‘ 400 Watt am Balkon aufbauen, werden bei bestem Sonnenschein über Mittag 10.000.000 x 0,4 kW = 4 Gigawatt maximal.



    Eher viel viel weniger wegen Verschattung, Ausrichtung etc.



    Das meiste wird selbst verbraucht, für die Einspeisung bekommt man nichts.



    Mittlerweile sind diese Solarzellen wieder im normalen Preis.

    • @Der Cleo Patra:

      "Mittlerweile sind diese Solarzellen wieder im normalen Preis."



      Sie sind so billig wie nie zuvor, ein 415Wp Modul gibt es ab 58€ zzgl. Versand.



      Einfach mal "415Wp 58€" gugeln.

      • @Rudi Hamm:

        Für 58,-€ kann es nichts gescheites sein. Aber ja, sie sind richtig günstig geworden.

  • Eine spezielle Förderung für Denkmalbesitzer wäre mal eine gute Idee - das betrifft immerhin knapp 1 Million Häuser in Deutschland.



    Bisher ist es quasi unmöglich eine Genehmigung der unteren Denkmalbehörde für eine PV-Anlage zu bekommen, da ja der optische Zustand möglichst erhalten werden muss...



    Mittlerweile gibt es aber spezielle Solarziegel oder farbige PV-Platten die optisch kaum mehr auffallen, beides leider deutlich teurer in der Anschaffung bzw Installation - da wäre eine Zusatzvergütung wie bei Agri-PV ein willkommener Anreiz... - das würde sich gleich doppelt lohnen fürs Klima, da Denkmäler idR einen erhöhten Energiebedarf haben, da sie nicht so effizient gedämmt werden können wie andere Altbauten ohne Auflagen.