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Hunderte Polizisten unter Nazi-VerdachtGegen 400 Beamte wird ermittelt

Laut „Stern“ wird gegen hunderte Landesbe­am­te wegen des Verdachts auf eine rechtsextremistische Gesinnung ermittelt. Die Gefahr sei groß wie nie.

Verbindungen nach rechts: Gegen hunderte Lan­des­po­li­zis­t*in­nen wird derzeit ermittelt Foto: Marijan Murat/dpa

Hamburg epd/dpa | Gegen mindestens 400 Polizeibeamte der Länder werden einem Medienbericht zufolge derzeit Disziplinarverfahren oder Ermittlungen wegen des Verdachts auf eine rechtsextremistische Gesinnung oder das Vertreten von Verschwörungsideologien geführt. Das Magazin Stern und RTL berufen sich dabei auf Angaben aus den 16 Innenministerien der Bundesländer.

Die tatsächliche Zahl dürfte deutlich höher liegen, da Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und Thüringen keine aktuellen Zahlen hätten liefern können, berichten Stern und RTL am Donnerstag.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul sagte dem Stern: „Polizistinnen und Polizisten, die nicht auf dem Boden der Verfassung stehen, sondern extremistische Ansichten verfolgen, sind eine große Gefahr für die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit.“ Diese Menschen wolle er in der Polizei nicht haben, sagte der CDU-Politiker.

Den Polizeibeauftragten des Bundestags, Uli Grötsch (SPD), zitiert das Magazin mit den Worten: „Wir leben in Zeiten, in denen von Rechtsextremen gezielt versucht wird, die Polizeien zu destabilisieren.“ Die Gefahr sei so groß wie nie. Ermittlungen wegen möglicher Extremisten in den Reihen der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern gibt es seit Jahren immer wieder. Bereits 2022 hatte das Bundesinnenministerium einen Lagebericht dazu veröffentlicht. Damals wurde bekannt, dass binnen drei Jahren 327 Mitarbeiter wegen nachweislicher Bezüge zum Rechtsextremismus oder zur Szene der Reichsbürger aufgefallen waren.

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23 Kommentare

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  • Eigentlich muss man nur mal sehen was die Kollegen so auf FB/Instagram liken und posten, dann wäre man weniger überrascht.

  • Ich weiß nicht wieso die Politik immer wieder so überrascht tut wenn sowas passiert. Nach neuesten Umfragen kommt die AfD bundesweit auf 17% (West 14,9/ Ost 25,4). Was denken die immer wo diese 17% der Wähler herkommen? Die Bauern sind ja nicht rechts, sie wurden nur von "Rechts unterwandert" hört man ziemlich häufig, auch bezogen auf andere Demos. Bei Polizei, Bundeswehr etc hat man scheinbar auch nicht mit sowas gerechnet. Also in welcher Bevölkerungsgruppe sind denn dann, laut unserer Regierung, die ganzen AfD Wähler zu finden?



    Mir schein das man immer noch die Augen davor verschließt das man rechtes Gedankengut überall finden kann, in jedem Beruf, jeder Altersgruppe, jeder Einkommensschicht und jedem Ort, natürlich in unterschiedlicher Ausprägung aber da ist es trotzdem. Und vielleicht sollten sich mal die Politiker von CDU/CSU, FDP und SPD in ihren eigenen Parteien umschauen, was da teilweise an diskriminierenden, ausgrenzenden, vorurteilsbehafteten, rassistischen, und ignoranten Aussagen und Gesetzen kommt. Wir haben ein systemisches Problem und die tun immer noch so als seien das alles Einzelfälle.

    • @Momo Bar:

      "Und vielleicht sollten sich mal die Politiker von CDU/CSU, FDP und SPD in ihren eigenen Parteien umschauen, ..."

      ... ne warum sollte man nun nicht auf den Antisemitismus bei den Grünen und den Linken schauen?

  • Naja, wenn man jetzt noch die Anzahl derer berücksichtigt die in anderen Bereichen der Sicherheit sitzen. Z.B. die Landesämter und das BfV, die Bundeswehr und den MAD. Zu guter letzt auch den BND...

    Nachtigall ick hör dir trapsen...

  • Das sind alles Einzelfälle, es gibt kein strukturelles Problem ;)

    • @Nacktmull:

      Bei 278.000 Angestellten wären das ca. 0,15% der Polizei.



      Ein Problem ist es, sollte man deshalb alle Polizisten als rechtsextrem hinzustellen? Nein.

      • @Abraham Abrahamovic:

        ...0,15 % - Eindeutig fehl am Platze und gehören sofort zu suspendieren !

    • @Nacktmull:

      Das würde ich so pauschal nicht behaupten. Polizei und auch Bundeswehr waren schon immer anziehend für Personen, die ein ganz bestimmtes Persönlichkeitsprofil auszeichnete. Zudem sind beide streng hierarchisch gegliedert, was wiederum den Gruppenzwang und die Abschottung nach außen verstärkt.

      Solche Strukturen bieten einen Nährboden, um potentielle Erfahrungen aus dem Berufsalltag in das eigene Weltbild überproportional zu integrieren. Die Auswirkungen kann man jüngst bei den Vorfällen in Nienburg oder auch in Dortmund beobachten, wo ganz klar die Verhältnismäßigkeit ausser Kraft gesetzt wurde.

      Und auch die Opfer von Polizeigewalt weisen verstärkt übereinstimmende Merkmale auf. Migrationshintergrund, keine helle Hautfarbe, psychische Erkrankungen.

      Das ist kein Grund die Polizei unter Generalverdacht zu stellen, die Mehrzahl der Beamt*innen verrichtet ihren Job sicherlich gewissenhaft und verantwortungsvoll, aber es handelt sich nunmal um die Exekutive und da ist die Politik in der Pflicht genau hinzuschauen und ggf. durchzugreifen. Das gilt für Einzelfälle, aber auch für Strukturen innerhalb des Polizeiapparats.

      • 6G
        608196 (Profil gelöscht)
        @Sam Spade:

        Auch von mir volle Zustimmung.



        Peace ;)

      • @Sam Spade:

        Denke das war vom Nacktmull ironisch gemeint? Würde ihnen aber in ihren Ausführungen Zustimmen.

        Gab in der taz auch schon Interviews taz.de/Kriminologe...eigewalt/!5925970/ und taz.de/Kriminologe...lizisten/!5805761/ die Nahelegen, das es im Bereich der Ausbildung im Umgang mit Personen die psychische Probleme oder Erkrankungen haben leider Handlungsbedarf gibt. Denke nicht das das Behoben ist.

        Aber das Problem bei den Fällen Dortmund und Nienburg ist ja wohl schlimmer, wo man dann thematisch wieder bei ihren Kommentar landet. Und generell gibt es noch das Problem mit Polizeigewerkschaften die berechtigte Kritik bekämpfen und zurückweisen, und so nötige Reformen blockieren. Das sehe zumindest ich so, habe jetzt aber ehrlich keine Lust Quellen rauszusuchen.

      • @Sam Spade:

        Volle Zustimmung.

        Nur ein kleiner Hinweis.

        Die Aussage von Nacktmüll war Ironie.

        Das scheint Ihnen entgangen zu sein. ;-)

        • @sociajizzm:

          Danke für den Hinweis. Ist mir tatsächlich entgangen.

      • @Sam Spade:

        @sam spade Das kann ich unterstreichen. Ja, es gibt eine strukturelle Neigung von Polizisten nach "Law and order". Nein, es ist kein Skandal, sondern normal. Politik muss es als Normalität anerkennen und angemessen unaufgerecht und zielgerichtet reagieren. Verstärkt wird die Tendenz zum "Lax and order"-Denken von Polizisten durch die täglichen Negativ-Erfahrungen im Dienst. Auch damit sollte Politik und Polizeiführung besser umgehen lernen.

    • @Nacktmull:

      Ohne es schönreden zu wollen: Wir reden über knapp 0,1% der Landespolizisten.

  • Was ist da schlimmes passiert! Danke Stern und taz für den Bericht!



    Die Sicherheitsorgane wie Polizei, Bundeswehr und Verfassungsschutz soll doch verhindern, dass Rechtextremisten und sonstige eindeutige Demokratiefeinde von unseren Demokratieschützenden Organisationen ferngehalten werden, besser noch strafrechtlich verfolgt werden. Ein Beispiel der ehemalige Verfassungspräsident Maßen...



    Stattdessen lieber das Streikrecht der Gewerschaften schleifen. Oder ist dass die gleiche Seite der Medalllie?

  • „Polizistinnen und Polizisten, die nicht auf dem Boden der Verfassung stehen, sondern extremistische Ansichten verfolgen, sind eine große Gefahr für die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit.



    sagt der Minister, die gerne sich fotografieren lässt, wenn nochmals Razzias gegen Shishas ein generelle Verdacht gegenüber Ausländer stellen. Aber Angriffe gegen Unterkünfte für Menschen auf der Flucht sind nicht einmal verfolgt oder als Extremistische Angriff eingestuft.



    NRW ist sehr tolerant gegen Rechts, Linke Waldbesetzer werden kriminalisiert und nicht toleriert.

    • @CallmeIshmael:

      Da sind eventuell bereits Polizisten mit rechtsradikalem Gedankengut tätig.



      Jeder der kann muß aufpassen.

      • @Tino Winkler:

        Viele PolizistInnen sind in der Praxis einer Anwendung von drastischen Maßnahmen auch nicht gerade zimperlich, ich rede nicht von Brokdorf:



        /



        "Ein Rückblick. Im Sommer 2010 gehen immer wieder Zehntausende Stuttgart-21-Gegner auf die Straße. Ganz Deutschland blickt auf die Schwabenmetropole und deren “Wutbürger”, die gegen den Bau protestieren. Am sogenannten Schwarzen Donnerstag eskaliert der Konflikt um das milliardenschwere Bahnprojekt.



        Polizisten traktieren Demonstranten gegen das Bauvorhaben mit Schlagstöcken und Pfefferspray. Wasserwerfer schossen auf Menschen. Bei der Räumung des Stuttgarter Schlossgartens neben dem Hauptbahnhof werden zahlreiche Menschen verletzt, darunter Wagner, dessen Bild mit blutenden Augen um die Welt geht."



        Quelle rnd.de

        Das sind Eskalationen, die immer mal wieder "passieren", zuletzt haben auch Protestierende der Klimabewegung ihre Erfahrungen gemacht. Andererseits verlangen viele MitbürgerInnen nach robuster Vorgehensweise gegenüber GefährderInnen. Gewaltmonopol ist ein großes Wort:



        "Erschütternde Polizeigewalt



        Gewaltmonopol geht nur mit Gewalt



        Viele Menschen sind schockiert, wenn sie die Staatsgewalt zum ersten Mal selbst erfahren. Dabei macht die Polizei oft nur genau das, wofür sie da ist."



        Quelle taz:



        taz.de/Erschuetter...eigewalt/!5920603/



        /



        ...oft eben aber auch in einer Grauzone oder sogar gelegentlich schon jenseits davon.

  • Da steckt ja oft mehr dahinter, wie man an den Ermittlungen zu NSU 2.0 und den rechtsextremen Chats sehen kann werden die Ermittlungen behindert oder durch Einsatz willfähriger Ermittler gelenkt, die Staatsanwaltschaft will nichts wissen und hessische CDU-Minister und Ministerpräsidenten halten gütig das Händchen drüber, wie seinerzeit schon über Gauland.



    Das rechte Problem, dass über Rechtsextremismus hinwegsieht sitzt schon seit Gründung der Republik in Regierung und Parlamenten.

  • Aber das kann doch gar nicht möglich sein! Der rechte CSU Innenminister Seehofer hat doch gesagt, es sei nicht nötig, das mal zu untersuchen... Im Ernst: hätte dieser Voll-Horst das damals gemacht - die Lage sähe deutlich!!! besser aus heute.

    • @Perkele:

      Was soll die Untersuchung genau verändern?

      Den Korpsgeist wird diese nicht abschaffen.



      Auch das eher konservative bis autoritäre Menschen zu Polizei und Militär gehen, wird sich dadurch ja nicht ändern.

      Es bräuchte eine Polizei für die Polizei, die nur gegen die Polizisten ermittelt und somit keine "Kollegen", sondern nur Aufsicht sind.

      Die Aussicht auf die Verfolgung von Beamten, könnte gar Menschen mit etwas anderen politischen Ansichten auch eher anziehen. Aber das ist nur Spekulationen.

    • 6G
      663803 (Profil gelöscht)
      @Perkele:

      Der Voll-Horst hätte das für die Bundespolizei veranlassen können, für die Länder sind andere Chefs zuständig