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AfD-Europakandidat Petr BystronHetzen für Russland?

Dem AfD-Politiker wird vorgeworfen, Zahlungen eines prorussischen Propagandaportals angenommen zu haben. Der Parteivorstand bleibt milde.

Petr Bystron von der AfD soll Bestechungsgelder angenommen haben Foto: Carsten Koall/dpa

Berlin taz | Wenn Petr Bystron redet, erinnert er ein bisschen an eine schlechte Karikatur von Clint Eastwood: kurze graue Haare, zusammengekniffene Augen und eine etwas vernuschelte Aussprache. Allerdings sagt der 51-Jährige deutsch-tschechische AfD-Politiker keine hollywoodreifen Sätze, sondern gibt in der Regel verschwörungsideologische Plattitüden mit antisemitischen Anklängen von sich.

Als er für Platz 2 auf der AfD-Europawahlliste antrat, sprach der Bundestagsabgeordnete von „Globalisten, die uns zwangsimpfen, enteignen, im Prinzip versklaven wollen“, und raunte weiter von einer vermeintlichen (jüdischen) Eliten-Verschwörung von „Schwab, Gates und Soros“. Warum er überhaupt für Europa kandidieren wolle, fragte er sich selbst – und gab gleich die Antwort: „Ja, der Bundestag ist die bessere Bühne, aber aus Brüssel kommt das Gift, dort werden von den Globalisten still und heimlich die Vorgaben gemacht.“ Bystron bekam viel Applaus – und wurde mit 82 Prozent gewählt.

Mittlerweile steht im Raum, dass Bystron bei seiner Kandidatur noch eine andere Motivation gehabt haben könnte. Denn der Obmann im Auswärtigen Ausschuss und Ex-Leiter des AfD-Arbeitskreises für Außenpolitik steht im Zentrum eines Skandals um russische Einflussnahme und Korruption. Das russische Desinformationsportal „Voice of Europe“, dem auch immer wieder AfD-Politiker Interviews gegeben haben, soll laut tschechischen Sicherheitsbehörden nicht nur der Propaganda gedient haben, sondern auch der verdeckten finanziellen Einflussnahme auf kremlfreundliche Kandidaten. Mehrere hunderttausend Euro sollen in sechs europäische Länder geflossen sein – Geld soll laut Recherchen von Denik N und Spiegel in Prag in bar übergeben oder per Kryptowährung transferiert worden sein.

Der tschechische Geheimdienst soll einen Audiomitschnitt haben, der eine Bestechung Bystrons belegt. Die Generalstaatsanwaltschaft München hat Vorermittlungen gegen Bystron eingeleitet, der Bundestag beschäftigt sich ab Mittwoch im Innenausschuss und dem parlamentarischen Kontrollgremium mit den heiklen Vorwürfen. Die AfD war um Schadensbegrenzung bemüht: Am Montag musste Bystron vor dem Bundesvorstand antreten, um sich mündlich zu erklären. 20 Minuten soll die Befragung in der Telefonkonferenz gedauert haben.

„Globalistische Kampagne“

Dabei soll Bystron erneut jegliche Zahlungen an sich oder seine Familie aus prorussischen Kreisen bestritten haben. Bereits in der Vorwoche wurde er vom AfD-Vorstand zur schriftlichen Stellungnahme aufgefordert, in der er unter anderem schrieb, dass alles eine „globalistische Kampagne“ unter anderem von – wem sonst? – „Soros-NGOs“ sei.

Die Reaktionen aus dem Bundesvorstand schwankten zwischen unterkühlter „Zurkenntnisnahme“ bis zur Behauptung, an den Vorwürfen sei „null Komma nix“ dran. Ein letzte Woche noch diskutierter Auftrittsverzicht oder die Aufforderung, sein Mandat nicht anzunehmen, sind offenbar vom Tisch: „Zum jetzigen Zeitpunkt muss der Bundesvorstand von der Unschuld Herrn Bystrons ausgehen“, heißt es. Vermutlich gibt es ebenso wenig Konsequenzen für Bystron wie nach seiner heimlichen Reise ins mit Putin verbündete Belarus 2023.

Dubiose Reisetätigkeiten von Bystron sind dabei kein Einzelfall: Gleich nach seinem Einzug in den Bundestag 2017 hatte er die rassistische paramilitärische Gruppe „Suidlanders“ in Südafrika besucht und an einem Schießtraining teilgenommen. Danach schwärmte er von „knorrigen Typen mit breiten Händen und geradem Blick“ – was wiederum nach Clint-Eastwood-Karikatur klingt.

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6 Kommentare

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  • Ich glaube nicht, dass ein Politiker wie Bystron dafür bezahlt werden muss, für Putin zu sein. Der macht das aus Überzeugung!

  • Eine Geheimdienstinformation ist keine belastbare Quelle. Es ist zwar richtig, die Nachricht über Bystron weiterzugeben, zwischen Bystron und Putin herrscht eine hohe Nähe, und es wäre auch nicht das erste Mal, dass Russland einen Multiplikatoren kauft. Aber ein Fakt ist die Schmiergeldzahlung noch lange nicht.

    • @Wondraschek:

      "Aber ein Fakt ist die Schmiergeldzahlung noch lange nicht."



      Mal ganz spitzfindig: kein bewiesener Fakt. Das Gegenteil allerdings auch nicht.



      In einem Rechtsstaat gilt die Unschuldsvermutung, was die Menschen nicht daran hindert, sich ihre Meinung zu bilden.

      • @Encantado:

        Auch wenn ich mich damit weit, weit aus dem Fenster herauslehne: ich finde, es ist vollkommen okay, eine solche „Kampagne“ gegen Bystron (und die gesamte AfD) zu fahren - bevor Sie sich jetzt empören, machen Sie sich klar, mit welchen Mitteln die AfD nicht nur gegen ihre politischen Gegner, sondern auch gegen unsere demokratischen Institutionen arbeitet.



        Mir geht es dabei nicht um eine platte „Was-die-können-können-wir-schon-lange“-Apologetik, auch nicht um eine Missachtung rechtsstaatlicher Prinzipien im Kampf gegen einen undemokratischen Gegner - aber vergegenwärtigen Sie sich, was den historischen Faschismus der zwanziger und dreißiger Jahre in vielen Ländern Europas stark gemacht und teilweise an die Macht gebracht hat: es war die gezielte, stetige Lahmlegung, Aushöhlung und schließlich Zerstörung des demokratischen Rechtsstaates mit dessen eigenen Mitteln - neben der legalen parlamentarischen Betätigung kamen natürlich die Strategien des Strassenterrors und der Einschüchterung politischer Gegner hinzu.



        Joseph Goebbels hatte seinerzeit hämisch offen davon gesprochen - ich sehe klare Anhaltspunkte, dass die AfD heute alle drei Elemente dieser faschistischen Strategie - nicht bloß in der Parlamentsarbeit - mehr oder weniger offen verfolgt. Nicht umsonst haben wir jetzt diese Verbotsdiskussion.



        Und ganz provokativ zugespitzt: was der demokratische Rechtsstaat mit seinen Institutionen nicht darf, dürfen wir als (antifaschistische) Zivilgesellschaft vielleicht doch?😉



        (Ich ducke mich jetzt mal ganz schnell weg.)

  • Nun, wenn man überall eine "jüdische" Verschwörung vermutet dann ist natürlich auch jede Kritik teil der "jüdischen" Verschwörung. So ein geschlossenes Weltbild macht natürlich vieles im Leben einfacher. Kritische Selbstreflektion kann man sich sparen und dafür mehr Energie in den eigenen Operkomplex stecken.

  • Er ist nicht "prorussisch" (und wir sollten auch nie "antirussisch" sein).



    Dieser Knabe verharmlost die Putin-Diktatur und den Putin-Krieg!