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Falsche Vorwürfe gegen Joe BidenLügner mit Draht nach Moskau

Der Mann, der als FBI-Quelle falsche Bestechungsorwürfe gegen US-Präsident Joe Biden lancierte, soll Kontakt zum russischen Geheimdienst haben.

Gut verhüllt: Alexander Smirnov verlässt das Gericht in Las Vegas am 20.02.2024 Foto: Bizuayehu Tesfaye/ap

Berlin taz | Die Versuche der republikanischen Fraktion im US-Repräsentantenhaus, ein Impeachmentverfahren gegen Präsident Joe Biden einzuleiten, erleiden dieser Tage herbe Rückschläge. Kern der Anklage sollte der Vorwurf sein, Joe Biden habe seinem Sohn Hunter bei dessen mutmaßlich krummen Geschäften in der Ukraine um 2015 herum geholfen und dazu sein damaliges Amt als Vizepräsident unter Barack Obama missbraucht.

Konkret hatte es geheißen, der ukrainische Gaskonzern Burisma, in dessen Vorstand Hunter Biden seinerzeit war, habe sowohl ihm als auch seinem Vater jeweils fünf Millionen Dollar gezahlt, damit Joe Biden seine schützende Hand über zweifelhafte Geschäfte hielt.

Die ganze Erzählung stammte von Alexander Smirnov, einem 43-Jährigen mit US-amerikanischer und israelischer Staatsbürgerschaft, der seit 2010 eine vertrauliche Quelle der US-Bundespolizei FBI war. In der vergangenen Woche aber wurde Smirnov in Las Vegas festgenommen – die gesamte Geschichte war erlogen. Wegen seiner Falschaussagen erwartet Smirnov nunmehr ein Verfahren, das ihn bis 25 Jahre Gefängnis kosten könnte.

Dennoch ist Smirnov am Dienstag zunächst auf freien Fuß gesetzt worden, allerdings versehen mit elektronischer GPS-Kontrolle und dem Verbot, das Land zu verlassen. Die Staatsanwaltschaft hatte gefordert, ihn wegen erhöhter Fluchtgefahr in Untersuchungshaft zu belassen – und der öffentliche Schriftsatz mit diesem Antrag beinhaltet weitere brisante Details: Demnach soll Smirnov nach eigener Aussage mehrfach im Kontakt mit russischen Geheimdienstmitarbeitern gewesen sein – die ihm mehrere jener Lügengeschichten eingepflanzt hätten, für die er nunmehr angeklagt wird. Smirnov habe ursprünglich eine gut einmonatige Auslandsreise geplant, war allerdings zwei Tage zuvor verhaftet worden. Auf dieser Reise habe er vorgehabt, sich mit mehreren Vertretern ausländischer Geheimdienste und Regierungsvertretern zu treffen. Details nennt der Schriftsatz nicht.

Das Amtsenthebungsverfahren liegt derzeit auf Eis

Sollte sich das als wahr herausstellen, würde es einen erneuten Versuch Russlands bedeuten, die US-amerikanischen Wahlen zu manipulieren.

Allerdings bezeichnet die Staatsanwaltschaft Smirnov im gleichen Schreiben auch als notorischen Lügner, der nicht in der Lage sei, selbst die grundlegenden Fakten über sein eigenes Leben richtig wiederzugeben. Das Argument sollte im Zusammenhang mit dem Antrag auf Untersuchungshaft unterstreichen, dass man Smirnov eben nicht vertrauen könne und insofern Fluchtgefahr bestehe. Unklar bleibt aber, warum der Darstellung seiner Kontakte zum russischen Geheimdienst offenbar trotzdem uneingeschränkt Glauben geschenkt wird.

Donald Trump und den Republikanern nahestehende Medien bezeichneten die Verhaftung und die Aussagen Smirnovs inzwischen ihrerseits als reine Ablenkung – in Wirklichkeit sei nämlich inzwischen bereits jede Menge Beweismaterial beisammen, um die Klage gegen die Bidens zu untermauern. Das Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Joe Biden, begonnen noch unter dem geschassten republikanischen Sprecher Kevin McCarthy, liegt derzeit auf Eis.

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9 Kommentare

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  • Wer hätte gedacht, dass Wladimir und seine westlichen Wahlknechte umsetzen,, was das KGB gelehrt hat? Sowas aber auch.

  • "auf freien Fuß gesetzt worden"



    Der arme Herr Smirnow! Fluchtgefahr schön und gut, aber denkt denn niemand an die Unfallgefahr, die nun gleich aus zwei Richtungen droht (aus Mar-a-Lago und von Osten)?

  • Die Unterwanderung westlicher Gesellschaften mit russischen Agenten ist etwas was den meisten Leuten nicht klar ist, aber auch in Deutschland wird Putin Agenten haben in Parteien, Behörden, Medien, Kunst Kultur und so weiter.

    • @Machiavelli:

      Manchmal fragt man sich, ob nicht einer im Kanzleramt sitzt.

      Da wurde doch nicht etwa einer auf Sri Lanka umgedreht...?

    • @Machiavelli:

      Und andersherum genauso, jedes Land hat überall irgendwelche Spione und Agenten, Geheimdienstte gibt es nicht nur in Russland. Das ist völlig normal und zumindest mir schon lange klar....

      • @PartyChampignons:

        Nur das Russland noch ne Nummer aggressiver vorgeht als andere Länder und auch nicht davor zurückschreckt unliebsame Personen auch im Ausland vergiften oder erschießen zu lassen.

    • @Machiavelli:

      Putin hat schon lange vor seinem Überfall auf die Ukraine auch in Deutschland seine Leute positioniert.



      Es geht bei ihm nur um Desinformation, Beeinflussung und Propaganda.

      In den USA hat er sich nicht das erste Mal in die Wahlen eingemischt.



      Trotzdem gibt es immer noch zu viele naive Russland Romantiker, die die Schuld für all das im Westen und speziell bei den USA sehen.

      • @DocSnyder:

        Der Kampf gegen Russland ist der Kampf gegen die AFD, der Kampf gegen die AFD ist der Kampf gegen Russland. Der Krieg in der Ukraine geht auch um unsere Existenz als eine freiheitliche Demokratie, verstehen halt die Deutschen nicht die nicht jenseits des eigenen Bierbauchs schauen können.

      • @DocSnyder:

        In Deutschland gibt es zum einen sehr viele von denen, die die russische Propaganda als "nützliche Idioten" bezeichnet.

        Speziell in Ostdeutschland existiert eine Art flächendeckendes Stockholm-Syndrom. Je länger die DDR her ist, desto mehr Menschen scheinen dort ihre Druschba zu den früher gefürchteten "Freunden" zu entdecken. So etwas ist im ganzen ehemaligen Ostblock fast einmalig. Typisch deutsch daran ist die Anmaßung, besser über Russland bescheid zu wissen als z.B. die Balten, die tatsächlich jahrzehntelang unter russischer (sowjetischer) Besatzung leben mussten und russifiziert werden sollten. Der (Ost-) Deutsche weiß es natürlich besser.

        Dann gibt es auch noch jene, die glauben, man müsse jetzt schon vorbauen, damit Russland nach dem Krieg noch mit uns reden will. Da kommen dann gerne Floskeln wie "Russland wird auch nach Putin noch unser Nachbar (!) sein." Abgesehen davon, dass das wieder mal unsere echten östlichen Nachbarn negiert, ist es natürlich nicht die Aufgabe des Westens, jetzt schon Brücken zu bauen. Nein - Russland wird, genau wie Deutschland nach 1945, um Vergebung bitten, Abbitte leisten und Reue zeugen müssen. Unter Umständen jahrzehntelang. Dann können wir uns immer noch großmütig zeigen. Aber nicht, während es weiterhin wie rasend den Krieg will.