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Einigung im EU-TrilogRecht auf Reparatur soll kommen

Verbraucherinnen und Verbraucher sollen defekte Produkte künftig einfacher reparieren lassen können. Darauf haben sich nun die EU-Gremien geeinigt.

Reparieren statt wegschmeißen und neu kaufen, TV-Sketsch aus den 70er Jahren Foto: United Archives/imago

Brüssel dpa | – Auf EU-Ebene soll ein sogenanntes Recht auf Reparatur für Verbraucherinnen und Verbraucher eingeführt werden. Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten einigten sich in der Nacht zu Freitag darauf, dass Hersteller bestimmter Produkte wie Kühlschränke, Staubsauger und Handys diese künftig auf Wunsch reparieren müssen, wie die belgische Ratspräsidentschaft und der Verhandlungsführer des Europaparlaments, René Repasi (SPD), mitteilten.

Es werde erstmals einen Rechtsanspruch auf Reparatur bei sogenannter weißer Ware – darunter fallen vor allem Haushaltsgeräte – und bei typischen Alltagsprodukten wie Smartphones eingeführt, sagte Repasi. Die Regeln sollen auch dem Umweltschutz dienen.

Künftig werde es einfacher und günstiger, Produkte reparieren zu lassen, anstatt sie neu zu kaufen. „Wir können es uns nicht mehr leisten, in einer Wegwerfgesellschaft zu leben“, sagte Repasi. 35 Millionen Tonnen Müll produzierten die europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher im Jahr, weil Produkte nicht repariert und durch Neuware ersetzt würden.

Die neuen Vorgaben gelten aber nicht für alle Produkte. So sind den Angaben zufolge manche Waren wie Kopfhörer und Möbel ausgenommen. Ein genauer Rechtstext wird in der Regel einige Wochen nach Einigung der Unterhändler veröffentlicht. Das Parlament und die EU-Staaten müssen dem Kompromiss noch zustimmen. In den meisten Fällen ist das reine Formsache.

3 Millionen Tonnen Abfall sollen gespart werden

Die Kommission argumentierte bei der Vorstellung des Vorhabens, weniger weggeworfene Produkte würden sowohl weniger Abfall als auch weniger Ressourcenverbrauch bei der Herstellung bedeuten. Somit entstünden auch weniger Treibhausgasemissionen. Auf Grundlage ihres Vorschlags schätzte die Kommission, dass im Verlauf von 15 Jahren 18,5 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen sowie 1,8 Millionen Tonnen Ressourcen eingespart werden und 3 Millionen Tonnen Abfall weniger anfallen.

Die Vorsitzende des Binnenmarktausschusses des EU-Parlaments, Anna Cavazzini, bezeichnete das Verhandlungsergebnis als Durchbruch für den Verbraucherschutz. „Reparatur wird einfacher und erschwinglicher, indem der Zugang zu Ersatzteilen zu einem angemessenen Preis und zu Reparaturanleitungen der Hersteller auch für kleine Repair- Shops um die Ecke und Tüftlerinnen in ihren Garagen garantiert wird“, sagte die Grünen-Politikerin.

Grundlage der Einigung ist ein Vorschlag, den die EU-Kommission vor knapp einem Jahr vorgelegt hatte. Das EU-Parlament tritt nach eigenen Angaben bereits seit mehr als zehn Jahren für ein Recht auf Reparatur ein. Im April 2022 erhöhte das Parlament den Druck und stimmte mit großer Mehrheit dafür, dass Produkte so gestaltet werden, dass sie länger halten, sicher repariert werden können und ihre Teile leicht zugänglich und ausbaubar sind.

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13 Kommentare

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  • Wenn die EU mit ihrer Regelungswut so weiter macht, werden Produkte vom Endkunden immer stärker direkt aus Fernost bestellt und geliefert. Ein "reparierbares" Handy klingt zwar theoretisch ganz nett, wird sich in der Praxis jedoch nicht durchsetzen. Und spätestens bei den Arbeitskosten ist dann wohl Schluss.

    • @DiMa:

      Ja klar, so kann man das auch angehen. Es bringt ja doch nichts. Warum soll ICH Strom sparen, wenn die anderen es nicht machen? Sehr verantwortungsbewusst.... Komisch nur, dass überall (!!) Repaircafes nur so brummen.

      • @Perkele:

        Sie wollen Ihre Waschmaschiene in ein Repair-Cafe bringen. Letztes Jahr haben wir unsere Nähmaschine zur Reparatur gebracht. Arbeitsaufwand Euro 190, Materialkosten 10 (davon 5 Euro Versand).

        Das wird in der Breite nix werden.

        • @DiMa:

          Wenn (!) guter Wille vorhanden ist, dann klappt das auch. Das Repair-System ist ausbaufähig. Wir hier in unserer Kleinstadt haben damit angefangen, ehernamtliche Monteure zu defekten Waschmaschinen zu schicken. Und noch was: allein ichbezogenes wirtschaftliches Kalkül ist gesellschaftsschädlich. So einfach ist das. Man muss sich nur vom eigenen Vorteil UM JEDEN PREIS zu trennen wissen. Aber dazu gehört eine Portion Einsicht...

          • @Perkele:

            "ehrenamtliche Monteure" sind ja ganz wunderbar. Hier in Berlin finden die Meister keinen Nachwuchs mehr und müssen Aufträge ablehnen. Ehrenamtlich geht in dem Bereich mal nix.

  • Ist der Mann auf dem Bild nicht der Komiker und Alleinunterhalter Fips Asmussen ?

    • @Bolzkopf:

      Ich tippe mal auf Kurt Schmittchen

  • Blanker Unsinn, einfach mal die Waschmaschine an den Hersteller zur Reparatur senden, ich freu mich auf die Versand und Reparaturkosten.



    Wer wollte findet schon jetzt für alles reparable einen Betrieb der das auch macht, der Hersteller mit Reparaturen wird wohl meist über dem Neupreis liegen.

    • @Grandpa:

      Eher jein, Betriebe gibt es schon noch, die haben aber kaum Zeit sich das Gerät vor Ort anzuschauen und dann wird es für Leute, die nicht die Möglichkeit haben, das Großgerät zum nachsehen vorbei zu bringen, teuer.

  • Einfacher zu reparierende Geräte sind immer zu begrüßen.



    Ich habe unserer Waschmaschine zusätzlich zu ihrem dritten frischen Satz Motorkohlen neue Stoßdämpfer, 1 Dose Weiß und eine Komplettreinigung aller Innereien gegönnt. Neues Gerät bestellen, liefern lassen, alte weg - wäre alles kein Ding und ich musste mich zwingen, nicht schwach zu werden.

    Materialkosten: 40€ inkl. MwSt



    Arbeitskosten: so oder so, unbezahlbar

    • @Hoagie:

      Reparieren hat genau diesen Vorteil:



      Es verdient nicht irgendeine anonyme Kapitalgesellschaft dadurch, dass unter menschen- und umweltverachtenden Bedingungen Güter produziert werden.



      Sondern es verdient jener, der die Arbeitskraft aufwändet.



      Die Wertschöpfung ist also eine ganz andere: Quantitativ und Qualitativ.

      Darum versucht die erzeugende Industrie ja auch alles, alles erdenkliche, um Reparaturen zu verhindern.

      Das reicht ja mittlerweile bis tief hinein in das Luxusuhrensegment wo selbst gestandene Uhrmachermeister einfach keine Ersatzteile geliefert bekommen und das ganze Werk in die Schweiz schicken müssen.

      Eine unsägliche Schande und ein extrem deutliches Armutszeugnis für unsere Politik !

      Die können nämlich offenbar nicht nur keine Politik sondern seit Jahrzehnten auch nicht rechnen.



      Oder sie dürfen nicht ...

      • @Bolzkopf:

        Es gibt ja jetzt schon viele Dienstleister, die für die Großen Marken Reparaturen abwickeln. Das meiste über den Postweg... ^^