Europa, die USA und der Krieg: Ja zur Atombombe
Wenn Trump wieder US-Präsident wird, könnte er Nato-Partner hängen lassen. Europa muss deshalb eigene Außenpolitik betreiben.
N iemand wünscht sich Atomwaffen. Es wäre schöner, in einer Welt zu leben, in der es keine nukleare Bedrohung gibt. Aber leider sind Atombomben überreichlich vorhanden – und zum Teil auf Europa gerichtet. Im Ukraine-Krieg hat der russische Präsident Putin zeitweise täglich gedroht, seine Atombomben einzusetzen.
Das musste man nicht ernst nehmen, so lange klar war, dass die USA hinter ihren Nato-Partnern stehen. Aber diese Sicherheit gibt es nicht mehr, seit der republikanische Ex-Präsident Trump bei einem Wahlkampfauftritt Russland eingeladen hat, alle Nato-Länder anzugreifen, die nicht 2 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung in die Verteidigung stecken.
Es ist kein Trost, dass Trump Ähnliches schon in seiner Zeit als US-Präsident gesagt hat. Seither hat sich die Welt dramatisch verändert. Russland hat die Ukraine angegriffen – und die westliche Hilfe für Kyjiw stockt, weil die Republikaner monatelang im US-Kongress blockiert haben. Das gibt einen Vorgeschmack auf den Worst Case. Europa muss sich auf Vereinigte Staaten einstellen, die innenpolitisch so gelähmt sind, dass das Land außenpolitisch nicht mehr rational agieren kann. Für die USA müsste es eigentlich ein zentrales Anliegen sein, dass Putin in der Ukraine erfolglos ist – damit sich der chinesische Diktator Xi Jin Ping nicht ermutigt fühlt, Taiwan anzugreifen. Aber kurzsichtige Wahlkampfinteressen von Trump dominieren.
Wenn Europa die USA nicht mehr an seiner Seite hat, ist es maximal erpressbar – eben weil es kaum Atomwaffen besitzt. Das könnte Putin sofort ausnutzen. Also muss Europa nun darüber nachdenken, wie es zu einer atomaren Streitmacht wird.
Atomwaffen sind paradoxe Waffen. Man hat sie, damit es nicht zu einem Atomkrieg kommt. Sie dienen der Abschreckung und werden daher auch „politische Waffen“ genannt. Leider sind die Zeiten vorbei, in denen sich Europa auf die US-Politik verlassen konnte. Es muss jetzt selbst Außenpolitik betreiben. Und dazu gehören Atomwaffen, wenn man es mit einer feindlichen Nuklearmacht wie Russland zu tun hat. So bedauerlich das ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen