Zeitenwende im Außenhandel: Chinas Vorsprung schrumpft
Deutschlands Handel mit China ging 2023 um mehr als 15 Prozent zurück. Nun wird ein anderer Partner immer wichtiger.
Man sehe in den Handelszahlen mit China bereits die geoökonomischen Verschiebungen infolge der viel beschworenen „Zeitenwende“, sagt der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien. Angesichts eines möglichen Konflikts über Taiwan und einer Konfrontation zwischen den USA und China diversifizierten deutsche Unternehmen ihre Lieferketten und beschaffen weniger in China.
So brach insbesondere der Wert der aus China importierten Waren ein. Belief er sich 2022 noch auf knapp 193 Milliarden Euro, so waren es vergangenes Jahr nur noch 155,7 Milliarden Euro – ein Minus von fast 20 Prozent. Gleichzeitig gingen auch die Exporte nach China zurück. Da das Land derzeit schwächelt und chinesische Firmen verstärkt auf Eigenproduktion setzen, sank der Wert der Exporte um 8,8 Prozent auf 97,3 Milliarden Euro. Zusammen ergab das ein deutsch-chinesisches Handelsvolumen von 253,1 Milliarden Euro.
Die USA zogen mit China also nicht gleich, weil sie aufholten, sondern nur weil China zurückfiel. So stieg das Handelsvolumen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten nur leicht um 1,1 Prozent auf 252,3 Milliarden Euro. Und dabei sind die USA vor allem als Absatzmarkt wichtig. Seit 2015 sind sie der größte Abnehmer von Waren Made in Germany. So belief sich 2023 der Wert der Exporte in die USA auf 157,9 Milliarden Euro.
Insgesamt ist der deutsche Exportüberschuss 2023 auf 209,6 Milliarden Euro gestiegen. Das liegt aber nicht daran, dass deutsche Firmen mehr Waren exportierten. Im Gegenteil. Die Ausfuhren gingen sogar zurück. Nur gingen die Importe noch schneller zurück, weshalb unterm Strich ein höherer Überschuss blieb. Und auch dieses Jahr dürften die Exporte laut dem Konjunkturexperten Dullien nicht spürbar zum Wachstum beitragen. Er warnt, dass die Unsicherheit über die Energiepreise zu einer allmählichen Verlagerung mancher Produktionen in andere Länder führen werde und China sich weiter von den westlichen Industrieländern abkoppeln dürfte.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen