Polizei will Fotos von „Tag-X“-Demo: Hausdurchsuchung bei Fotografen
Die Leipziger Staatsanwaltschaft ermittelt zum „Tag X“ im Juni im Leipzig. Für mögliche Beweise durchsucht sie die Wohnung eines jungen Fotografen.
Die sächsische Polizei braucht Beweismaterial. Ohne Vorwarnung steht sie deshalb Dienstag mit einer Staatsanwältin und einem Durchsuchungsbefehl vor der Tür eines jungen Fotografen in Halle. Er soll als Zeuge Aufnahmen aushändigen, die er zu den Ausschreitungen am „Tag X“ in Leipzig am 3. Juni gemacht hat. Als der 19-Jährige sich weigerte, kam es zu einer Durchsuchung, bei der nach Angaben des Betroffenen mehrere Speichermedien beschlagnahmt wurden.
Der Fotograf gab an, dass er vor der Durchsuchung nicht als Zeuge geladen oder auf andere Weise von der Staatsanwaltschaft kontaktiert worden war. Zudem soll den Beamten nicht bewusst gewesen sein, dass er an dem Tag als Pressefotograf gearbeitet hat und Mitglied der Jugendpresse in Sachsen-Anhalt und des Leipziger Autorenkollektivs LZO ist.
Seit Ende Oktober sucht die Polizei die Person, die am 3. Juni einen Brandsatz geworfen haben soll. Sie ermitteln wegen versuchten Mordes.
Beweissuche zum „Tag X“-Wochenende
Dafür benötigen sie Aufnahmen vom Alexis-Schuhmann-Platz, auf dem am 3. Juni Polizist*innen mit Steinen, Flaschen und laut Staatsanwaltschaft auch einem Brandsatz beworfen wurden und die Polizei über 1.000 Demonstrierende, darunter auch Minderjährige, bis zu elf Stunden einkesselte.
Die eskalierte Demo zur Versammlungsfreiheit hatte zahlreiche Lina-E.-Unterstützer*innen angezogen. Anlässlich eines Tags X nach der Verurteilung der Gruppe um Lina E. hatten Autonome in Leipzig demonstrieren wollen. Doch wegen erwarteter Ausschreitungen hatte die Stadt die Demonstration verboten.
Die Staatsanwaltschaft bestätigt auf Anfrage der taz die Durchsuchung sowie ihren Zusammenhang mit den Ermittlungen der Ausschreitungen am Tag X. Zum Verlauf und den Hintergründen will die Staatsanwaltschaft keine weiteren Auskünfte geben.
Journalisten keine Ermittler
Bereits nach dem Protestwochenende im Juni versuchte die Polizei, Aufnahmen zu erhalten und verschickte Anfragen an Fotografen. Doch bei Ermittlungen zu helfen, sei nicht die Aufgabe von Journalisten, sagt der Deutsche Journalisten-Verband, weshalb er davon abrät, auf solche Polizeianfragen zu reagieren.
Früher schon griff die Polizei zu ähnlichen Maßnahmen, wie beim jungen Hallenser. Im Anschluss an die antikapitalistischen „M31“-Proteste 2012 in Frankfurt am Main, wo es auch Randale gab, kam es zu diversen Hausdurchsuchungen von Fotojournalist*innen. Einige von ihnen arbeiteten auch für die taz. Später erklärte die Staatsanwaltschaft das journalistische Material als nicht verwertbar für das Ermittlungsverfahren.
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