Barrieren im Studium: Hohe Belastung, wenig Beratung
Vor allem psychische Erkrankungen nehmen unter Studierenden zu, zeigt eine neue Studie. Die Hochschulen sind darauf schlecht vorbereitet.
Allen voran die hohe Arbeitsbelastung mache vielen Studierenden mit Einschränkungen zu schaffen, sagte die wissenschaftliche Geschäftsführerin des DZHW, Monika Jungbauer-Gans: „Drei Viertel der Befragten haben Probleme mit dem Leistungspensum in ihrem Studium, mehr als die Hälfte auch bei den Selbstlernphasen oder der Prüfungsdichte“, so Jungbauer-Gans. Aus diesem Grund würden die Betroffenen häufiger ihr Studium unterbrechen als Studierende ohne Einschränkung, auch dächten sie häufiger über einen Abbruch ihres Studiums nach.
Für den mittlerweile dritten Bericht „Studieren mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung“, kurz „best3“, wurden im Jahr 2021 rund 188.000 Studierende befragt. Etwa 30.000 gaben Beeinträchtigungen an. Zuvor wurde die Befragung, die aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert wird, in den Jahren 2011 und 2016 durchgeführt. Auffällig ist, dass der Anteil von Studierenden mit studienerschwerenden Beeinträchtigungen von zunächst 8 Prozent (2011) erst auf 11 (2016) und nun auf 16 Prozent in die Höhe geschnellt ist.
Der Anstieg sei vor allem auf die Zunahme psychischer Erkrankungen und Belastungen zurückzuführen, sagte der DSW-Vorsitzende Matthias Anbuhl. „Vier Pandemiesemester, drei davon reine Lockdownsemester mit sozialer Isolation, haben bei einem Teil der Studierenden deutliche Spuren hinterlassen“, so Anbuhl. Dies meldeten auch die psychosozialen Beratungsstellen. Studierende kämen heute deutlich häufiger als früher mit Ängsten, Zweifeln, depressiven Verstimmungen oder Suizidgedanken zu ihnen. Die Wartezeiten für Beratung hätten sich „vervielfacht“. Anbuhl forderte Bund und Länder auf, dringend die psychosoziale wie auch die Inklusionsberatung an Hochschulen und Studierendenwerken auszubauen.
Zu wenig Beratung, viele Barrieren
Das lückenhafte Beratungsangebot ist eine der vielen Barrieren, die Studierende mit Beeinträchtigungen laut der Studie hinnehmen müssen. So gehörten beispielsweise bauliche oder sprachliche Hürden nach wie vor zum Studienalltag, so Mareike Beuße, die Projektleiterin der Befragung. Dazu passe, dass drei von vier Befragten über Diskriminierungserfahrungen an der Hochschule berichten.
Am häufigsten gaben hier die Befragten an, dass ihre Leistungsfähigkeit in Frage gestellt oder erbrachte Leistungen schlechter bewertet worden seien. Dass nur jeder Fünfte einen Antrag auf einen Nachteilsausgleich stellt, überrascht Beuße dabei nicht. „Nur ein Drittel der Studierenden glauben, dass die Lehrenden hier Verständnis zeigen.“ Die Hochschulen könnten auf diese Situation schnell reagieren, indem sie ihr Lehrpersonal entsprechend sensibilisieren, so Beuße.
Auch das Deutsche Studierendenwerk mahnt stärkere Anstrengungen vonseiten der Hochschulen an. So hätte sich nur eine „zweistellige Zahl“ von Hochschulen einen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention gegeben. Laut einer Liste der Informations- und Beratungsstelle Studium und Behinderung sind es exakt 26 Hochschulen mit solchen Aktionsplänen. Angesichts von rund 400 Hochschulen bundesweit sieht DSW-Vorsitzender Anbuhl viel „Luft nach oben“.
Mit Blick auf die besonders schwierige finanzielle Situation von beeinträchtigten Studierenden forderte Anbuhl die Bundesregierung auf, die lange versprochenen Strukturreformen beim Bafög anzugehen. So würden Studierende mit Beeinträchtigungen besonders davon profitieren, wenn der Fachwechsel vereinfacht und Bafög auch über die Regelstudienzeit hinaus bezahlt würde. Wegen der vielen Barrieren an Hochschulen studieren viele von ihnen de facto nur in Teilzeit.
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