Recycling von Kühlschränken: Klimakiller in der Küche
Beim Recycling von Geräten wie Kühlschränken, die FCKW und F-Gase enthalten, wird gepfuscht. Das ist schlecht für das Klima und die Ozonschicht.
Um die Vorschrift umzusetzen, sind Daten über eingesammelte Geräte und zurückgewonnene Schadstoffmengen unerlässlich. Genau daran aber mangelt es. Die DUH hat auf Grundlage des Umweltinformationsgesetzes bei den zuständigen Stellen nachgefragt und herausgefunden, dass die Bundesländer ihrer Pflicht nur äußerst unzureichend nachkommen. Lediglich Hamburg hat einen Überblick, in welche der 24 Recyclinganlagen die alten Kühlschränke der Hanseat*innen transportiert werden. Oft stieß die DUH außerdem auf völlig unplausible Angaben: So sollen mancherorts viel mehr Kühl- und Treibmittel zurückgewonnen worden sein, als hineingegangen sind.
Verantwortlich für Transport und Recycling der Altgeräte sind die Hersteller – und die wollen es natürlich möglichst billig haben. Problematisch ist auch, dass die beauftragten Recyclingbetriebe und nicht die Behörden entscheiden, welche Institute die Schadstoffmessungen durchführen. Wie immer in solchen Fällen besteht die Gefahr, dass die Dienstleister nicht genau hingucken – denn wer meckert, riskiert den nächsten Auftrag. Die DUH fordert deshalb eine Verschärfung der Gesetzeslage. Bisher regelt eine Verwaltungsvorschrift das Vorgehen und erlaubt, dass Behörden auf lokaler Ebene jederzeit Ausnahmeregelungen treffen können. „Es braucht eine fundierte Datenerfassung, unangekündigte Kontrollen und unabhängige Nachmessungen durch die Behörden“, fasst Hoffmann zusammen.
Die heute in Deutschland verkauften Kühlschränke enthalten fast alle das Kühlmittel Isobutan, das als R-600a bezeichnet wird, so das Umweltbundesamt. Ein solcherart betriebenes Gerät hatte Greenpeace bereits vor 30 Jahren zusammen mit der ostdeutschen Firma DKK Scharfenstein – später Foron – als Prototyp entwickelt. Dessen Kühlmittel schädigt weder die Ozonschicht noch das Klima.
Lobbyisten wetterten gegen neue Technik
Doch Lobbyisten der etablierten Industrie wetterten damals gegen die neue Technik und behaupteten, das neue Kühlmittel könnte Brände verursachen. Kurz zuvor hatten die Platzhirsche der Branche Patente für verschiedene F-Gase als Ersatz für FCKW angemeldet, sie verteidigten ihr Geschäftsfeld gegen die neue Konkurrenz. Zwar hat sich die Greenpeace-Technik bei Kühlschränken schließlich durchgesetzt – doch bis dahin wurden noch viele Geräte mit FCKW-Ersatzstoffen verkauft, die jetzt in den Recyclinganlagen landen.
Die Politik suchte angesichts des Ozonlochs nach raschen Lösungen. Dass der Ersatzstoff der Industrie 3-000-mal so klimaschädlich ist wie CO2, wurde damals ignoriert. Erst seit etwa zehn Jahren ist das Schadstoffpotenzial von F-Gasen ein breiter diskutiertes Thema.
So ist die Politik ein ewiger Reparaturbetrieb. Anfang kommenden Jahres will die EU endlich die Vorschriften für den Einsatz von F-Gasen verschärfen, die für Klimaanlagen, Brandschutzmittel, Schaumstoffe oder Wärmepumpen entwickelt wurden und zum Teil sogar 10.000- bis 25.000-mal so stark zur Erderwärmung beitragen wie CO. Die EU geht davon aus, dass etwa 2,5 Prozent der Treibhausgase aus fluorierten Stoffen stammen.
Wo es bereits technische Alternativen gibt, sind sie künftig verboten. So müssen Haushaltskühlschränke ab 2026 F-Gas-frei sein. Auch in Betrieben gibt es bald keine damit ausgestatteten Kühl-, Gefrierschränke oder Eismaschinen mehr. Vergeblich hatte das Kältebauerhandwerk versucht, den Prozess zu verlangsamen. Doch in vielen anderen Bereichen gelang es der Industrie, diese Änderungen zu verzögern.
„Leider war die Sache mit dem Kühlschrank ein Einzelerfolg. Bei Autoklimaanlagen ist es uns nicht gelungen, fluorfreie Stoffe gegen das technisch überlegene Propan durchzusetzen“, bedauert Klimaexperte Wolfgang Lohbeck, der lange bei Greenpeace für das Thema zuständig war.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
SPD nach Ampel-Aus
It’s soziale Sicherheit, stupid
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will
Einigung zwischen Union und SPD
Vorgezogene Neuwahlen am 23. Februar
Wirbel um Berichterstattung in Amsterdam
Medien zeigen falsches Hetz-Video