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Kohleausstieg in GefahrDatteln 4 bleibt am Netz

Das Bundesverwaltungsgericht gibt den Betreibern des Steinkohlekraftwerks recht. Der vorgezogene Kohleausstieg in NRW könnte gefährdet sein.

Steinkohlekraftwerk Datteln 4 am Dortmund-Ems-Kanal Foto: Rudy Fessel/Pond5/imago

Berlin taz | Im nordrhein-westfälischen Kraftwerk Datteln 4 darf vorerst weiter Steinkohle verbrannt werden. Das folgt aus einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Donnerstag. Die Rich­te­r:in­nen hoben eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster von 2022 auf, das den Bebauungsplan der Stadt Datteln und damit den Bau des Kraftwerks für nicht rechtens erklärt hatte. Nun erklärten die Bun­des­rich­te­r:in­nen aber: „Das OVG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Standortalternativenprüfung für das Kraftwerk im Regionalplan fehlerhaft ist.“ Jetzt muss erneut geprüft werden.

Der Rechtsstreit um das Steinkohlekraftwerk dauert schon 17 Jahre. Anwohner:innen, die Stadt Waltrop und der BUND in NRW sehen nahe Naturschutz- und Wohngebiete mit schädlichen Abgasen belastet und halten die Verbrennung von Kohle aus Klimaschutzgründen ohnehin für nicht mehr zeitgemäß. 2009 hatte das OVG erstmals einen mangelhaften Bebauungsplan festgestellt, weil die Nähe zu Wohngebieten nicht berücksichtigt sei. Trotzdem hielten die Betreiber an Datteln 4 fest. Auch als die Kohlekommission der Bundesregierung 2021 riet, das Kraftwerk vom Netz zu lassen. Und auch 2022, als das OVG den zweiten, neuen Bebauungsplan für nichtig erklärte, weil nicht nach alternativen Standorten gesucht worden sei.

Die Entscheidung kommt für die Energiewende zu einem kritischen Zeitpunkt. Aktuell hängt die Stromversorgung in NRW zu einem nennenswerten Teil an Datteln 4, das Strom liefert, wenn die Erzeugung aus Wind und Sonne nicht ausreicht. Täglich werden fast 8.000 Tonnen Steinkohle verfeuert – und trotz des Brennstoffnutzungsgrads von über 58 Prozent jede Menge CO2-Emissionen produziert.

Das dürfte auch weiter nötig sein, warnte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Donnerstag schon vor dem Urteil. Wenn die Bundesregierung ihre Kraftwerkstrategie nicht schnell voranbringe, könnten die neuen wasserstofffähigen Gaskraftwerke nicht rechtzeitig gebaut werden – und der vorgezogene Kohleausstieg in NRW bis 2030 sei in Gefahr. Das Verfahren bis zum Fertigbau dauert bis zu sechs Jahre. Ohne Strategie keine Ausschreibung, so Wüst. (mit rtr)

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5 Kommentare

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  • "Das dürfte auch weiter nötig sein, warnte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Donnerstag schon vor dem Urteil. Wenn die Bundesregierung ihre Kraftwerkstrategie nicht schnell voranbringe...(...).



    Ohne Strategie keine Ausschreibung, so Wüst."



    -pacta sunt servanda-



    Da steckt noch mehr drin und dahinter, und mit Profit hat es sicher auch zu tun.



    /



    zeit.de als Quelle



    "Deutschland steigt aus der Kohleverstromung aus, lässt aber im Sommer 2020 noch ein neues Steinkohlekraftwerk ans Netz: Datteln 4. Diese Entscheidung der Bundesregierung im sogenannten Kohlekompromiss empört viele Umweltschützerinnen. Heikel ist das nicht nur für den Kraftwerksbetreiber Uniper, sondern auch für einen Konzern, der derzeit versucht, sich als Vorreiter einer ökologischen Verkehrswende zu profilieren: die Deutsche Bahn. Denn der Staatskonzern hatte sich 2007 mehr als 400 Megawatt Leistung des 1.100-Megawatt-Kraftwerks gesichert."



    /



    Der Markt richtet es schon, nach seinen "bewähren" Regeln mit den bekannten Gewinnen und Verlusten.



    /



    taz.de/Hohe-Kosten...nd-Strom/!5965703/



    /



    Die Kund*innen können das daheim nachlesen, an der Rechnung des Energieversorgers auch taxieren und kalkulieren.

  • Ein weiterer Mißerfolg der NRW Regierung.



    Das Wüst die Bundesregierung für die Situation verantwortlich machen will, ist natürlich wohl erprobte CDU Oppositionspolitik.



    Wüst sollte als Ministerpräsident allerdings Verantwortung tragen, was er offenbar nicht möchte.



    Für den Landeshaushalt möchte er auch nicht verantwortlich sein, nach dem durch die CDU angerichteten Bundesverfassungsurteil schrie er als Erster, dass Fördermittel des Bundes gefälligst weiter zu fließen hätten. Dass der landeseigene Haushalt erst mit dem dritten Entwurf durchkam, fällt irgendwie unter den Tisch. Da liegt nun diese Tatsache, neben den landeseigenen Schattenhaushalten.



    Für die Grünen sieht es ganz düster aus: von grüner Politik im Land sind nur homöopathische Dosen vorhanden.



    Ähnlich wie in Schleswig - Holstein darf der schwarz



    grüne Versuch aus Sicht von Umweltfreunden als gescheitert betrachtet werden.



    Wem es genügt, dass Plakate grün und Ministerpöstchen von Parteikadern besetzt sind, kann natürlich weiterhin "frohlocken".

    • @Philippo1000:

      Die Bundesregierung setzt derzeit voll auf die Kohleverstromung. Die Minister Habeck und Özdemir waren doch im März diesen Jahres noch in Kolumbien, um Steinkohle für den erhöhten Bedarf zu beschaffen.

  • Den Bau des Kohlekraftwerkes haben sinerzeit Grüne und SPD genehmigt. Incl. Rodung des Hambacher Forst und Garzweiler 2 mit Abriss von kompletten Dörfern.

    Als dann das OVG Münster die Baugenehmigung wiederief weil zu nah an der Wohnbebebauung gebaut wurde, hat Rot/Grün einfach das NRW Baugesetz abgeändert. Dann wurde weitergebaut.

    • @Martin Sauer:

      Datteln 4 ist ein Steinkohlekraftwerk. Mit dem Braunkohletagebau hat das nichts zu tun.