Antisemitismus in Brandenburg: Israel-Soliaufruf zerstört

Ein evangelischer Pfarrer in Brandenburg drückt seine Solidarität mit der jüdischen Gemeinde aus. Die Aktion wird Opfer eines antisemitischen Angriffs.

Zerstörter Schaukasten neben dem Pfarrhaus in Fürstenwalde in Brandenburg

Der Soli-Aufruf hängt wieder: Zerstörter Schaukasten in Fürstenwalde in Brandenburg Foto: privat

NEUENDORF IM SANDE taz | Der Schock ist Kevin Jessa noch deutlich anzumerken. Am Samstagvormittag entdeckte der Pfarrer des Evangelischen Pfarrsprengels St. Marien-Domgemeinde Fürstenwalde/Spree, dass die Scheibe des Schaukastens neben dem Pfarrhaus mutwillig zerstört und ein Solidaritätsaufruf der Jüdischen Gemeinde zu Berlin entfernt worden war. „Die Stimmung ist aufgeheizt derzeit, aber mit dieser Gewalt hätte ich nicht gerechnet“, sagte Jessa am Sonntag der taz.

Der Aufruf trug den Titel „Wir schützen jüdisches Leben“ und einen Davidstern. Jessa hatte die Soli-Bekundung auch anlässlich des Gedenkens an die Reichpogromnacht am 9. November angebracht. Der Pfarrer hat nun Anzeige bei der zuständigen Polizeidienststelle erstattet und den Fall bei der Fachstelle Antisemitismus in Brandenburg gemeldet.

Nach dem brutalen Angriff der Hamas-Terrormiliz auf Israel am 7. Oktober tauchten in der Brandenburger Kleinstadt Fürstenwalde wie auch in anderen Orten vermehrt antisemitische Parolen auf. Die evangelische Kirche in Fürstenwalde hatte diese wiederholt kommentiert und auch auf das Leid der Zivilbevölkerung im Gazastreifen hingewiesen. „Der Krieg im Nahen Osten sorgt für polarisierte Meinungsbilder“, sagt Jessa. Für ihn kommen die Angriffe auf Jü­d:in­nen in Deutschland einer Retraumatisierung nach der Shoa gleich.

Nachdem er den Vorfall öffentlich machte, bekam Jessa etliche Reaktionen. Auch von Menschen, die die uneingeschränkte Solidarität mit Israel nicht unterstützen. „Wir müssen weitermachen, Dialogbereitschaft zeigen“, sagt Jessa. „Ich lasse mich nicht einschüchtern“. Der Aufruf hängt nun wieder im Schaukasten neben dem Pfarrhaus.

Soli-Demo für Israel in Potsdam

Im brandenburgischen Potsdam fand am Sonntag eine Solidaritätsdemonstration für Israel statt. „In unserer freien, aufgeklärten Gesellschaft sollte ein friedliches, tolerantes, offenes Miteinander selbstverständlich sein, sollten Ausgrenzung, Vorurteile, Hass der Vergangenheit angehören“, sagte die Kulturministerin Manja Schüle (SPD), die an der Veranstaltung teilnahm. Stattdessen seien Antisemitismus und damit einhergehende verbale und physische Ausschreitungen für viele Jü­d:in­nen in Deutschland bittere Realität, nicht nur, aber insbesondere seit dem 7. Oktober 2023.

Am vergangenen Donnerstag fanden bundesweit, auch in Brandenburg, Gedenkveranstaltungen anlässlich des 85. Jahrestags der Reichspogromnacht statt. Der Terrorangriff der Hamas beeinflusste maßgeblich das Gedenken. „Der Erhalt und die Pflege jüdischer Traditionen sind für uns heute mehr denn je Auftrag und Verpflichtung“, sagte der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) anlässlich des Gedenkens.

„Der Angriff der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf Israel zeigt, wie wichtig es ist, sich in aller Entschiedenheit für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus in all seinen Erscheinungsformen stark zu machen.“ Jüdisches Leben und jüdische Traditionen gehörten zu Deutschland.

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