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Menschenrechtsanwalt über Krieg in Gaza„Nur in den Grenzen des Rechts“

Wolfgang Kaleck fordert den internationalen Strafgerichtshof auf, gegen Israel und Hamas zu ermitteln. Er erinnert an Fehler nach dem 11. September.

Keine klare Lage: Nach einem israelischen Luftschlag steigt in Gaza-Stadt Rauch auf Foto: Mohammed Al-Masri/reuters
Daniel Bax
Interview von Daniel Bax

taz: Herr Kaleck, in Gaza herrscht seit fünf Wochen Krieg, und sowohl Israels Armee als auch der Hamas werden Kriegsverbrechen vorgeworfen. Sollte der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag diesen Vorwürfen nachgehen?

Wolfgang Kaleck: Das fordern zahlreiche hochrangige Juristen weltweit, und wir schließen uns dieser Forderung an.

Was würde das bringen?

imago
Im Interview: Wolfgang Kaleck

Gründete 2007 mit anderen internationalen An­wäl­t:in­nen das European Center for Constitutional and Human Rights in Berlin, dessen Generalsekretär er ist.

Strafjustiz ist immer reaktiv, kommt zu spät und kann meist nur einen Teil der Vorwürfe aufarbeiten. Nichtsdestotrotz ist es sehr wichtig, ihnen schon früh nachzugehen. Das hilft, die Debatte zu versachlichen, und macht klar, dass es auch in bewaffneten Konflikten Grenzen gibt. Wenn internationale Instanzen das feststellen und Strafverfahren einleiten, dann kann das einen eindämmenden oder sogar präventiven Effekt haben.

Welche Befugnisse hat der Gerichtshof im konkreten Fall?

Die Palästinensische Autonomiebehörde hat sich 2015 seiner Gerichtsbarkeit unterworfen, und eine Kammer des Gerichts hat 2021 festgestellt, dass er Völkerstraftaten in Palästina von allen Parteien sowie solche von palästinensischen Tätern in Israel verfolgen kann. Seitdem hätte sein aktueller Chefankläger Karim Khan die Möglichkeit, umfassend zu ermitteln. Bisher ist das aber nicht passiert.

Warum nicht?

Das hat unter anderem mit fehlenden Ressourcen und Priorisierung zu tun hat. Ohne sie kann in einem so komplexen Feld nicht auf professionellem Niveau ermittelt werden.

Nach Russlands Angriff auf die Ukraine wurde schnell reagiert, und dem Gerichtshof wurden rasch entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt. Jetzt nicht?

Nein. Aber wenn der Strafgerichtshof nur aktiv wird, wenn der Westen dahintersteht und das finanziell unterstützt, untergräbt das seine Glaubwürdigkeit. Er muss Straftaten, die unter sein Statut fallen, nachgehen – unabhängig davon, ob die Verdächtigen einem westlichen oder mit diesem befreundeten Staat angehören oder nicht. Viele Teile der Welt werfen Institutionen wie dem Gerichtshof Doppelstandards vor. Deswegen ist es so wichtig, auf universelle Prinzipien zu bestehen, auch gegen nichtstaatliche Akteure. Und das bedeutet nicht, Unterschiede zwischen einzelnen Fällen zu leugnen.

Deutschland hat sich enthalten, als in den UN über eine „humanitäre Waffenruhe“ abgestimmt wurde. Die Bundesregierung wollte das Recht Israels auf Selbstverteidigung nicht infrage stellen. Können Sie das nachvollziehen?

Ich will das nicht kommentieren. Aber jede kriegführende Partei muss sich innerhalb der Grenzen des geltenden Rechts bewegen – genau wie jede Polizeibehörde, auch wenn es um schlimme Verbrechen geht. Es ist traurig, so eine Selbstverständlichkeit zu betonen, aber das kommt mir im Moment deutlich zu kurz.

Ich fühle mich an die Zeit nach den Attacken vom 11. September 2001 erinnert Damals haben Deutschland und die Nato den USA ihre vorbehaltlose Unterstützung zugesichert. Später zeigte sich, dass damit auch systematischer Folter und anderen Kriegsverbrechen Vorschub geleistet wurde. Deshalb ist es falsch, einem Bündnispartner einen Freibrief auszustellen – insbesondere wenn diesem bereits früher Menschenrechtsverletzungen nachgewiesen wurden. Deutschland kann Israel ja unterstützen. Aber auf eine entmenschlichende Kriegsrhetorik und eine so große Zahl getöteter Zivilisten muss man reagieren. Es ängstigt mich, dass das kaum passiert.

Frankreichs Präsident Macron hat kritisiert, Israel würde die Zivilbevölkerung in Gaza nicht ausreichend schützen. Wünschen Sie sich von der Bundesregierung ähnliche klare Worte?

Ja, denn es geht dabei auch um die Zukunft unseres internationalen Regelwerks. Wie sollen wir denn die globalen Krisen der Zukunft meistern, wenn man zeigt, dass diese internationalen Institutionen, die man mit geschaffen hat und mitfinanziert, nur den eigenen Interessen dienen? Damit droht uns alles unter den Fingern zu zerbröseln.

Massaker an Zivilisten und Geiselnahmen, wie sie die Hamas begangen hat, sind auch Kriegsverbrechen. Wie kann man sie ahnden?

Diese Frage hat sich auch nach den Anschlägen vom 11. September gestellt. Damals haben die USA gar nicht erst versucht, Osama bin Laden und seine Leute einer Strafverfolgung zuzuführen, sondern wollten sie von Anfang an töten und ihre Infrastruktur zerstören. Dabei hätte man sie vor Gericht stellen sollen.

Die USA und ihre Verbündeten mussten sich nie in Den Haag für Kriegsverbrechen in Afghanistan und im Irak verantworten. War das ein Fehler?

Zur Zeit von 9/11 gehörten weder Afghanistan noch Pakistan noch die USA zu den Unterzeichnerstaaten des Strafgerichtshofs. Es hätte dafür einer Resolution des UN-Sicherheitsrats bedurft, aber dagegen hätten die USA ihr Veto eingelegt. Später ist Afghanistan dem Strafgerichtshof beigetreten. Man hätte da also zumindest die Foltervorwürfe gegen die USA und Anschläge der Taliban untersuchen können, aber auch insoweit ist zu wenig passiert. Und es hätte die Möglichkeit gegeben, das vor den Gerichten von Drittstaaten zu verfolgen – genau das haben wir hier in Europa ja versucht, mit Anklagen in Deutschland, in Spanien, in Frankreich und in Belgien. Damit haben wir deutlich gemacht, dass auch Großmächte wie die USA dem Recht verpflichtet sein müssen, und der Europäische Gerichtshofs für Menschenrechte hat Urteile gegen europäischen Mittäter gefällt.

Was kann Israel tun, um Zivilisten zu schützen, wenn die Hamas Zivilisten als Schutzschild benutzt oder Waffen in Krankenhäusern oder Schulen lagert?

Zunächst ist die Ausnutzung von Zivilisten in derartiger Weise ein Kriegsverbrechen. Aber solche Taten der einen Seite erlauben keine Verstöße von der anderen Seite. Es gibt keine Gleichheit im Unrecht.

Hätte Israel auf den Großangriff der Hamas anders reagieren sollen?

Ich bin kein Politiker und kein Militärstratege. Ich stelle nur fest, dass infolge der von Israel gewählten Strategie in unverhältnismäßigem Maße Zivilisten getötet werden. Damit sind die Grenzen des Rechts vermutlich überschritten – und das muss dazu führen, dass diese Sachverhalte sorgfältig und umfassend untersucht werden.

Karim Khan hat Ende Oktober Israel und die Hamas davor gewarnt, gegen das V ö lkerrecht zu verstoßen. Ermittelt er schon?

Ich kenne seine Untersuchungsstrategie nicht, und möglicherweise wird er sich bald dazu äußern. Aber wir fordern, dass konkrete Schritte erfolgen müssen. Er könnte sofort tätig werden, und das erwarten wir auch.

Was hindert ihn?

Das müssen sie ihn fragen. Das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs gibt dem Chefankläger relativ große Freiheiten. Es war eine bewusste Entscheidung, es nicht dem UN-Sicherheitsrat zu überlassen, wann und wie ermittelt wird, sondern dem Chefankläger selbst. Die Ressourcen der Anklagebehörde sind allerdings begrenzt, deshalb muss er Prioritäten setzen. Das entspricht oft den Interessen der Hauptgeldgeber und Hauptunterstützer des Gerichtshofs. Und das ist ein Problem.

Die ersten Strafverfahren und Verurteilungen des Gerichtshofs richteten sich gegen Täter in Afrika. Das ließ sich anfangs gut begründen. Aber inzwischen besteht die Gefahr, dass der Gerichtshof unglaubwürdig wird. Zu viele Verfahren wurden über Jahrzehnte verschleppt und eingestellt. Man darf Putin, Erdoğan oder China nicht erlauben, den Vorwurf von Doppelstandards zu erheben.

Seit März 2021 geht der Gerichtshof bereits Vorwürfen aus dem letzten Gaza-Krieg von 2014 nach. Kann er Geschehnisse aus dem aktuellen Krieges einbeziehen?

Es könnte zunächst ohne Weiteres wegen der bereits erhobenen Vorwürfe ermittelt werden. Hoffentlich macht er das schon. Die Frage ist aber: Mit welchen Ressourcen? Dann könnte er jetzt Beweise bezüglich des aktuellen Konflikts sichern. Das ist inmitten eines Konflikts extrem schwierig. Aber was getan werden kann, sollte getan werden: Zeugenaussagen dokumentieren, Luftaufnahmen auswerten, solche Dinge.

Israel verstößt auch mit dem Bau von Siedlungen im Westjordanland gegen das Völkerrecht. Wird da auch ermittelt?

Ja, aber auch da ist noch nicht besonders viel passiert. Es wäre wichtig, dass sich der Internationale Strafgerichtshof dazu mit seiner Autorität äußert, ob Israel Völkerstraftaten begangen hat oder nicht. Das hätte im Übrigen auch Konsequenzen für europäische Unternehme,n die am Siedlungsbau beteiligt sind.

Angesichts der Dramatik dessen, was gerade in Gaza passiert, geht die Situation im Westjordanland in der Berichterstattung fast unter. Aber ist einfach schwer hinnehmbar, was sich da seit Jahren abspielt – dass israelische Siedler teilweise Jagd auf Palästinenser machen und israelischen Soldaten sie dabei schützen.

Angesichts der Rhetorik mancher israelischer Politiker warnen manche Stimmen sogar vor einem Genozid in Gaza. Ist das berechtigt?

Ich teile diese rechtliche Bewertung nicht. Dahinter steckt im Übrigen die Vorstellung, es gäbe eine Art Hierarchie der Verbrechen, und an der Spitze steht der Genozid. Ich möchte mich nicht an so einem Ranking beteiligen. Wichtiger ist, Völkerstraftaten überhaupt juristisch zu verfolgen.

Angeh ö rige von Opfern des Großangriffs der Hamas haben sich an den Gerichtshof gewandt und fordern, deren Verbrechen zu verfolgen. Auch Reporter ohne Grenzen fordert Ermittlungen, weil in diesem Krieg bereits über 36 Journalisten getötet wurden – so viele wie seit 30 Jahren in keinem Konflikt. Hat das einen Effekt?

Die Hürde, sich an den Gerichtshof zu wenden, ist niedrig. Aber wenn renommierte Institutionen das tun, dann wird das sicherlich zur Kenntnis genommen. Und dass sich Angehörige von israelischen Opfern an den Strafgerichtshof gewandt haben ist wichtig, weil der Staat Israel dessen Legitimation und Jurisdiktion infrage stellt. Zivilgesellschaftlichen Akteure können einiges in Bewegung setzen. Die Aufarbeitung von Völkerstraftaten ist nicht nur Angelegenheit von Staaten.

Vor 75 Jahren wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedet. Wo stehen wir heute: Hat das Recht des Stärkeren gesiegt?

Das wird die Geschichte zeigen. Aber noch während die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedet wurde, haben die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges Frankreich und Großbritannien schlimmste Menschenrechtsverletzungen bei der Bekämpfung von Unabhängigkeitsbewegungen in ihren damaligen Kolonien begangen und auch die Verabschiedung des Sozialpakts und des Zivilrechtspakts bis 1966 verzögert. Wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, dass sich rechtliche Normen nicht automatisch in die Realität umsetzen. Dazu braucht es immer Akteure, die für die Menschenrechte kämpfen.

In den vergangenen 25 Jahren hat sich weltweit eine wachsende und lebendige Menschenrechtsszene herausgebildet – nicht nur in den USA oder Europa, sondern auch im Globalen Süden. Und es gibt auch hier Fortschritte, etwa die Prozesse vor deutschen Gerichten gegen Taten, die in Syrien oder Gambia begangen wurden, oder auch das Lieferkettengesetz. Ohne die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und die nachfolgenden Konventionen und Pakte wären diese Fortschritte nicht denkbar gewesen wären.

Sie sehen keinen Rückschritt?

Das Gefühl, dass alles immer schlimmer wird, hat auch etwas mit unserer medialen Wahrnehmung der Welt zu tun. Die Kommunikation ist unglaublich schnell geworden, und wir werden quasi in Echtzeit über Menschenrechtsverletzungen informiert. Wenn man jeden Tag diese Bilder sieht, das kann man emotional und erst recht nicht rational verarbeiten. Aber es war nie nur schön auf dieser Welt, und schon gar nicht für alle. Allerdings bin ich überzeugt, dass es auf der Welt schlimmer aussähe, wenn es die Menschenrechte nicht gäbe.

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13 Kommentare

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  • "Ich bin (...) kein Militärstratege. Ich stelle nur fest, dass infolge der von Israel gewählten Strategie in unverhältnismäßigem Maße Zivilisten getötet werden."

    Wenn er kein Militärstratege ist, wie kann er dann feststellen, dass unverhältnismäßig viele Zivilsten umkommen? Denn das würde ja wohl voraussetzen, dass es ein Vorgehen gibt, bei dem weniger Opfer zu beklagen wären.

    Außerdem ist die Quote Zivilisten / Kämpfer gar nicht bekannt.

    Welche Anzahl oder Quote wäre denn verhältnismäßig?

  • "Seitdem hätte sein aktueller Chefankläger Karim Khan die Möglichkeit, umfassend zu ermitteln. Bisher ist das aber nicht passiert."

    Falsch:



    en.wikipedia.org/w...ation_in_Palestine

  • "Zunächst ist die Ausnutzung von Zivilisten in derartiger Weise ein Kriegsverbrechen. Aber solche Taten der einen Seite erlauben keine Verstöße von der anderen Seite. Es gibt keine Gleichheit im Unrecht"



    Diese Aussage ist unvollständig. Das HVR kennt den Begriff des Kollateralschaden für zivile Opfer, die aufgrund der Bekämpfung militärischer Ziele betroffen sind. Militärische Ziele sind im Gazastreifen alles was direkt oder indirekt für militärische/terroristische Zwecke genutzt wird. So grausam dies auch sein mag, es ist Teil des Internationalen Rechts und die Verantwortung liegt einzig bei Hamas.

    • @Klaus Kuckuck:

      Das stimmt so nicht. Zum einen gibt es den Begriff "Kollateralschaden" im HVR nicht und zum anderen ist es nicht per se erlaubt jedes militärische Ziel ohne jede Rücksicht auf zivile Opfer anzugreifen.

      • @knurps:

        Sie haben Recht. "incidental losses" lässt sich wohl nur bei freier Übersetzung als Kollateralschaden übersetzen. Verwenden wir also besser den Begriff "zufällige Verluste". Ändert dem Grunde nach aber nichts. Das internationale Völkerrecht erlaubt Israel die Bekämpfung aller militärischen Ziele. Dies geht soweit, dass Krankenhäuser ihren Schutzstatus verlieren können. Lesen Sie dazu Art. 19 des Genfer Abkommens über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten. Israels Armee tut alles, und vor allem mehr als jedes andere Militär dieser Welt, um unschuldige Zivilisten zu schützen.

    • @Klaus Kuckuck:

      Da alles irgendwie auch indirekt militärisch genutzt werden kann, ist es - zum Glück - nicht so einfach:

      Verletzte und tote Zivilisten müssen im Verhältnis zum zu erwarteten militärischen Vorteil sein, und Vorsichtsmaßnahmen zu deren Schutz müssen ergriffen worden sein.

      Da der Internationale Strafgerichtshof komplett unterfinanziert und dadurch kaum handlungsfähig ist, spielt das Ganze aber sowieso keine große Rolle.

    • @Klaus Kuckuck:

      Falsch. Militärische Aktionen müssen verhältnismässig sein, was im Falle von Gaza aber schwierig ist zu bestimmen. 11.000 zivile Tote in 3 Wo ust allerdings eine so hohe Zahl, dass die Unverhältnismässigkeit vor der Weltöffentlichkeit auf der Hand liegt.

      • @Rinaldo:

        Zunächst stammen Ihre Zahlen, die Sie unkritisch wiedergeben, vom Gesundheitsministerium der Hamas. Außerdem zählt dieses Gesundheitsministerium jeden Zivilisten und Terroristen, der unter 18 Jahre alt ist, als Kind. Des Weiteren lässt sich eine Verhältnismäßigkeit nicht an absoluten Zahlen messen, sondern an den Verhältnissen, in denen diese Zahlen entstanden sind.

    • @Klaus Kuckuck:

      Ihre Sauberkeit der Begriffe rinnt ihnen unter den Fingern weg, wenn z.B. ein aktives Krankenhaus bombardiert wird, weil sich dort - angeblich oder tatsächlich - auch Kämpfer aufhalten.

      Aus einem Beitrag des Komitees des internationalen Roten Kreuzes zum internat. Völkerrecht:

      (Zitat Anfang)

      Das HVR verbietet direkte Angriffe auf zivile Objekte wie Schulen. Es verbietet auch direkte Angriffe gegen Spitäler und medizinisches Personal, sie sind im HVR besonders geschützt. Ein Spital oder eine Schule kann aber zu einem legitimen militärischen Ziel werden, wenn diese Einrichtungen zu spezifischen Militäroperationen des Feindes beitragen und wenn ihre Zerstörung einen deutlichen militärischen Vorteil für die Angreifer darstellt.

      Besteht ein auch noch so kleiner Zweifel, so dürfen diese Orte nicht angegriffen werden. Spitäler verlieren ihren Schutz nur unter ganz bestimmten Umständen – etwa wenn ein Spital als Basis für die Durchführung eines Angriffs, als Waffenlager oder als Versteck für gesunde Soldatinnen und Soldaten oder Kämpfende genutzt wird. Und auch dann gibt es gewisse Bedingungen, die erfüllt sein müssen: Bevor eine Konfliktpartei in einem solchen Fall durch einen Angriff reagieren darf, muss sie eine Warnung aussprechen und eine Frist einräumen, und die Gegenpartei muss diese Warnung ignoriert haben.

      (Zitat Ende)

      Sie sehen hier eine Reihe von Bedingungen, die gegeben sein müssen, damit ihre Auslegung "Kollateralschaden" zutrifft. Sie können daher - wie sie es in ihrem Beitrag tun - nicht blanko und a priori die israelische Armee von jeder Verantwortung für ihre Waffenwirkungen freisprechen. Im Gegenteil: Die israelische Armee würde - sofern sie gegen die im Titat genannten Bedingungen verstößt - Kriegsverbrechen begehen. Dass so etwas in Gaza wiederholt geschehen ist, das werfen internationae Organisationen und auch UN-Organisationen Israel vor.

      Ich möchte zuletzt betonen, dass es ein schlechter Ratschlag ist, wenn Kriegsparteien sich selber richten.

      • @JK83:

        Lesen Sie bitte Art. 19 des von Ihnen wiedergegebenen Abkommens. Dann zählen Sie bitte Beispiele auf, in denen Israels Armee Spitäler angegriffen hat. Wenn Sie jetzt noch ein Beispiel nennen können, bei dem Israel ein Spital entsprechend Art. 18, ohne Voraussetzungen gemäß Art. 19 angegriffen hat, sollten Sie dies unbedingt dem IStGH mitteilen.

        • @Klaus Kuckuck:

          Ich möchte ihnen noch den Link zum aktuellen Wikipediartikel, der Kriegsverbrechen im aktuellen Konflikt - selbstverständlich auch die der Hamas und ich verabscheue logischerweise die Aktionen des 7. Oktober zutiefst - mit Quellenlage auflistet, empfehlen.

          en.wikipedia.org/w...%E2%80%93Hamas_war

          Wenn sie nach dessen Lektüre weiterhin behaupten, Israel würde garantiert keine Kriegsverbrechen in Gaza begehen, dann können wir die Diskussion beenden. Sie würden diversen internationalen Organisationen und dutzenden Verantwortungsträgern und Ärzten, die sich unter Lebensgefahr und im Einsatz für die gebeutelten Gazabewohner auch vor Ort bewegen oder dort Informanten haben, von ihrem Schreibtisch aus widersprechen und denen die Möglichkeit der Wahrnehmung und Bewertung absprechen. Das wäre dann schon ein ziemlich starkes Stück, selbst bei ihrem Selbstbewusstsein.

          • @JK83:

            Zur Zitierfähigkeit von Wikipedia gibt es eine klare Haltung seitens der Wissenschaft. Das spare ich mir. Wenn Sie sich nun aber selbst mit den einzelnen Quellen, die in Ihrem empfohlenen Artikel genannt werden, befassen, werden Sie schnell merken, dass es sich um eine Sammlung unterschiedlichster Quellen unter denen sich NGOs, Medien, UN-Vertreter, Behörden, Politiker, Autoren, Experten bis hin zu Hamasinformationen befinden. Was wollen Sie damit also anfangen? Suchen Sie doch nur ein einziges Beispiel heraus, welches die von Ihnen behaupteten israelischen Verstöße gg. die Regeln des HVR belegt.

            • @Klaus Kuckuck:

              Ihre Wissenschaft gibt es mit sehr großer Zeitverzögerung und diese deckt auch niemals alles auf. Sie hat bei einem Krieg, wo zerstört, getötet und Information als Waffe eingesetzt wird Grenzen.

              Das ich das ihnen erklären muss, zeigt, was sie für ein unredliches intellektuelles Spiel spielen: Wenn es gegen Israel geht, ist jeder noch so absurde und grenzenlose Skeptizismus angemessen, den sie bei anderen niemals an den Tag legen.

              In dem Beitrag den ich verlinkt habe sind (auch, nicht nur; ich beschränke mich auf diese) Quellen internationale Organisationen wie WHO und UN-Organisationen, die vor Ort sind und Informationen haben. Es gibt momentan nichts Besseres und es ist neutraler als die Sicht einer Kriegspartei. Wenn die ihnen also sagen, dass keine Kämpfer vor Ort waren, dass keine oder keine ausreichende Warnung erfolgte, dass eine Evakuierung nicht oder nicht in der Zeit möglich war, dann haben die dargelegt, was an den israelischen Angriffen nicht in Ordnung war und wenn viel nicht in Ordnung war sind wir definitorisch bei Kriegsverbrechen. Diese Organisationen haben übrigens selbst Mitarbeiter verloren u.a. bei dem Angriff auf die Krankentransporte, die der es in unsere Medien geschafft hat. Die dürfen natürlich als Betroffene berichten, was ihnen bekannt ist und sie sind sehr viel näher dran als sie an ihrem Schreibtisch. Ich halte sie für neutraler als Israel. Und da folgt auch die halbe westliche Welt inkl. USA, die einen dauerhaften humanitären Waffenstillstand wünscht. Weil dort auch (nicht nur) durch Israel humanitäres Leid in Ausmaßen erzeugt wird, dass man Tag um Tag mit Israels Selbstverteidigungsrecht nicht mehr zu rechtfertigen weiß.