Schwere Kämpfe im Osten der DR Kongo: Es droht ein Flächenbrand
Milizen eröffnen den Kampf gegen die von Ruanda unterstützten M23-Rebellen. Eingreiftruppen aus Burundi sind präsent, halten sie aber nicht auf.
Am Freitag vermeldeten regierungstreue Milizen, genannt „Wazalendo“ (Patrioten), die sich als paramilitärische Hilfstruppe der Regierungsarmee verstehen, die Einnahme mehrerer Ortschaften, darunter die Stadt Kitshanga, die im Januar an die M23 gefallen war. Die M23 will Kitshanga am Samstag wieder zurückerobert haben und droht mit eigenen neuen Offensiven.
Die Kämpfe haben nach UN-Angaben vom Samstag 51.000 Zivilisten in die Flucht geschlagen, in einer Provinz mit ohnehin 2,4 Millionen Kriegsvertriebenen. Am Sonntag blieb die Lage unübersichtlich.
Eigentlich steht in Nord-Kivu eine multinationale Eingreiftruppe der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC). Sie wurde nach der Eroberung weiter Landstriche von Nord-Kivu durch die M23 vor knapp einem Jahr stationiert, um die Provinzhauptstadt Goma zu schützen und dann schrittweise die Kontrolle über einzelne Rebellengebiete zu übernehmen, damit die M23 sich demobilisieren kann – ohne ihre Gebiete der Regierung überlassen zu müssen. In den Masisi-Bergen steht das EAC-Kontingent aus Burundi.
Da Kongos Regierung aber nicht wie zugesagt im Gegenzug mit der M23 verhandelt, ist dieser Friedensplan ins Stocken geraten. Auf Regierungsseite wird der EAC-Truppe vorgeworfen, die M23 zu schützen. Auf M23-Seite zirkuliert nun der Gegenvorwurf, Burundis EAC-Soldaten würden die Wazalendo aufrüsten. Kongos Präsident Felix Tshisekedi soll demnach mit Burundi ein Separatabkommen über direkte Unterstützung für Kongos Armee geschlossen haben.
Dieser Vorwurf ist brisant, denn damit wächst die Gefahr einer direkten militärischen Konfrontation zwischen Burundi und Ruanda auf kongolesischem Gebiet. In Burundi regiert die ehemalige Hutu-Rebellenbewegung CNDD-FDD (Nationalkomitee/Kräfte zur Verteidigung der Demokratie), in Ruanda die ehemalige Tutsi-Rebellenbewegung RPF (Ruandische Patriotische Front).
Die RPF unter Ruandas heutigem Präsidenten Paul Kagame beendete 1994 den Völkermord an Ruandas Tutsi, dessen Täter dann nach Kongo flohen und sich dort neu formierten – im Bündnis mit Burundis Hutu-Rebellen, die damals gegen eine Tutsi-Militärdiktatur in Burundi kämpften und seit 2005 Burundi regieren. Heute unterstützt Ruanda die M23, die von kongolesischen Tutsi geführt wird, und wirft Kongos Armee vor, die ruandischen Hutu-Milizen gegen die M23 einzusetzen und Tutsi töten zu lassen. Jetzt nennen M23-Kräfte auch noch Burundi als Teil der Koalition ihrer Feinde.
Dass in den Masisi-Bergen jetzt lokale Milizen anstelle der regulären Armee in Aktion treten, nährt die jahrzehntealten ethnischen Landkonflikte der Region neu. Es kursieren Fotos und Videos von brennenden Hütten und Dörfern in den Masisi-Bergen im Rahmen der Vorstöße der Wazalendo-Milizen.
An der Spitze dieser Politik des Einsatzes von Milizen steht der neue Militärgouverneur von Nord-Kivu, General Peter Cirimwami, dem schon in der Vergangenheit vorgeworfen wurde, irreguläre Milizen auszurüsten. Er wurde im September Militärgouverneur, nachdem sein Vorgänger Constant Ndima die politische Verantwortung für ein Massaker an mindestens 50 unbewaffneten Wazalendo-Angehörigen in Goma durch Kongos Präsidialgarde übernehmen musste. Offenbar soll Cirimwami nun die Beziehungen zwischen der Armee und ihren paramilitärischen Unterstützern reparieren.
Parallel dazu wurde am Freitag in Kongos ferner Hauptstadt Kinshasa der bekannteste Tutsi-Geschäftsmann Nord-Kivus von einem Militärgericht zum Tode verurteilt. Der 70-jährige Edouard Mwangachuchu ist eigentlich Abgeordneter in Kongos Parlament für die ehemalige Rebellenbewegung CNDP (Nationalkognress zur Verteidigung des Volkes), Vorläufer der M23. Er besitzt die Bergbaufirma SMB, die Kongos größte Coltanmine Rubaya in den Masisi-Bergen betreibt.
Am 28. Februar war Mwangachuchu in Kinshasa verhaftet worden, nachdem in Autos seiner Firma Waffen gefunden worden waren. Im Kontext der Dauerkriege Ostkongos ist es zwar normal, dass Unternehmen in der Region für ihre eigene Sicherheit sorgen, aber Mwangachuchu wurde Hochverrat vorgeworfen.
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