Entlassungen beim DuMont-Verlag: Brutal vom Hof gejagt

Der Kölner DuMont-Verlag hat ohne Vorwarnung rund 200 Angestellte seiner Druckerei entlassen. Nun setzt eine Protestwelle den Verlag unter Druck.

Proteste vor dem Meven Dumont Haus in Köln mit einer Faust auf einem Plakat

Entlassene Mitarbeiter protestieren vor dem DuMont-Haus Foto: Christoph Hardt/imago

KÖLN taz | Für 200 Festangestellte sowie zahlreiche befristet Beschäftigte der hauseigenen Druckerei des DuMont-Verlags war es ein Schock: Als sie Anfang Oktober wie gewohnt zur Arbeit gingen, hatte jemand ihre Arbeitsplätze leergeräumt. Zu belichtende Druckerplatten, Beilagen oder Papierrollen – alles war am Feiertag zuvor mit Lkws nach Koblenz geschafft worden, wo fortan preisgünstiger der Kölner Stadtanzeiger, die Kölnische Rundschau und das Boulevardblatt Express produziert werden. Ohne jede Vorwarnung erfuhren sie kurz darauf auf einer Betriebsversammlung, dass sie gefeuert seien und das Gelände sofort zu verlassen hätten.

Parallel dazu erklärten die GesellschafterInnen Isabella Neven DuMont und Christian DuMont Schütte in einer Pressemitteilung, keine andere Möglichkeit zu sehen, als den Druckstandort zu schließen: „Unabhängig von der unternehmerischen Entscheidung gilt unser persönliches Bedauern allen betroffenen Mitarbeitenden.“ Der Mitarbeiterschaft, die teilweise in der zweiten oder dritten Generation für das Traditionsunternehmen mit einer in der Domstadt Jahrhunderte zurückreichenden Geschichte tätig ist, erschienen diese Worte wie blanker Hohn.

Laut der Gewerkschaft Verdi hatte die Belegschaft bereits jahrelang auf Lohnanteile verzichtet, obwohl das Druckzentrum bis jetzt rentabel war. Sie bemängelt weiterhin, dass geltende Gesetze gebrochen wurden, denn der Betriebsrat hätte von den Entlassungen verständigt werden müssen. In den sozialen Medien entfachte sich jedenfalls sofort ein Entrüstungssturm. Hunderte von Prominenten mit Wurzeln in Köln, darunter etwa Lale Akgün, die Band Bläck Fööss, Karl Lauterbach oder Günter Wallraff unterzeichneten sofort einen Solidaritätsaufruf der Gewerkschaft. Die Kölsch-Brauerei Reissdorf verkündete, keine Zeitungen des Unternehmens mehr in seinen Lokalen auszulegen, während sich die Karnevalsband Paveier sowie die Kölsch-Rocker von Brings ebenfalls positionierten. Vor allem empörte das „unwürdige“, „raubtierkapitalistische“ und „asoziale“ Vorgehen.

Denn soziale Verantwortung galt bei dem Verlag immer als hohes Gut. Der vor acht Jahren verstorbene Patriarch und Verleger Alfred Neven DuMont, der in der elften Generation den Medienkonzern leitete, hätte solch ein Verhalten niemals geduldet, heißt es nicht nur von den Entlassenen, die im Schnitt 57 Jahre alt sind, sondern auch von Insidern: „Der Verlag macht immer noch gute Gewinne und will sich immer noch einen sozialen Anstrich geben, aber das alles wurde jetzt über Bord geworfen. Man hätte die Leute miteinbeziehen müssen, mit ihnen soziale Lösungen entwickeln sollen.“

„Keine Blaupause werden“

Letzteres könnte jetzt doch noch passieren, wie DuMont-Betriebsrat Harald Hartung gerade auf einer Protestkundgebung vor der Firmenzentrale verkündete: „Letzten Freitag hat sich DuMont mit einem Vorschlag für einen Sozialplan bewegt, aber es ist noch nicht das Ergebnis, das wir brauchen.“ Offenbar auch eine Reaktion auf die Proteste, denn Hartung wurde signalisiert, dass die Reaktionen einer entrüsteten Öffentlichkeit bei den Verantwortlichen gar nicht gut angekommen waren.

Ganz unerwartet sind die aktuellen Ereignisse nicht. Der Ausverkauf des Medienkonzerns begann eigentlich bereits mit dem Tod von Vollblut-Verleger Alfred Neven DuMont. Seine Erben veräußerten Tageszeitungen der Gruppe wie Mitteldeutsche Zeitung, Hamburger Morgenpost oder Berliner Zeitung und begannen mit einer Umstrukturierung, um ein rein digitales Unternehmen zu schaffen. Dazu gehörte auch ein Umbau in der Firmenstruktur, sodass beispielsweise das Druckzentrum ein eigenes Unternehmen wurde, dessen Erlöse laut DuMont-Betriebsrat direkt den Gesellschafterfamilien zuflossen.

Die Gewerkschaften fordern jetzt unter anderem, „die sozialen Folgen und finanziellen Einbußen der betroffenen Beschäftigten im Rahmen eines fairen Interessenausgleichs und Sozialplans vollständig auszugleichen und zu tragen.“ Die Vorgänge in der Rheinmetropole jedenfalls könnten Signalwirkung für die krisengeschüttelte Zeitungsbranche haben, mutmaßt Hartung: „Alle Verlage schauen jetzt auf Köln, um zu sehen, ob es gelingt, eine überalterte Belegschaft ohne einen Pfennig vom Hof zu jagen. Aber wir wollen keine Blaupause sein.“ Noch in dieser Woche gehen die Verhandlungen mit dem Verlag weiter.

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