Unter israelischer Belagerung: Leben am Limit im Gazastreifen

Die Lage im Gazastreifen spitzt sich zu. 340.000 Menschen sind auf der Flucht, es gibt nur wenig Strom und Wasser. Israel setzt weiter auf Blockade.

Menschen in Gaza-Stadt stehen mit Tüten in der Hand auf Trümmerhaufen

Menschen in Gaza-Stadt nach israelischen Luftangriffen am 11. Oktober Foto: Samar Abu Elouf/NYT/Redux/laif

BERLIN taz | Aus der Luft, vom Meer und vom Land: So beschreibt die UN-Nothilfeorganisation Ocha die israelischen Vergeltungsschläge, die seit Samstag die Menschen im Gazastreifen in Atem halten. „Fast ununterbrochen“ würde bombardiert, ganze Stadtteile seien zerstört worden. „Alle 30 Minuten hören wir Bomben“, berichtet die Journalistin Reham Owda der taz. „Dieser Krieg ist der schlimmste in Gaza, schlimmer als der Krieg 2014.“

340.000 Menschen in Gaza sind der Nothilfeorganisation Ocha zufolge bereits aus ihren Wohnungen geflüchtet, viele harren in Schulen und Krankenhäusern aus. Rund 1.400 wurden nach Hamas-Angaben durch die Angriffe getötet. Israel nimmt seit Samstag Ziele der im Gazastreifen aktiven Terrorgruppen Hamas und Islamischer Dschihad ins Visier, nachdem palästinensische Terroristen beispiellose Massaker an der israelischen Bevölkerung verübt hatten. Die Zahl der Toten auf israelischer Seite lag Donnerstag bei rund 1.300, zum allergrößten Teil Zivilist*innen.

„Wir haben noch Lebensmittel, aber es gibt kein Wasser, weil es keinen Strom für die Wasserversorgung durch die Stadtverwaltung gibt“, erklärt Owda, die in Gaza-Stadt im Norden des Küstenstreifens lebt, der in etwa so groß ist wie München. „Wir haben Glück, dass wir Geld ­haben, um Wasser zu kaufen, aber die meisten hier leiden unter ­einem Mangel an Lebensmitteln und Wasser.“ Die Lebensmittelgeschäfte seien vielerorts leer.

Wer kann, behilft sich mit Generatoren – spätestens nachdem das einzige Kraftwerk ­Gazas am Mittwoch die Stromproduktion eingestellt hat. „Soweit wir wissen, gibt es noch Benzin für ­Generatoren wie in Krankenhäusern – aber wahrscheinlich nur noch für einige Stunden“, sagte am Donnerstag Fabrizio Carboni, ­Nahostdirektor des ­Roten Kreuzes.

Israel: Strom und Wasser gegen Geiselbefreiung

„Ich benutze das Internet der Nachbarn“, erklärt Owda aus Gaza-Stadt. In ihrem Haus sei das Netz wegen Zerstörungen ausgefallen. „Hoffentlich repariert die Firma nächste Woche das Internet, wenn es für ein paar Stunden einen Waffenstillstand gibt.“ Sie fordert eine humanitäre Waffenruhe von mindestens sechs Stunden pro Tag, damit sich die Leute Lebensmittel und Wasser holen könnten.

Israels Energieminister Israel Katz kündigte am Donnerstag an, die Strom- und Wasserblockade aufrechtzuerhalten. „Kein Lichtschalter wird umgelegt, keine Wasserpumpe betätigt und kein Tankwagen (nach Gaza) fahren, bevor die israelischen Entführten wieder zu Hause sind.“ Die Hamas hatte am Samstag bis zu 150 Menschen verschleppt. Später drohte sie, für jeden Luftangriff, dem keine Vorwarnung vorausgehe, eine Geisel hinzurichten.

Israel hat sich zum Ziel gesetzt, die Hamas in Gänze zu zerstören, und schickt vor Angriffen Warnungen an die Bevölkerung, damit sich die Menschen in Sicherheit bringen können. Owda schränkt allerdings ein: „Israel hat in einigen begrenzten Bereichen gewarnt, aber wir haben einige Häuser gesehen, die ohne Vorwarnung bombardiert wurden.“ Überprüfen ließ sich der Vorwurf zunächst nicht.

Die Lage der Menschen in Gaza hält die Hamas indes nicht davon ab, weiter Raketen auf Israel abzufeuern. Nach Lesart der israelischen Armee stellt sich die Terrorgruppe allerdings auf einen langen Krieg ein. Zuletzt habe der Beschuss aus Gaza jedoch etwas nachgelassen.

Im Schatten des Gazakriegs kommt es auch im Westjordanland zu Gewalt. Laut Gesundheitsministerium in Ramallah töteten israelische Siedler am Donnerstag zwei Palästinenser bei einer Trauerfeier. Diese habe mehreren Palästinensern gegolten, die bei einem Überfall von Siedlern am Vortag von Soldaten getötet worden seien. Ocha gab die Zahl der Toten im West­jordanland seit Samstag mit 26 an. Mehr als 400 ­Menschen wurden verletzt, zumeist bei Zusammenstößen mit israelischen Sicherheitskräften bei Protesten.

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