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UN-Kommission darf nicht nach Israel„Zwanghafte Feindschaft“

Israels Regierung will sich nicht an der Untersuchung von Kriegsverbrechen im Gaza-Krieg beteiligen. Der Chef der Ermittlergruppe sei parteiisch.

Zerstörungen in Gaza nach dem Krieg mit Israel Bild: ap

JERUSALEM taz | Die drei Mitglieder der vom UN-Menschenrechtsrat beauftragten Kommission zur Untersuchung möglicher Kriegsverbrechen beider Kriegsparteien im Gazastreifen mussten an der jordanisch-israelischen Grenze kehrtmachen. Nach monatelangem Zögern entschied sich die israelische Regierung gegen eine Kooperation mit den Ermittlern, die nun über Ägypten in den Gazastreifen einreisen müssen, wobei der Grenzübergang Rafah derzeit geschlossen ist.

Ein Grund für die Entscheidung in Jerusalem ist der kanadische Professor für internationales Recht, William Schabas, unter dessen Leitung die Mission stattfinden soll. Schabas gilt in Israel nicht als unparteiisch. Das Außenamt in Jerusalem begründete am Mittwoch, dass die „zwanghafte Feindschaft“ der UN-Kommission gegenüber Israel den Ausschlag gegeben habe, die Zusammenarbeit bei der Untersuchung des Gazakrieges zu verweigern. Über 2.100 Palästinenser kamen bei den israelischen Bombardierungen im Sommer ums Leben, die große Mehrheit davon waren Zivilisten.

Schabas fiel in Jerusalem mit seiner Kritik am israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Ungnade. Netanjahu ist in den Augen des kanadischen Juristen die Nummer eins, die vor den Internationalen Strafgerichtshof gehört – wegen „Kriegsverbrechen“ während des Gazakriegs im Winter 2008/2009. Was Schabas dabei übersah, ist, dass in der fraglichen Zeit nicht Netanjahu regierte, sondern sein Vorgänger Ehud Olmert.

In einem Interview mit dem israelischen Fernsehsender Channel 2 relativierte der Kanadier seine frühere Stellungnahme. Er habe sich lediglich auf den Goldstone-Report, den damaligen UN-Untersuchungsbericht, bezogen. Im gleichen Interview fiel Schabas der israelischen Öffentlichkeit aber erneut unangenehm auf, weil er sich weigerte, die Hamas als Terrororganisation zu bezeichnen.

Schon 2008/09 weigerte sich Israel

Israel hatte schon nach dem letzten Gazakrieg 2008/2009 die Kooperation mit dem damaligen UN-Untersuchungsteam unter der Leitung des südafrikanischen Völkerrechtlers Richard Goldstone grundsätzlich verweigert. Die Regierung in Jerusalem stellte jedoch Zeugenaussagen zur Verfügung, anhand derer sich Kriegsverbrechen der Hamas nachweisen lassen sollten.

Die Regierung wird wieder so verfahren. Die Hamas steht im Verdacht, Zivilisten als menschliche Schutzschilde missbraucht und UN-Einrichtungen als Waffenlager und Angriffsbasen benutzt zu haben. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon kündigte eine separate Untersuchung zu den Angriffen auf UN-Einrichtungen in Gaza an.

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7 Kommentare

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  • zu diesem lawfare-mi-mi-mi wäre viel zu sagen.

    ich habe einen/meinen einstieg unter http://treueliebe.wordpress.com/2014/11/13/goldstone-klappe-die-zweite/ genommen. und werde erst mal noch einiges an material zusammentragen, bevor ich mich daran mache, die prinzipien, privilegien und doppelten standards internationalen rechts herauszuarbeiten, die da so heiß umkämpft werden.

     

    einstweilen finde ich bedauerlich, dass frau Knaul sich so wenig bemüht, hinter die kulissen zu gucken. sondern lieber das mi-mi-mi übernimmt.

  • Frau Knaul weist bereits in einem anderen Kommentar zum selben Thema hin, dass die Palästinenser schon einmal vor zwölf Jahren die israelische Armee zu Unrecht beschuldigt hatte, ein Massaker verübt zu haben. Ein Bericht enthüllte die völlig überzogenen Vorwürfe der Palästinenser. Wie wäre wohl dieser Bericht ausgefallen, wenn schon damals die Herren Schabas und Goldstone am UN-Ruder gewesen wären? Ich bin kein Freund Netanjahus, aber seine Bedenken und seine ablehnende Haltung kann ich verstehen. Ein Angeklagter hat immer das Recht, einen Richter wegen Voreingenommenheit abzulehnen.

  • Bitte noch einmal kurz über den UN-Menschenrechtsrat informieren, bevor man den am Ende noch ernst nimmt. Dann relativiert sich das Ganze auch ganz schnell wieder.

    • @Carlos Gardel:

      und der sicherheitsrat erst!

      der relativiert sich auch ständig selbst.

  • dann will ich mal nachholen, was unterblieb, nämlich die links auf die quellen, aus denen sich der unmut speist:

    interview mit intellectum http://www.intellectum.org/articles/issues/intellectum7/en/Int%27l%20Protection%20of%20Human%20Rights%20and%20Politics_English%20co-edited%20WS%20&%20VT3.pdf

    vortrag beim Russell-tribunal 2013 in NY http://youtu.be/Vm_WhxIGytk

    und interview mit channel2 http://youtu.be/GwVCuN7xiE8

    nun kann eine jeder selbst überprüfen, ob das so stimmt, was frau Knaul eher mehr als weniger aus http://www.timesofisrael.com/day-36-gaza-ceasefire-agreement-almost-at-hand-egyptians-report/

    übernommen hat.

    es mag an meiner juristischen deformation professionelle liegen - ich habe da keine befangenheit gehört.

    aber: wenn Schabas keinen bock auf schlammschlacht hat, dann kann er sich die israelische position zu eigen machen und zurücktreten.

    ich bezweifle allerdings, ohne zu wissen, wer das wäre, dass sein nachfolgerin besser konvenierte. es geht nämlich nicht um die person, es geht um das von Schabas - zu recht - kritisierte prinzip.

  • Dieser Herr Schabas zeigt sich in dem erwähnten Interview als verbiesterter Sowjet-style-Apparatschik. Die ganze NGO-Anti-Israel-Szene zusammen mit den Boykott-Gallionsfiguren von Pink Floyd etc. besteht aus solchen Typen. Jetzt hat es einer mal bis in ein UN-Gremium geschafft. Über Ahmadinejad sagte Schabas, dieser hätte „in Verzweiflung (sic!) absurde Statements abgegeben, die wahrscheinlich eher verdienen, ignoriert statt übertrieben zu werden“. Dazu passt dann auch, dass der werte Herr Schabas sich um eine klare Stellungnahme zur Terror-Hamas windet.

    Ab etwa 2:35 darf man sich mal wieder so richtig schön fremdschämen: http://www.youtube.com/watch?v=-KqlfBvuhLg

  • Schlimm eeh... Wieso begreifen die palästinenser nicht das ihre idee eines palästinensischen staats `nicht geht´ ? Ist ja schliesslich gottes wille das israel das land für sich beansprucht.. und `gott´ wohnt in den usa und steht über der u.n.o. -

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    [...] Die Moderation: Kommentar gekürzt.