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Günstiger ÖPNV für Studierende in GefahrBangen ums Semesterticket

Ausgerechnet das Deutschlandticket gefährdet einen günstigen ÖPNV an Hochschulen. Nun muss dringend eine Lösung gefunden werden.

Einsteigen und losfahren mit dem Semesterticket Foto: Schoening/imago

Berlin taz | Noch ist das Semesterticket und damit die Mobilität für die Studierenden der Technischen Universität (TU) Dortmund für das kommende Jahr gesichert. Wie es danach weitergeht, ist unklar. Viele der Allgemeinen Studierendenausschüsse (Asten) an den Hochschulen im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr planen, ihre Verträge für das Semesterticket zu kündigen oder haben dies schon getan.

„Aber wir haben noch Hoffnung, dass eine Lösung gefunden werden kann“, sagt David Wiegmann. Er kämpft für eine Lösung für das Semesterticket und ist Koordinator des Landes-Asten-Treffens Nordrhein-Westfalen. Keine Lösung oder Teuerung wäre bei über 30 Prozent armutsgefährdeter Studierender eine soziale Katastrophe. Auch die Verkehrsverbünde stünden vor dem Problem, dass ihnen planungssichere Einnahmen wegfallen.

Schuld an der misslichen Lage ist das Deutschlandticket. Seit seiner Einführung fehlt eine Regelung für Studierende, nun droht dem Solidarticket das Aus. Am Donnerstag beraten die Verkehrsminister der Länder in einer Sondersitzung über die Zukunft des 49-Euro-Tickets, dessen finanzielle Planung fürs kommende Jahr noch ungeklärt ist.

NRW-Verkehrsminister und Vorsitzender der Konferenz Oliver Krischer (Grünen) sagte: Wenn nicht zeitnah für die Finanzierung beim Deutschlandticket für 2024 eine Lösung gefunden werde, „ist das, was wir alle als das erfolgreichste Ticketmodell in der ÖPNV-Geschichte zu Recht feiern, auch ganz schnell wieder Geschichte“. Zudem soll die Möglichkeit eines bundesweiten Semestertickets besprochen werden.

Konkurrenz zum Semesterticket

Was haben die beiden Tickets miteinander zu tun? Mit dem Solidarmodell dürfe ein Ticket nur angeboten werden, wenn dieses deutlich günstiger ist als alle anderen Angebote im Nahverkehr, argumentierte das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil. Durch die Einführung des Deutschlandtickets zum 1. Mai stand es plötzlich in Konkurrenz zum Semesterticket. Ein Rechtsgutachten vom März, das der Asta der TU Dortmund in Auftrag gegeben hatte, kommt zu dem Schluss, dass Klagen gegen das Semesterticket künftig erfolgreich sein könnten.

Dass gerade in Nordrhein-Westfalen die Lage zu eskalieren droht, kann teils am hohen Preis für das Semesterticket liegen. 35 Euro kostet es im Monat, dafür können Studierende durch ganz NRW fahren. Um durch ganz Deutschland zu fahren, haben Studierende die Möglichkeit, ihr Semesterticket zum Deutschlandticket aufzustocken.

Damit zahlen sie aber mehr als beispielsweise Berufstätige für das „Deutschlandticket Jobticket“, das derzeit ebenfalls etwa bei 35 Euro liegt. „Mit der Tarifrevolution durch das Deutschlandticket profitieren nahezu alle vom günstigen Nahverkehr, nur Studierende gucken in die Röhre. Weil sie am Ende nicht entlastet, sondern belastet werden“, sagt Wiegmann der taz.

Schnelle Lösung bei Verkehrsministerkonferenz

Für Wiegmann wäre die Einigung am besten schon im März dieses Jahres gekommen. Nun müsse sie so schnell wie möglich kommen. Zwischen den Ländern existiere bereits seit dem Frühjahr ein Vorschlag für ein einheitliches Semesterticket für monatlich 26,60 Euro, sagt NRW-Verkehrsminister Krischer. „Damit können wir diesen Abstand über das Solidarmodell aufrechterhalten.“

Doch der Bund reagiere seit Monaten nicht. Aufgrund der gemeinsamen Finanzierung ist die Zustimmung des Bundes unerlässlich. Mit der Konferenz am Donnerstag erhoffe man Antworten vom Bund zu bekommen, heißt es aus dem nordrhein-westfälischen Verkehrsministerium.

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7 Kommentare

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  • "Mit der Konferenz am Donnerstag hoffe man Antworten vom Bund zu bekommen, heißt es aus dem NRW-Verkehrsministerium."

    Da will ein grüner Landesverkehrsminister, dass ein FDP-Bundesverkehrsminister den Arsch hochkriegt in Sachen ÖPNV.

    Was fürn Scheißjob. Krischer ist nicht zu beneiden.

  • Die "Macher" des Deutschlandtickets sollten vom Solidarmodell des Semestertickets lernen:



    Jeder Deutsche kauft das Deutschlandticket, ob er will oder nicht, dann wird es für alle günstiger.



    Ist ja sowieso schon so, nur dass momentan diejenigen, die es nur über die Steuern finanzieren nicht nutzen dürfen.

    • @Herma Huhn:

      Wir zahlen mit unseren ganz vieles, was wir nicht nutzen können. Die Alternative wäre eine noch weltgrößter Bürokratie, die bestimmt wer für was bezahlt weil es genutzt wird

    • @Herma Huhn:

      Besonders attraktiv der Zwang für die,



      bei denen nie ein Buss in der Nähe vorbei kommt oder nur morgens und nachmittags der Schulbuss.

      • @Hubertus Behr:

        Das Problem gibt es auch für Studierende. Aus lauter Solidarität werden die auch gezwungen bspw. in NRW 420 Euro pro Jahr ohne erkennbaren Nutzen für sich selbst zu bezahlen. Ist halt so, wenn Solidarität mit sozialistischer Umverteilung gleichgesetzt wird.

      • @Hubertus Behr:

        könnnen sich Städter offenbar nicht vorstellen. Leben zwar selbst da, aber Verwandtschaft auch woanders.

  • ich glaube nicht, dass viele Studenten um das Semesterticket bangen, wenn es kaum billiger ist als das Deutschlandticket, aber bei weitem nicht so weit reicht. Daher wäre ein Abschlag auf das Ticket - selbst wenn es nur auf 35 Euro wäre - für alle das beste. Der Student kann fürs gleiche Geld weiter fahren - der zusätzliche Verwaltungsaufwand für ein weiteres Ticket entfällt.