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Konjunkturprognose der EU-KommissionDeutschland zieht Eurozone runter

Die EU-Kommission senkt ihre Prognose für das kommende Jahr – auch wegen des schwachen deutschen Konsums. Die andauernde Inflation bereitet Sorgen.

Die Binnennachfrage in Deutschland ist schwach, es wird u.a. zu wenig gekauft Foto: imago

Brüssel taz | Deutschland ist kein Konjunkturmotor für Europa mehr. Die größte europäische Volkswirtschaft bremst derzeit sogar das Wachstum in der EU aus. Dies geht aus der neuen Konjunkturprognose hervor, welche die EU-Kommission am Montag in Brüssel vorgelegt hat. Sie rechnet für die Eurozone in diesem Jahr nur noch mit einem Wirtschaftswachstum von 0,8 Prozent. Das sind 0,3 Prozentpunkte weniger als im Frühjahr vorhergesagt. Bremser ist demnach Deutschland – es steckt mit minus 0,4 Prozent in der Rezession fest.

Dämpfend wirkt vor allem der schwache Konsum. Es habe sich gezeigt, „dass die hohen und weiter steigenden Verbraucherpreise für die meisten Waren und Dienstleistungen einen höheren Tribut fordern als in der Frühjahrsprognose erwartet“, erklärte die EU-Kommission.

Die Brüsseler Behörde gibt sich dennoch optimistisch. Die EU habe sich als widerstandsfähig erwiesen, sagte Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni. Er sehe Deutschland nicht als „kranken Mann“ Europas. „Wir wissen, dass es sich um eine starke Wirtschaft handelt“, betonte der Italiener. Ähnlich äußerte sich Kommissionsvize Valdis Dombrovskis. Nach einer Schwächeperiode werde es 2024 wieder aufwärts gehen. Im nächsten Jahr rechnet Brüssel mit einem Wachstum von 1,3 Prozent in der Eurozone und 1,1 Prozent in Deutschland.

Dennoch kommt die Schwächephase ungelegen. Im Juni 2024 sind Europawahlen – eine schwache Konjunktur könnte den Wählern die Stimmung verderben. Vor allem die Klimakrise macht Brüssel Sorgen. „Wir sollten die Folgen für die Wirtschaft sehr ernst nehmen“, sagte Gentiloni unter Verweis auf die verheerenden Überschwemmungen und Waldbrände der letzten Zeit.

Inflation dauert an

Für schlechte Laune sorgt auch die Inflation. Der Preisanstieg soll sich im laufenden Jahr zwar leicht abschwächen: Die Prognose wurde von 5,8 Prozent auf 5,6 Prozent nach unten korrigiert. Das ist aber immer noch deutlich über der Zielmarke von 2 Prozent, die die Europäische Zentralbank (EZB) vorgegeben hat. Der EZB-Rat könnte daher bei seiner nächsten Sitzung am kommenden Donnerstag die Leitzinsen erhöhen. Es wäre bereits die zehnte Zinserhöhung in Serie – und könnte die schwache Konjunktur weiter abwürgen.

Der wichtigste Hebel zur Überwindung der Krise liege in Deutschland, meint der Sprecher der deutschen Grünen im Europaparlament, Rasmus Andresen: „Die schwache Binnennachfrage in Deutschland ist hausgemacht, weil das Lohnwachstum hinter der Inflation herhinkt.“ Zudem gebe es zu wenige öffentliche Investitionen.

Dagegen fordert Markus Ferber (CSU) die EU auf, „beherzt auf die Bremse zu treten und einen Belastungsstopp einzulegen“. In Europa gehe das Gespenst der Stagflation um, daher müsse auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen handeln. Die CDU-Politikerin hält am Mittwoch eine Rede zur „Lage der EU“ – und könnte neue Impulse geben.

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14 Kommentare

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  • Ab September wird die Teuerung im Jahresvergleich beim Sprit und der Bahn zurückgehen weil 2022 bis 31 August der Tankrabatt und das 9 Euroticket gültig waren.tankrabatt machte Benzin um 35 Cent und Diesel um 17 Cent und 9 Euro statt jetzt 49 euro bei der Bahn wird die Inflation um einiges geringer ausfallen.hoffentlich hört dann das Gejammer das alles teurer wird und ewigen zinserhöhungen auf . Der Strompreis liegt übrigens auch bei 30 Cent die kWh die Preise tür Einfamilienhäuser gehen runter und wenn die Chinesen den e Automarkt fluten werden die Autos billiger.also bald wird alles billiger und die Zinsen können gesenkt werden und es wird wieder investiert

    • @prius:

      Das lässt sich sogar statistisch untermauern, die aktuellen Erzeugerpreise sind nämlich wieder auf dem Vorkriseniveau mit etwas Verzögerung wird genau das auch in den Endverbraucherpreisen ankommen.



      Die EZB belässt die Zinsen aber auf dem Niveau, da wird es keine Konjunkturbelebung geben, Investitionen bleiben teuer, die Nachfrage, wegen teurerer Kredite gering. Das Ausland stagniert auch, ergo der Export

      www.destatis.de/DE...D23_331_61241.html

  • Wie kann man über die mangelnde Binnennachfrage klagen, wenn die Leitzinsen, genau mit dem Ziel der Konjunkturdämpfung angehoben werden?



    Die dt Industrie ist aktuell auf Schrumpfungskurs, der Export schwächelt wg geringerer Nachfrage aus dem europ. Ausland und einer wackligen Wirtschaft in China. Die Eurozone leidet auch unter den Zinsen, da ist kaum Besserung in Sicht. China, wer weiß...



    Die Binnenkonjunktur war in D immer schwach und wird bei hohen Leitzinsen auch kaum mehr anziehen. So ist es ja auch gewollt.



    Die Deutschen wünschen sich schon lange wieder steigende Zinsen, damit das sparen wieder lohnt, sprich dann auch weniger nachgefragt wird... Also eigentlich alles nach Plan, nur jammern plötzlich alle...

    • @nutzer:

      "Wie kann man über die mangelnde Binnennachfrage klagen, wenn die Leitzinsen... angehoben werden?



      Wie kann man über mangelnde Binnennachfrage klagen, wenn der Wert des Geldes in den Keller geht?



      "...damit das sparen wieder lohnt, sprich dann auch weniger nachgefragt wird..."



      Ach ja, die böööse Sparquote. Dass das gesparte Geld nur selten unter einer Matratze verschimmelt, sondern überwiegend in den Besitz [1] von Banken gerät, die dasselbe wieder in die Wirtschaftsspirale einbringen, vernachlässigen wir kurz mal. Ebenso, dass hohes Sparaufkommen auf das Zinsniveau drückt.



      Ich wäre froh, wenn ich wieder mal etwas sparen könnte. Zur Zeit leben meine Frau und ich von der (vorsorglich in besseren Zeiten angesparten) Substanz. Und von ebendieser unserer Substanz lebte auch Draghis und Lagardes jahrelange Niedrigzinspolitik...



      [1] Man beachte den zarten Unterschied, den das BGB zwischen "Eigentum" und "Besitz" macht.

      • @sollndas:

        aus der Einzelperspektive ist natürlich die Zinserhöhung wünschenswert, wenn man für das angelegte Geld auch etwas Zinsen bekommt.



        Bei den EZB Zinsen geht es gesamtwirtschaftlich betrachtet aber um etwas anderes, die EZB Zinsen wurden angehoben, nicht um den Menschen Zinserträge zu ermöglichen, sondern um die Kreditaufnahme zu bremsen, die Investitionen in der Wirtschaft zu verringern, kurz die Wirtschaft herunterzufahren. Genau das ist auch gelungen, deshalb mein Verwundern darüber dass nun über eine nachlassende Wirtschaftsleistung geklagt wird.



        Was die Sparquote betrifft, angespartes Vermögen dass bei Banken eingezahlt wird, ist nicht die Voraussetzung für Investitionen, Banken schöpfen Geld bei der Kreditvergabe, dazu ist kein Erspartes nötig.



        Auch wird das Geld das Banken verdienen zum Gutteil im Finanzsektor untergebracht und nicht in der Wirtschaft angelegt und erzeugt so eben keine wirtschaftliche Stimulanz.



        Die Binnennachfrage sinkt auch wegen der gestiegenen Preise, keine Frage. das dies aber ein externer Preisschock war, der schon wieder am verebben ist und eben keine Inflation aus heißgelaufener Wirtschaft wird dabei ignoriert. Die Wirtschaftsdämpfung die aus der Zinssteigerung resultiert wird aber nicht so schnell vorübergehen, nicht solange die Zinsen steigen. Und diese Wirtschaftsdämpfung trifft uns alle.

        • @nutzer:

          "...das dies aber ein externer Preisschock war... und eben keine Inflation aus heißgelaufener Wirtschaft..."



          Da ist mir (a) unverständlich, wie aus "heißgelaufener Wirtschaft" Inflation entstehen soll und (b) geben Sie sich offensichtlich redlich Mühe den Einfluss der Geldmenge auf die Inflation zu negieren. Welch letzteren jeder spüren konnte, der bestrebt ist, sich Geld für eine ggf. erforderliche neue Waschmaschine zurückzulegen (oder für andere Wechselfälle des Lebens, z.B. plötzlich mal eine Wärmepumpe).



          "Was die Sparquote betrifft, angespartes Vermögen dass bei Banken eingezahlt wird, ist nicht die Voraussetzung für Investitionen..."



          Wo war die Rede von "Voraussetzung" für Investitionen??? Sie legen mir etwas in die Tastatur, das ich nicht geschrieben habe. Dass allerdings den Banken das "angesparte Vermögen" (aka Spargroschen) sehr zu Gute kommt, berücksichtigen sie nicht. Es ist echtes EZB Geld, das den Banken erst ermöglicht, Kredit zu schöpfen. Letzterer muss nämlich, soweit ich es richtig verstanden habe, mit einem gewissen Anteil EZB-Geld unterfüttert werden (Nur die EZB hat das Recht, Teuro vollständig aus dem Quantenvakuum zu erschaffen).



          "Die Wirtschaftsdämpfung die aus der Zinssteigerung resultiert wird aber nicht so schnell vorübergehen, nicht solange die Zinsen steigen."



          Ok., dann dürfen die kleineren Leute (von Obergrenze Hartz4 bis mittlerer Mittelstand) mal wieder zuschauen, wie ihre Altersvorsorge von der Inflation aufgefressen wird. DIE dürfen dann nämlich den "Wirtschaftsaufschwung" bezahlen. Wenn Sie meinen, es müsse dem großen Kapital gut gehen, damit auch kleine Leute etwas davon haben, haben Sie irgendwas nicht richtig verstanden. Und nein, es gibt kein perpetuum mobile, auch nicht in der Ökonomie.

          • @sollndas:

            da würfeln Sie einige meiner Beiträge inhaltlich ordentlich durcheinander,



            zu a) Sie neigen anscheinend dem Monetarismus zu, da Sie allein die Geldmenge für ausschlaggebend halten, ich nicht.



            zu b) nur weil etwas zeitgleich auftritt ist dies nicht der Beweis für die Ursächlichkeit



            EZB Geld wird für den Handel der Banken untereinander benötigt, nicht für die Geldschöpfung bei Kreditvergabe.



            "...dann dürfen die kleineren Leute..." da legen Sie mir etwas in die Tastatur, Wirtschaft ist nicht Großkapital, die Wirtschaft ist die Gesamtheit aller wirtschaftlich aktiv Handelnden, über die Wirtschaft verdienen wir unseren Lohn, unser Auskommen. Zur Wirtschaft gehört auch das Großkapital, aber eben nicht ausschließlich, auch der örtliche Handwerker etc. Wenn man das Großkapital meint, sollte man das auch so adressieren, aber "Wirtschaft" synonym mit Großkapital zu verwenden ist gefährlich. Bei solch einer Definition schneidet man sich zwangsläufig ins eigene Fleisch. Ich gehe übrigens voll mit, wenn es um die Regulierung von Großkapital geht.



            Schrumpft die Wirtschaft leiden alle, von arm bis reich, nur die einen eben mehr als die anderen, genau wie bei der Preissteigerung.



            Der Punkt ist, dass die aktuelle (externe) Teuerung mit der (internen) Zinspolitik bekämpft wird, obwohl da keine Ursachen angegangen werden, als ob man 2 Häuser baut, das eine 4m hoch das andere 8, dann sind im Durchschnitt beide 6m hoch, an der Realität ändert sich aber nichts.



            Grund für die Preissteigerung war der Energiepreisschock, den kann man mit interner Wirtschaftsdämpfung eben nur rechnerisch bekämpfen, das aber ist Scheinbekämpfung und schadet uns allen. Wenn weniger verdient wird, helfen höhere Zinsen nur denen die haben, alle anderen können nämlich gar nicht sparen und wenn künftig weniger verdient wird, müssen die auch an die Substanz, das Ersparte, dann helfen die Zinsen auch nicht.

            • @nutzer:

              "Sie neigen anscheinend dem Monetarismus zu, da Sie allein die Geldmenge für ausschlaggebend halten, ich nicht."



              Vorsicht beim Gedankenlesen, man kann sich da leicht irren. Wo habe ich was von "allein die Geldmenge" geschrieben??? Sie ist nicht die einzige Ursache der derzeitigen Inflation, aber eben eine ziemlich gewichtige unter anderen. Man kann diese Tatsache anerkennen, oder die Augen davor verschließen.

              • @sollndas:

                das habe ich aus folgenden Äußerungen so verstanden:



                "und (b) geben Sie sich offensichtlich redlich Mühe den Einfluss der Geldmenge auf die Inflation zu negieren."



                "Einzige mir bekannte plausible Antwort: Der Wert der gesamten Geldmenge erhöht sich durch Mausklick nicht, er bleibt gleich. Er verteilt sich nur auf mehr Scheinchen, und das einzelne Scheinchen trägt weniger Wert."



                das sind die Prämissen des Monetarismus.

                • @nutzer:

                  "das sind die Prämissen des Monetarismus."



                  Ok., da haben Sie mich also mit Erfolg in eine Schublade geschoben :-)



                  Ist meine Argumentation dadurch widerlegt, dass Sie mir einen "-ismus" aufgedrückt haben? Oder dadurch, dass irgendein "Mainstream" anderer Ansicht sei als ich?



                  Sorry, jenes ziehende Gefühl, das ich in der Gesäßtasche hinten rechts verspüre, geht davon nicht weg...

                  • @sollndas:

                    Sie haben gefragt, wo ich das herauslese, ich habe die Textstellen angegeben und gesagt, das sind die Grundannahmen des Monetarismus.



                    Wohlgemerkt, bezieht sich das nur auf Ihre Aussagen, nicht auf Sie als Person. Wenn Sie dies nicht so meinen, können Sie das ja auch sagen, wenn Sie es so meinen, ist das Ihr gutes Recht, ist ja nicht im geringsten problematisch und dann sollte es erst recht kein Problem darstellen. Ihre Meinung, Ihr gutes Recht.



                    Ich sehe das anders und ich sage, das Ihre Aussagen zum Monetarismus passen. Mehr nicht.



                    Das Sie sich unwohl fühlen, mit der Einordnung Ihrer Zitate, dafür kann ich nichts. Aber der Hinweis, dass die Geldmenge die Inflation bestimmt mittlerweile von den meisten Ökonomen nicht mehr geteilt wird... nun ja kann man nicht richtig finden, ist aber kein Beweis, dass Sie richtig liegen.

                • @nutzer:

                  "Man kann diese Tatsache anerkennen, oder die Augen davor verschließen."



                  die Annahme, dass eine steigende Geldmenge der Grund der Inflation sei, wird im Monetarismus vertreten, die Mainstreamökonomie (inkl. der EZB) vertritt heute andere Ansichten. Alternative Strömungen sowieso.

    • @nutzer:

      besonders pikant, ohne Großaufträge, z.B. die Rüstungsausgaben des Staates ist die inländische Auftragslage auf Talfahrt



      sprich spart jetzt auch der Staat, wie Lindner das vorsieht, wird alles was nicht Rüstung ist weiter auf Talfahrt geschickt...



      www.relevante-oeko...t-u.-ohne-GA-1.jpg

      der Artikel dazu:



      www.relevante-oeko...-verschaerft-sich/

      • @nutzer:

        Bei soviel ueberraschend gefundenen Sondervermoegen kann man auch mal was zur Seite legen ;)