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Konflikt um BergkarabachIm Zustand der Auflösung

Knapp 24 Stunden nach dem Angriff Aserbaidschans auf Bergkarabach kapituliert das Gebiet. Bilder von vor Ort zeigen Zerstörung und flüchtende Menschen.

In Trümmer gelegt: Zerstörte Gebäude in der Hauptstadt Stepanakert zeugen von dem Angriff Aserbaidschains auf Bergkarabach Foto: Aik Arutunyan/imago

Berlin taz | Die Journalistin Sirane Sargsyan nimmt die Weltöffentlichkeit mit auf einen Morgenspaziergang durch Stepanakert, Hauptstadt der armenisch besiedelten Region Bergkarabach.

Das Video, das sie auf X (vormals Twitter) teilt, zeigt die Karkasse eines Autos: Die Rückscheibe zertrümmert, die Windschutzscheibe eine milchige Matte aus Glassplittern, das silberne Metall durchlöchert von Einschüssen. Sie läuft weiter, die Kamera schwenkt über die Häuser, die die Straße säumen. In vielen Schaufenstern ist kein Glas mehr, auf dem Boden liegt Schutt. Ein weiteres Video, zwei Stunden später: Die Kamera zeigt grüne Bäume vor bewölktem Himmel, im Hintergrund knallt es, eine Salve, die nach Schüssen klingt.

Am Dienstagmittag griff Aserbaidschan das armenisch besiedelte, völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehörende Gebiet Bergkarabach an. Zunächst aus der Luft, dann vom Boden aus mit Truppen, die von aserbaidschanischer Seite einmarschierten. Schnell zeigte sich, mit welcher zügigen Geschwindigkeit das aserbaidschanische Militär voranschreiten konnte.

Die Truppen Bergkarabachs – das sich als Republik Arzach für unabhängig erklärte, also weder Teil Armeniens noch Aserbaidschans ist – hatten den Aserbaid­schanern wenig entgegenzusetzen. Die kleine Region stand in den vergangenen Monaten unter aserbaidschanischer Blockade, selbst Brot und Medikamente wurden knapp, von militärischer Ausrüstung ganz zu schweigen. Das aserbaidschanische Militär ist wiederum gut ausgestattet, mit israelischem und türkischem Equipment.

Ohne Strom und Internet

Auch in der Nacht ließen sie nicht locker. Das zeigen Videos, die Sargsyan auf X teilte: Vor schwarzem Himmel – lokalen Quellen zufolge brach im Zuge des aserbaidschanischen Angriffs auch die durch die Blockade bereits eingeschränkte Stromversorgung zusammen – knallen dumpf die Explosionen.

Marut Vanyan ist ebenfalls Journalist. Auch er teilt auf X, wie er die Stunden seit dem Angriff erlebt hat – falls sein Handy denn funktioniert. In der Nacht erzählt er seinen Followern: Das Internet funktioniere kaum, er suche einen Ort, um sein Handy aufzuladen. Er gehe zum Krankenhaus in Stepanakert, dort gibt es wohl Strom.

In der selben Nacht teilt er ein Video. Es ist verschwommen, wacklig, nur schemenhaft erkennt man ein parkendes Auto, das Nummernschild leuchtet grell weiß auf. Man hört die Schritte Vanyans, er geht zügig. Dann knallt es, laut und dumpf, wie ein Donner. Kurz darauf knallt es noch einmal, es klingt lauter, näher, Vanyans Schritte werden schneller. „Riesige Explosion in Stepanakert“ schreibt er dazu.

Mindestens 100 Tote bis zum Waffenstillstand

Als der Mittwochmorgen hereingebrochen ist, teilt Vanyan weiter Bilder und Videos. Auf einem steigt weißer Rauch in Stepanakert auf. Auf einem anderen, das er gegen 12 Uhr Ortszeit teilt, sind zwei Frauen zu sehen. In den Händen tragen sie Taschen, im Hintergrund bückt sich ein Mann, um ebenfalls zwei große Taschen aufzuheben.

Kurz danach wird vermeldet: Bergkarabach und Aserbaidschan stimmen einer von den russischen Friedenstruppen vermittelten Waffenruhe zu. Die Truppen Bergkarabachs müssen ihre Waffen abgeben – eine Kapitulation vor den viel mächtigeren Aserbaidschanern.

Armenien hatte da schon lange bekanntgegeben, dass es Bergkarabach nicht mit militärischer Hilfe beistehen wird. Dagegen demonstrieren die Menschen nun in der Hauptstadt Jerewan. Denn die emotionale Verbindung zu dem Gebiet ist groß, und Schuld an der Kapitulation Bergkarabachs hat für sie auch die eigene Regierung, und deren Untätigkeit.

Mindestens 100 Menschen seien bis zum Waffenstillstand getötet, Hunderte verletzt worden, erklärt Ruben Wardanjan, ehemaliger Regierungschef des international nicht anerkannten Arzach, der Nachrichtenagentur Reuters.

Menschensammlung am Flughafen

In einem Statement der Behörden Bergkarabachs geben diese bekannt, Verhandlungen mit Aserbaidschan über die Integration des Gebietes in deren Hoheit akzeptiert zu haben. Sie verpflichten sich außerdem zur Auflösung und Entwaffnung ihrer Streitkräfte, die unter russischer Aufsicht erfolgen soll. Die aserbaidschanischen Behörden bestätigen die Einigung.

Das Foto der mit Taschen bepackten Menschen ist ein Vorgeschmack auf ein Bild, das später vom Medium 301.am auf X geteilt wird. Es zeigt den Flughafen in Stepanakert, der unter der Kontrolle der russischen Friedenstruppen steht, an den Fahnenmästen wehen die Flaggen Armeniens, Bergkarabachs und Russlands. Über 2.600 Menschen sollen sich dort versammelt haben, schreibt 301.am. Viele scheinen die Realität, dass sie ihr Siedlungsgebiet werden verlassen müssen, akzeptiert zu haben.

Doch nicht alle Menschen in Bergkarabach wollen sich dem Waffenstillstand und den Beschlüssen ihrer Regierung unterordnen. Wie 301.am berichtet, haben die Einwohner des Ortes Martakert sich entschlossen, weiterzukämpfen. Der Strom an Bildern wird nicht versiegen.

Hinweis: In der ersten Version des Teasers dieses Textes stand, Armenien habe kapituliert. Bergkarabach ist zwar armenisch besiedelt, aber nicht Teil des Staatsgebietes Armeniens. Wir haben das korrigiert.

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21 Kommentare

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  • Von anderen Foristen wurde in den Kommentaren der Vergleich zur Situation in der Ukraine gezogen. Und oft, wenn es um den Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien bzw. Arzach/Bergkarabach geht, kommt der historische Vergleich mit dem Aghet - dem osmanischen Genozid an den Armeniern in WK1 - ins Spiel. Weil das Vorgehen der Azeris in Bergkarabachs von einigen, nicht nur den Armeniern selbst, ja auch als Völkermord betrachtet wird.



    Wieder einmal kann ich (wie schon bei der Diskussion über den Holodomor in der Ukraine) vor derartigen geschichtlichen Vergleichen und dem leichtfertigen Gebrauch des Begriffs Genozid nur warnen, weil sie stets die Gefahr des Relativierens bzw. der ideologischen Vereinnahmung implizieren. Auch das war hier schon Gegenstand der Diskussion.



    Der Gerechtigkeit wegen muss jedoch angeführt werden, dass Bergkarabach, wenn auch mehrheitlich von Armeniern bevölkert, völkerrechtlich immer noch ein Teil Aserbaidschans ist.



    Hier ist der Vergleich mit der Ukraine dann wieder legitim, wenn es um den ukrainischen Besitzanspruch bezüglich der Krim geht. Denn nur wenige würden den ukrainischen Gebietsanspruch bzw. das Kriegsziel der Rückeroberung der Krim anzweifeln. Grundlage ist stets der aktuelle, anerkannte völkerrechtliche Status, nicht irgendwelche historischen Ableitungen (so begründet sie im einzelnen auch sein mögen). Hinsichtlich des “bad boys” Aserbaidschan werden da jedoch offensichtlich andere Maßstäbe angelegt.



    Im Grunde ist die westliche Haltung auch im Fall Arzach/Bergkarabach wieder nur als heuchlerisch zu bezeichnen, wenn nun Krokodilstränen über Aushungerung, Flucht und Vertreibung der armenischen Bevölkerung vergossen werden. Dabei kann man in der NATO angesichts der traurigen Entwicklung doch sogar die Sektkorken knallen lassen. Russland/Armenien wiederum gedemütigt und ausgebootet, NATO/USA haben jetzt via der Achse Ankara/Baku geostrategisch einen Fuß in der Tür. Besser kann’s doch nicht laufen (Sarkasmus off).

    • 6G
      665119 (Profil gelöscht)
      @Abdurchdiemitte:

      Also Intervention jetzt.

  • 6G
    665119 (Profil gelöscht)

    Ist das Leben der Menschen in Arzach weniger wert als das der Menschen in Kosovo? Wo ist der Unterschied?

  • Ist denn der Herr Alliew nicht Ölmässig für Russland eingesprungen?? Mir wird schlecht....

  • Unbedingt mal die kruden Märchen auf der Website der Asserbaidschanischen durchlesen. Das liest sich dort fast so, als wäre Aserbaidschan von Bergkarabach angegriffen worden und wäre knapp dem Untergang entgangen.



    Gibt es irgendeine Reaktion in Berlin?



    Wurde der Botschafter mal einbestellt?



    Spielt die CDU Connection noch eine Rolle oder will man Erdolf nicht verärgern?

  • „Knapp 24 Stunden nach dem Angriff Aserbaidschans in Bergkarabach kapituliert Armenien“



    Bitte mehr redaktionelle Sorgfalt bei den Untertiteln! Armenien hat nicht kapituliert, Armenien ist gar keine Kriegspartei.

    • @MeinerHeiner:

      Richtig. Da wäre es noch zutreffender zu schreiben, dass Russland kapituliert hat. Aber die "Zugeständnisse" auf der Seite Aserbaidschans bei den "Friedensverhandlungen" scheinen ja darin zu liegen, dass alle so tun als wäre Russland eine neutrale, dritte Partei

      • @Luebke:

        Aber wichtiger bezüglich der westlichen Interessen im Kaukasus scheint mir doch zu sein, dass es offenbar gelungen ist, Russland in der Region sauber auszubooten. Russland kann als “Schutzmacht” den Armeniern nicht mehr helfen, bestenfalls kann es noch den sicheren Abzug der armenischen Bevölkerung aus Bergkarabach organisieren bzw. - negativ formuliert - die zu erwartende ethnische Säuberung durch die aserbaidschanische Seite akzeptieren. Aserbaidschan wiederum hat es dank seines militärisch potenten westlichen Bundesgenossen Türkei nicht nötig, der Region Bergkarabach irgendeine Form von Autonomie zuzuerkennen.



        Und der Westen wird angesichts dieser für ihn erfreulichen geopolitischen Entwicklungen die Armenier eiskalt im Regen stehen lassen, trotz gemeinsamer US-amerikanisch-armenischer Militärmanöver. Schließlich ist man mit den Kurden in Syrien nicht anders verfahren.

    • @MeinerHeiner:

      Ja, und

      "das sich als Republik Arzach für unabhängig erklärte, also weder Teil Armeniens noch Aserbaidschans ist"

      also Արցախ ist ja wohl mal durch und durch so was von armenisch konnotiert.

      • @Ajuga:

        Armenien hat nicht kapituliert, egal wie Arzach konnotiert ist. Punkt.

        • @MeinerHeiner:

          Allerdings würde Alijew bis Jerewan durchmarschieren, wenn er denn könnte. Auch wenn er dafür den Rückhalt Erdogans hätte - dem es wegen seiner panturanischen Grossmachtfantasien sicher nicht ungelegen käme, den armenischen Staat vom Erdboden zu tilgen - würde das doch erheblichen Ärger mit den USA und dem westlichen Bündnis provozieren. Das können sich die beiden grosstürkischen Potentaten Erdogan und Alijew (noch nicht) leisten.



          Es genügt (vorerst), dass die USA aus geopolitischer Sicht - via der Achse Ankara-Baku - einen Fuß in der Tür der südkaukasischen Region haben. Und Putin kann nur ohnmächtig zuschauen, wie sich der Westen in seinem “Hinterhof” niederlässt.

  • Seit Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine ist dieser militärische Konflikt allgegenwärtig.



    Bergkarabach findet noch einmal Erwähnung kurz vor seinem Ende.



    Die Armenier werden das Gebiet " um des lieben Friedens Willens" wohl aufgeben.



    Die Ukraine beharrt auf der Krim.



    Wo genau liegen die Unterschiede?



    Warum ist der eine Krieg scheinbar wichtiger als der Andere?



    Warum wird die Ukraine unterstützt, Armenien aber nicht?



    Es wird im russisch - ukrainischen Konflikt viel mit der Moralkeule hantiert.



    Bei mir entsteht der Eindruck, dass es moralischer wäre, Unterstützung auf die Vielen zu verteilen, die diese nötig haben. Die Konzentration auf die Ukraine ist letztlich unmoralisch.

    • @Philippo1000:

      Ukraine grenzt an EU und NATO-Mitglieder, ist größer, bevölkerungsreicher und strategisch wichtiger als Berg-Karbach, Armenien und Aserbaidschan zusammen. Das spielt bei Fragen der Intervention/Unterstützung nunmal immer eine tragende Rolle.

    • @Philippo1000:

      "Warum wird die Ukraine unterstützt, Armenien aber nicht?"

      Ganz einfach: Aserbaidschan hat - anders als Putins Russland - weder die Fähigkeit, noch die Absicht, die geopolitische Lage von 1998 wieder herzustellen

    • @Philippo1000:

      Danke für Ihr Statement. Sie sprechen mir aus dem Herzen. 8 Jahre durfte die Ukraine seit 2014 die völkerrechtlich nicht anerkannten Donbass-Republiken nach gutdünken beschießen. Da hat bis auf wenige Ausnahmen bis zum Eingreifen Russlands in den Konflikt kaum eine Berichterstattung in der westlichen Medienwelt stattgefunden. Der Ukraine-Konflikt wird seit Februar 2022 täglich mit Neuigkeiten auf allen Kanälen beschworen. Wer kann den Unterschied zwischen bergkarabach-armenischen und donbass-russischen Separatisten erkennen? Wahrscheinlich will man nach dem Wegfall russischer Gaslieferungen mit Aserbaidschan nicht noch einen Handelspartner verlieren, immerhin 3% des Erdgaslieferungen der EU kommen von dort. Jetzt fällt Westeuropa der Deal vom vergangenen Jahr auf die Füße. Diktatoren zu stärken kann eben auch keine Lösung sein.

      • @Thorbjoert:

        Es existieren keine "Donbass-Republiken". Es handelt sich um Gebiete der Ukraine, die von Russland mittels eines nicht erklärten Krieges erobert / besetzt wurden. Und selbstverständlich hat die Ukraine jedes Recht, die Invasoren von ihrem Gebiet zu vertreiben.



        Und seit 2014 ist beinahe täglich von den Medien in D von dem Konflikt berichtet worden.



        Und es gibt auch kaum "donbass-russischen Separatisten". In Wirklichkeit handelt es sich weitestgehend um russische Bürger, die dort kämpfen. Überall in Russland wurde für einen "Einsatz" in der Ukraine geworben. U.a. von der Parteijugend von Putins Partei.



        Wer diesen "freiwilligen Einsatz" bezahlt, dürfte wohl klar sein

      • @Thorbjoert:

        Ein kleines Bischen einseitig oder?

        Die sogenannten Separatisten gab es vor 2014 gar nicht und sind in der Masse russische Staatsbürger, die von Moskau zur (halbwegs) verdeckten Kriegsführung in die Ukraine geschickt wurden. Die Toten im Donbass waren das Werk der russischen Truppen/Söldner.

        • @Chris McZott:

          Das kann so nicht stehen bleiben. Natürlich lebten und leben in der Ukraine Menschen, die sich selbst als Russen definieren, in Regionen wie der Krim, um Donezk und Luhansk sogar zu großen Anteilen der Gesamtvölkerung. Die seit 2014 an dieser Bevölkerungsgruppe verübten Schikanierungen und Gewaltverbrechen haben letzlich zur Eskalation des Konfliktes beigetragen und zu den Unabhängigkeitsbestrebungen geführt. Zur Aufklärung tragen da bei:



          Die arte-Dokumentation "Die neuen Herren im Donbass"



          oder auch einfach mal nach dem 02.Mai 2014 im Zusammenhang mit Odessa suchen, genau dann wird einiges klarer, eben auch die Mehrdimensionalität dessen was in der Ukraine passiert (ist). Leider neigen wir dazu, uns auf den verbrecherischen Überfall des Putin-Regimes zu fixieren und andere Aspekte in diesem Zusammenhang auszublenden.

  • Traurig :(

    • @Timo Heuer:

      Zumal sich die Arzachis bislang drauf verlassen konnten, dass Putins Unterstützung sie vor solchen Angriffen und Repression, Trrorismus usw beschützt.

      Offensichtlich ja nicht mehr. Die Azeris kennen da ja nix, haben bei ihrem Einmarsch ja offenbar sogar ne russische Patrouille aufgemischt (unwahrscheinlich dass es wer anders war).

      Hängt halt jetzt im Prinzip alles dran, wie die Azeris mit der Sache umgehen. Ist ja allgemein anerkannter Weise azerisches Territorium; was sie jetzt *müssten*, wäre, einen legitimen Staatsapparat mit öffentlichen Diensten, Zivilverwaltung usw etablieren, nichtdiskriminierend und auch um die Kriegsschäden zu reparieren.



      Aber wenn sich die azerischen Hardliner und Revanchisten durchsetzen und anfangen Leute zu töten und zu vertreiben, dann wird das traurig für die EU, schlimm für die Kaukasusregion, sehr schlimm für Putin, und katastrophal für die Arzachis, und auch den Azeris wirds nicht guttun.

      Und alles wegen Putins Größenwahn. Der Konflikt war ziemlich solide eingefroren, aber das hing eben zum großen Teil an dieser informellen Kooperation RU/EU zugunsten der armenischen Seite. Aber nun kann Putin sich nicht mehr aktiv um die Sache kümmern, weil er V-Waffen für dne Endsieg bauen lassen muss ^^

      • @Ajuga:

        “Und alles wegen Putins Größenwahn. Der Konflikt war ziemlich solide eingefroren, aber das hing eben an dieser informellen Kooperation EU/RU zugunsten der armenischen Seite.”



        Das ist so schon richtig erkannt. Allerdings gibt es da noch (historische) türkische/panturanische Großmacht-Ambitionen in der Region, die übrigens den Armeniern schon 1915 zum Verhängnis wurden. Die Armenier haben halt das besondere Pech, geografisch genau zwischen den imperialistischen/chauvinistischen Bestrebungen Russlands und der Türkei zu liegen und seinerzeit (in WK1) wurden sie nur durch die schützende Hand Russlands vor Schlimmerem bewahrt. Jedoch weder Deutschland noch die gegnerischen westlichen Entente-Mächte haben damals nur einen Finger gerührt, um die Armenier vor dem Genozid zu schützen.



        Und heute ist es das Pech Armeniens, geopolitisch und ökonomisch von geringem Wert für den Westen zu sein. Anders als Aserbaidschan mit seinem Gas und Erdöl. Vielleicht ist der geostrategische Wert Armeniens für die USA noch als geringer einzuschätzen als der der Kurden im Irak und in Syrien.



        Noch kann Erdogan (im Kaukasus mit Alijew im Schlepptau) nicht “durchmarschieren”, seine Interessen und die der USA sind in Westasien nicht deckungsgleich (siehe die US-Unterstützung der Kurden im Kampf gegen Assad und den IS). Aber mit der Schwächung Russlands im Ukraine-Krieg ist Erdogans Ausgangslage für imperialistische Abenteuer weitaus besser geworden. Klar, dass die USA ihn da irgendwie unter Kontrolle halten müssen.



        Arzach/Bergkarabach konnte da “geopfert” werden, weil die Schwächung Russlands im Kaukasus sowie die militärische Präsenz des NATO-Staates Türkei dort offensichtlich Vorrang haben.



        Soviel wieder einmal zum Thema wertebasierte Außenpolitik.