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Scholz, Lauterbach und die CDUEinhorn unter Ackergäulen

Eigentlich stand dem Kanzler seine Augenklappe gut. Wichtig ist, immer locker zu bleiben. Nur dann nicht, wenn sich die CDU mit der AfD gemein macht.

Bin ich noch Einhorn oder schon Ackergaul? Foto: Firn/imagobroker/imago

D ie Minderjährige, die zu meiner Hausgemeinschaft gehört, hatte diese Woche Geburtstag. Hierzu eine schockierende Information: Sie ist volljährig geworden. Ich hab noch mal nachgerechnet und alle Dokumente inklusive Mutterpass und Geburtsurkunde geprüft. Alles scheint korrekt. Doch was sind schon Fakten, wenn es die gefühlte Wirklichkeit gibt?

Gefühlt hat Bundeskanzler Olaf Scholz beispielsweise ewig lang eine Augenklappe getragen und in diesem verwegenen Outfit die halbe Welt bereist. Er wirkte dabei wie ein Einhorn unter Ackergäulen. Sogar die frisch Volljährige hat seine Existenz plötzlich wahrgenommen. Eigentlich wäre es für ihn ratsam gewesen, sich eine lichtempfindliche Augenkrankheit attestieren zu lassen und nie mehr ohne herumzulaufen. Doch seit dieser Woche ist Scholz wieder Scholz. Schade.

Das wahre Einhorn unter den Regierungsgäulen ist ohnehin Karl Lauterbach. Auch ohne Augenklappe sticht er immer und überall heraus. Sei es, weil er morgens seinen Kamm nicht findet, Fakten im rheinischen Singsang vorträgt oder freudig erregt vor seiner salzarmen Kost steht. Und jetzt fällt der Gesundheitsminister auch noch damit auf, dass er von Krankenhäusern in Deutschland nicht einfach nur Betten, sondern Qualität verlangt.

Die Krankenversicherten sollen in seinem geplanten Krankenhaustransparenzgesetz erfahren können, welche Häuser Operationen und Behandlungen erfolgreich und gut ausführen – und welche nicht. Die Kliniken sind empört. Es könnte zu Engpässen in gut bewerteten Häusern kommen, befürchten sie, weil dann keiner mehr in die Kliniken will, wo es schon viele Komplikationen gab.

Einfach mal locker bleiben

Mit anderen Worten: Die Patienten sollen mal locker bleiben und den Chirurgen, die sonst immer nur Blinddarm auf dem Tisch haben, auch mal eine Herz- oder Hüft-OP gönnen. Ohne Herausforderungen könnte die Arbeitszufriedenheit der Mediziner Schaden nehmen. Wer möchte sich das Leben nicht mal ein bisschen interessanter machen? Auch die CDU in Thüringen wollte mal aus der Oppositionsroutine ausbrechen und zur Abwechslung mal einen Gesetzentwurf zimmern, den auch die rechtsextreme AfD recht gut findet.

Wie hätte der CDU-Fraktionsvorsitzende Mario Voigt ahnen könnten, dass im Thüringer Landtag eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung unter der Führung von Bodo Ramelow regiert? Auch die Thüringer FDP ahnte nichts und ist ebenso überrascht von dem Ergebnis wie 2020, als der Liberale Thomas Karl Leonard Kemmerich mit den Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten gewählt wurde.

Auch da war einfach schwer vorauszusehen, dass auch die Höcke-Partei dem Ministerpräsidenten Bodo Ramelow eins auswischen wollte, weil er von der schmuddeligen Linkspartei ist. Insgesamt könnte man leicht den Eindruck gewinnen, dass die Brandmauer zwischen CDU und AfD in Thüringen tatsächlich ein Raumteiler ist, den man nach Belieben verschieben kann. Sehr feuerfest wirkt er dabei nicht. Aber gefühlt ist für CDU-Chef Friedrich Merz auch ein Raumteiler eine Brandmauer.

Für Gefühltes habe ich grundsätzlich viel Verständnis. Bei der gefühlt Minderjährigen brennt auch ständig etwas an, vor allem emotional. Und selbstverständlich auch zu den unterschiedlichsten Tages- und Nachtzeiten. Während man als junger Mensch in unserer Hausgemeinschaft grundsätzlich von Müdigkeit überwältigt wird, wenn es nach dem Abendessen ans Kücheaufräumen geht, sieht es zu späterer Stunde ganz anders aus. Sofort und unverzüglich muss dann in Liebesangelegenheiten gehandelt werden. Weil sonst die Welt untergeht, und zwar ganz im Ernst.

Schlaftrunken, wie ich war, dachte ich zunächst, mein Rat sei gefragt. Doch es ging nur darum, meine Fahrdienste zur Verfügung zu stellen und draußen zu warten, bis der Liebeskosmos wieder in Ordnung ist. Aber immerhin. Ich werde noch gebraucht. Manchmal. Ein bisschen.

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Silke Mertins
Redakteurin Meinung
Kommentatorin & Kolumnistin, Themen: Grüne, Ampel, Feminismus, Energiewende, Außenpolitik
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11 Kommentare

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  • Ich kann nicht verstehen warum sich die Vorwürfe gegen die Thüringer CDU und FDP richten. Um die Brandmauer zu stabilisieren hätte Links/Grün für den CDU-Antrag stimmen müssen. Es gibt auch keinen vernünftigen Grund die Grunsteuersenkung abzulehnen.



    Wenn man eine Minderheitsregierung führt muss man auch mal Kompromisse mit denen eingehen, von denen man toleriert wird.

  • Gut - weiter so, Frau Mertens ! Richtig und unterhaltsam dazu.

  • Die CDU und die FDP haben die Grunderwerbsteuer gesenkt ....und das ist gut so.



    Nur mit AfD Stimmen möglich gewese, na und?



    Eine Regierung ohne parlamentarische Mehrheit zieht seit Jahren ihr Ding durch...und das ist gut so.

    Ein Ministerpräsident, aufgestellt durch eine SED Nachfolger Partei, wird ohne absolute Mehrheit ins Amt gewählt



    und das ist gut so...

    Realitäten eben...

    Und kommt nicht mit der ewigen Leier



    ...." mit Schmudelkinder spielt man nicht".

    Die Redaktion der taz wird mit Gas/Öl/Strom aus unklaren Quellen geheizt,



    Die Taz Internetverbindungen werden durch in oder ausländische Dienste abgeschöpft usw.



    Noch mal der Frommste, der Gutigste der Gerechte kann in Frieden leben.

    Ich kann mit einer Grunderwerbssteuersenkung...auch mit AfD Stimmen...gut leben.

    • @Peace85:

      Kommentar entfernt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

      Die Moderation

    • @Peace85:

      Sie können gut mit Nazis leben?



      Ich nicht!



      Warum lesen Sie mit einer solchen Einstellung eine linke Tageszeitung - sind Sie vom Stamm der Trolle?

      • @Philippo1000:

        Die Welt wimmelt nach Ihrer Ansicht wohl nur von Trollen wie zB. Peace85



        u. mich, die ohne Scheuklappen durch



        Sich durch das Zeitungsuniversium lesen



        u.für den Blickwinkel einer



        eher linken unabhängigen Zeitung



        interessieren. Es tut mir leid, wenn wir



        sie dabei stören. Im übrigen habe ich aus dem Statement von Peace85 nur



        herausgelesen, dass er mit der Reduzierung der Grunderwerbsteuer



        gut leben kann - nicht aber mit Nazis.



        Liegt das an Ihren Scheuklappen?

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    „Aber gefühlt ist für CDU-Chef Friedrich Merz auch ein Raumteiler eine Brandmauer."



    Immer im „Zentrum", der Vorsitzende als Erbsülzer de.wikipedia.org/wiki/Franz_von_Papen Anagramm für Zentrum: MERZtun.



    Was die Wähler*innen demnächst wohl mit MERZ tun?

  • Die CDU bringt in Thüringen im Landtag einen Vorschlag der Bundesregierung(!) zur Grundsteuersenkung ein und soll dann das Problem sein? Verstehe ich das richtig?

    Ein Bundesland das von einer Koalition regiert wird, welche nicht über die Mehrheit verfügt um auch nur einen Beschluss zu fassen, ohne Stimmen aus der Opposition, welche praktisch von der CDU, von der FDP oder der AfD stammen könnten? Und das Problem ist die CDU?

    Ok...

    • @insLot:

      Nein, das verstehen Sie falsch.

      Der Entwurf, der den Vorschlag der BuReg umsetzt (Vergünstigung NUR für SELBSTSGENUTZTEN Wohnraum VON FAMILIEN), stammt von der Landesregierung, und wurde mit der Mehrheit der Rechtsparteien abgelehnt.

  • Piraahat! (Zitat)



    ...find ich gut! ( Zitat)



    Der wurstfingrigen CDU möchte ich, als Vegetarier, eher



    Begriffe wie: " Herumwusteln" , "Schweinerei" oder "Sauhaufen" zubilligen. Das Verb Zimmern, sollte aus Arbeitsschutzrechtlichen Gründen, sowie Abwertung eines ehrbaren Berufsstandes, in diesem Zusammenhang nicht verwendet werden.



    Ansonsten stimme ich mit dem Inhalt des Artikels überein -



    was Scheinerwachsene betrifft, so findet sich zusätzlich noch die dankbare Aufgabe des " Hinterherräumens", dass in seiner Vielfalt interressante Aspekte liefert.



    Mit herzlichem Dank für Lichtblicke im trüben Alltag !

    • @Philippo1000:

      Wirklich erwachsen wird man ja erst mit 23.

      Insofern ergänze ich gerne noch um die Aufgabe des Erklärens, warum es auf einmal überall brennt, und wo all die Autos in Derna, Beijing und Bayersoien ihr Seepferdchen gemacht haben.