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Ideen gegen die KlimakriseUrlaubsbonus für Nachhaltigkeit

Fördern statt fordern, meint unser Autor. Warum nicht Belohnungen für alle, die sich nachhaltig verhalten? Finanzierbar wäre das auch.

Wer Zug fährt statt zu fliegen, bekommt einen extra Urlaubstag für die Reise Foto: imago

W ir plaudern über den Urlaub. Wie war es auf der Berghütte? Wer traut sich noch nach Bali, wenn die Hitze auch zu uns kommt? Dann sagt die Bekannte: „Wir nehmen ja den Nachtzug nach Italien. Eigentlich müssten wir für diese Reisestrecke zwei Urlaubstage extra bekommen.“

Tolle Idee: Wer nachweisen kann, dass er nachhaltig in die Ferien fährt, bekommt die Reisezeit als zusätzliche Urlaubstage geschenkt. Das wäre doch was: Wer zwei Wochen Bali oder Ballermann gegen Baden in Baden-Baden eintauscht, kann dafür eine Woche länger kurlauben. Dafür brächte es nur ein „Urlaubsplanungs-Nachhaltigkeits-Förderungs-Gesetz“ (UNFG). So erreichen wir vielleicht doch noch die Klimaziele. Und die Regierung kommt sicher aus dem Stimmungstief.

Völlig ungeahnte Freiheiten (hallo, FDP!) würden sich ökologisch wertvoll (huhu, Grüne!) in regionale Ferienökonomie samt Biergarten und Currywurst (zur Sonne, zur Freiheit, SPD!) umsetzen. Je nachhaltiger, desto urlauber: Für die CO2-freie und ökosozial wertvolle Radtour von Berlin nach München bekämen RadlerInnen diese Woche und ein paar Radler spendiert. Friedlich vereint wären Deutschlands liebste Hobbys: Urlaub machen, Schnäppchen jagen, sich öko fühlen. Klingt wie das Versprechen beim Start der Ampelkoalition.

Kein Fordern, nur Fördern! Wer sich nachhaltig und verantwortlich verhält, wird belohnt: Wer sein Auto abmeldet, muss beim Bürgeramt nie mehr anstehen. Wer im Winter 20 Prozent seiner Heizung spart, darf sich über eine Saisonkarte für seinen Bundesliga-Verein freuen. Wer auf dem Balkon seinen Strom erntet, darf sich im Kino die besten Plätze aussuchen.

Das ließe sich aufs große Ganze ausweiten: Vernunft und Verantwortung würden endlich belohnt. Wer es schafft, ohne Plastikmüll zu leben, darf eine der streng limitierten modischen Jacken tragen, auf denen „Müllheld*in“ steht. Wer sein Elektro-SUV nur einmal die Woche und defensiv fährt, bekommt gratis ein Deutschlandticket.

Wer freiwillig auf höheres Gehalt und mehr Konsum verzichtet, bekommt ein Bundes-Gering-Verdienst-Kreuz. Wer an einer roten Ampel stoppt, bekommt jedes Mal einen Euro ausgezahlt. Der grüne Nanny-State wäre richtig großzügig. All das nur mit Anreizen, kaum Zwang oder Ordnungsrecht. FDP und Union werden jubeln. Und schließlich: Wer ordentlich Steuern zahlt, bekommt sie mit einem Dankeschön des Finanzministers zur Hälfte wieder zurück.

Alles nicht zu finanzieren? Es gäbe schon Wege: Jeder Bonus braucht einen Malus: Wir könnten den Bali-Reisenden und Viel-Rasern ein paar Wochen Urlaub abziehen. Oder einfach Geld drucken. Die Entscheidung darüber würde ich vertrauensvoll Christian Lindner überlassen. Der bekäme für seinen Urlaub auf Sylt ja auch eine Woche extra frei.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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4 Kommentare

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  • Mal ganz im Ernst. Das einfachste ist die Subventionen für fossile Produkte einfach zu streichen (Gewerblich genutztes Kerosin, Dieselsubventionen, Dienstwagenprivileg, Tonnagesteuer).

    Sogar Herr Lindner könnte über diese möglichen massiven Mehreinnahmen des Fiskus eigentlich frohlocken.

    Wenn er denn wollen würde... .

  • Mit dem Zug nach Sylt, dann aber tagelang nur Hummer futtern.



    Mit dem Zug im Winter nach Österreich, dann aber auf Kunstschnee Skifahren.



    Mit der 4-köpfigen Familie im Zug in den Urlaub; ein Zug fällt aus, der andere ist verspätet, die Stimmung ist der Explosion nahe.

    Diese Nachhaltigkeits-Boni sind nett gemeint, in der Realität aber nie sauber umsetzbar. Solange die Alternativen nicht attraktiver sind bzw. attraktiver gemacht werden, wird der Großteil freiwillig nicht wechseln. Und das ist auch vollkommen in Ordnung.

    • @Mopsfidel:

      Die Vorschläge der Kolumne sind wohl doch eher im Bereich von Satire, Glosse und Persiflage zu verorten, denn als ernst gemeinter Diskussionsbeitrag.

      • @Ingo Bernable:

        Eine kolumne ist eine Meinung eines Journalisten. Die kann auch satirisch daher kommen. Im vorliegenden Fall wäre die Glosse dann aber sehr schwer als solche zu verstehen. Ergo würde ich behaupten, die Aussage von Bernhard Pötter ist wohl eher ernst zu nehmen.