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Was tun gegen Rechtspopulismus?Alle Macht den Kommunen

Kommentar von Daniel Dettling

Nach jüngsten Erfolgen der AfD ist das Land in Aufruhr. Rechtspopulismus hat dort den größten Erfolg, wo demokratische Parteien auf dem Rückzug sind.

Katrin Ebner-Steine (AfD) volkstümlich beim Gillamos in Bayern Foto: Pia Bayer/dpa

P opulisten sind Reaktionäre, die sich nach der intakten Welt eines eingebildeten goldenen Zeitalters zurücksehnen – so beschreibt es der in den USA lehrende Ideenhistoriker Mark ­Lilla. Sie seien keine Revolutionäre, die ihre politischen Wünsche auf die Zukunft ausrichten, sondern Verteidiger eines nostalgisch verklärten Zeitalters, in dem sich Mensch, Welt und Gott in Harmonie befanden. „Früher war alles besser“ ist das Lied der Reaktion. Eine Welt, in der es noch ein nahezu überall geteiltes Rollen-, Geschlechter- und Familienverständnis gab. Eine Welt ohne Gendersterne, Minderheitenrechte und Zuwanderung.

Der Rechtspopulismus ist also die große kulturelle Gegenbewegung zum empfundenen linksliberalen Zeitgeist. Er begann bereits 1989 mit dem Ende des Kommunismus und dem Siegeszug des Kapitalismus und sieht sich als Gegenbewegung zu 1968, einer seitdem „linksgrünversifften Republik“, zu der er auch anständige Konservative zählt.

Der Rechtspopulismus ist der „Schaum auf der Welle“, erklärte der parteilose Landrat von Mittelsachsen, Dirk Neubauer, jüngst in einem Interview mit der taz. Doch wie bricht man die Welle? Die AfD ist ein Symptom für den Zustand unserer Gesellschaft. Nur noch ein Drittel der Bevölkerung traut der Politik in Berlin und in den Landeshauptstädten.

Die AfD ist kein ostdeutsches, sie ist ein gesamtdeutsches Problem. In Regionen mit ähnlichen Sozialstrukturen entfallen die Ost-West-Unterschiede. Dort, wo sich Bürger abgehängt und als Verlierer fühlen, wählen sie eher rechtspopulistisch als in boomenden Re­gionen und Ballungs­gebieten. Die Stärke der AfD in ländlichen, weniger dicht besiedelten Regionen ist Folge der anhaltenden Schwäche der ehemaligen Volksparteien CDU und SPD und (im Osten) der Linkspartei.

Der Osten ist Trendsetter

Umfragen zufolge ist die große Mehrheit der AfD-Wähler von den „anderen Parteien“ enttäuscht. Nur mit konkreter und pragmatischer Politik lassen sich diese Wähler zurückholen. „All politics is local“: Wahlen werden lokal auf den Plätzen, in den Straßen und vor den Haustüren gewonnen – oder verloren.

Hier ist der Osten Trendsetter: Die Kluft zwischen den Parteien und ihren Wählern, zwischen Führung und Basis, ist hier größer und wächst schneller als im Westen. Der Westen wird nachziehen, auch weil die Parteien der Bonner Republik, CDU, SPD, FDP und Grüne, bundesweit zunehmend als „Medienparteien“, wie Marcel Lewandowsky es nennt, wahrgenommen werden.

Die Kommunen Sonneberg und Raguhn-Jeßnitz haben eins gemeinsam: Sie zeigen den politischen Leerraum, der in vielen, vor allem entlegenen ländlichen Regionen entstanden ist. Ihre Bewohner sehen sich auch innerlich weit von den Großstädten entfernt. Deren Themen wie autofreie Innenstädte, Heizen mit Wärmepumpen und fleischlose Ernährung empfinden hier viele als neue Form der politischen Entmündigung.

Rückkehr der demokratischen Parteien

Ländliche Kommunen brauchen gute Bürgermeister und keine moralische Belehrung. Wo die Menschen das Gefühl haben, beteiligt und gehört zu werden, sind die politischen Verhältnisse stabiler und konstruktiver. CDU, SPD, Grüne und FDP waren in den genannten, von der AfD gewonnen Kommunen zuletzt nicht mehr präsent. Doch fast alle ihrer Wähler in Sonneberg und Raguhn-Jeßnitz können sich vorstellen, in Zukunft wieder CDU oder SPD zu wählen, berichten Beobachter vor Ort.

Drei Ideen also zur Rückkehr demokratischer Parteien und zur Stärkung der Kommunen: mehr Personal- und Bildungspolitik, ein Demokratiedienst und flexible Finanzen. Erstens müssen die demokratischen Parteien kommunalpolitisch aufrüsten. Die besten Köpfe müssen (auch) in den Kreistagen und in den Gemeinderäten und nicht nur im Bundestag und im Europaparlament sitzen. Politische Bildungsarbeit und die Personalpolitik der demokratischen Parteien müssen gestärkt, nicht abgebaut werden.

Wenn sich immer mehr Menschen ohnmächtig gegenüber den Krisen unserer Zeit fühlen und einen „sozialen Klimawandel“ fürchten, braucht es zweitens mehr demokratische Bürger. Selbstwirksamkeit und das Gefühl der eigenen Handlungsautonomie entstehen durch eigenes Engagement.

Engagement muss sich auch finanziell lohnen

Statt die Freiwilligenprogramme zu kürzen, wie es die Ampelregierung in Berlin vorhat, müssen sie massiv ausgebaut werden. Es braucht einen „kommunalen Demokratiedienst“ und keinen „sozialen Pflichtdienst“. Von den heute rund 100.000 Jungen, die einen Freiwilligendienst ausüben, sollte sich ein Drittel in strukturschwachen Regionen engagieren, in Ost wie West.

Aus Protestwählern müssen wieder Bürger werden, die Zukunft nicht erleiden, sondern mitgestalten

Warum sollte, wer in diesem Land ein öffentliches Amt übernehmen oder im öffentlichen Dienst tätig werden will, sich für mehrere Monate vor Ort nicht öffentlich und freiwillig vorher engagiert haben? Demokratisches Engagement muss sich auch finanziell lohnen.

Das gilt auch für die Kommunen. Etliche Kommunen sind unterfinanziert und benötigen mehr Eigenmittel und finanziellen Spielraum statt Förderanträge und Bürokratie von oben. Finanziell handlungsfähige Kommunen sind in Krisen systemrelevant. Das gilt auch für die Krise der Demokratie.

Die liberale Demokratie als Lieferservice

Die zunehmende Entfremdung zwischen Politik und Bürgern ist kein Automatismus. Aus „Medienparteien“ müssen wieder Parteien werden, die sich um die Lösung von Problemen kümmern. Aus Protestwählern müssen wieder Bürger werden, die Zukunft nicht erleiden, sondern mitgestalten. Und aus Kommunen wieder die Keimzellen der Demokratie.

Die liberale Demokratie sei immer mehr zu einem „Lieferservice geworden“, kritisierte Winfried Kretschmann und forderte einen „neuen Republikanismus“. Eine starke Demokratie braucht starke Bürger. Von der Alternative – einer schwachen Demokratie und Bürgern, die sich ohnmächtig fühlen – profitieren nur die Feinde der Zukunft.

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19 Kommentare

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  • Das reaktionäre "Früher war alles besser" findet sich hierzulande nicht nur auf der rechten Seite, sondern vor allem bei denen, die den motorisierten Individualverkehr wieder abschaffen wollen, in Großstädten dörfliche Lebensformen einführen wollen, von Landwirtschaft ohne Pflanzenschutzmittel und "Massentierhaltung" träumen, Energie hauptsächlich mit Windmühlen erzeugen wollen und den Lebensstandard auf das Niveau der 70er Jahre zurückfahren wollen.

    • @Budzylein:

      Dabei geht es nicht darum, dass angeblich früher alles besser war, den sauren Regen, das FCKW und das Dioxin, will sicher keiner zurück, sondern schlicht darum sich die eigene Lebensgrundlage nicht vollends zu zerstören. Wenn sie einen Vorschlag haben wie das auf einen höheren Lebenstandard der westlichen 70er, der für sehr viele Menschen immer noch erhebliche Zugewinne bedeuten würde, möglich sein sollte, wird sich dem sicher kaum jemand verweigern. Aber mit immer noch mehr Wachstum werden sie der Klimakatastrophe kaum wirkungsvoll begegnen können.

  • Dann halten Sie doch gern fest an die im Artikel forgescllagene Erklärung, dass

    "die Stärke der AfD in ländlichen, weniger dicht besiedelten Regionen die Folge der anhaltenden Schwäche der ehemaligen Volksparteien CDU und SPD und (im Osten) der Linkspartei ist".

    Ich habe ja nur geschrieben, dass ich nicht davon halte und es bleibt dabei.

    Mein Verständnis von Neoliberalismus basiert im wesentlichen auf Texte von:



    Thomas Piketty,



    Emmanuel Saez,



    Gabriel Zucman,



    Manuel Castells,



    Immanuel Wallerstein,



    Naomi Klein



    Jean Ziegler



    und andere

  • Für Herrn Dettling scheint die Idee, dass Schüler(:innen) – die Klammer, weil es für die männlichen Jugendlichen wichtiger sein soll – einen sozialen Dienst im ländlichen Raum machen, eine Art Allheilmittel zu sein. Es werde mehr Männer in die Care-Berufe bringen, mehr Städter:innen aufs Land, es werde Frauen entsprechend von dieser Arbeit entlasten und wieder in Vollzeitarbeit bringen, so dass im ländlichen Raum ein Wirtschaftsboom beginnen könne, was dann wiederum dazu führe, dass Wähler(:innen?) von der AfD zu C*U und SPD zurückkehren. Voraussetzung sei aber eine anständige Entlohnung und ein Einsatzplan, der vor Ort bestimmt werde.



    Ich bin sowohl gegenüber dem monokausalen Analyseansatz als auch gegenüber der Praktikabilität des Vorschlags ohne Zwang und Nudging skeptisch. Natürlich ist es ein Teil des Problems, dass einige Gegenden für junge, gut ausgebildete Arbeitskräfte unattraktiv sind und bestimmte „systemrelevante“ Berufe – gerade solche im Care-Bereich oder überhaupt mit Kund: innen-Kontakt – miserabel entlohnt werden. Für eine Lösung muss aber in erster Linie Geld in die Hand genommen werden und in Infrastruktur und vernünftige Bezahlung investiert werden.



    Das wird insbesondere ohne eine Vermögenssteuer kaum gehen, da alle übrigen Steuern überproportional die Habenichtse belasten, die Konjunktur abwürgen und obendrein nicht genug einbringen. Selbst die Erbschaftssteuer dürfte nur schwer auf die nötigen höheren zweistelligen Milliardenbeträge im Jahr kommen. Man kann natürlich auch über eine Schuldenfinanzierung nachdenken, aber die Frage stellt sich schon, was davon im Augenblick politisch noch eher durchsetzbar ist. Da die Schuldenbremse im Grundgesetz verankert ist, dürfte vermutlich eine grundgesetzkonform ausgestaltete Vermögenssteuer realistischer sein. Wenn man dann aber Geld hätte, müsste man es klug investieren, und ob das dann der Sozialdienst für Jugendliche in Brennpunkten ist?

  • Wenn da was funktionieren soll brauchen die Kommunen mehr Eigenverantwortung, die nur mit mehr Geld wahrgenommen werden kann. Der Trend immer mehr dem jeweiligen Land und dem Bund zu überlassen muss umgekehrt werden. In der Kommune weiß man was benötigt wird und wo es fehlt, dass benötigte Geld muss nicht erst durch unzählige Hierarchieebenen gedreht werden, die selbst nur Geld verschlingen sondern muss direkt zugewiesen werden. Bei Korruption früher Freiheitsstrafen und schnellere Verfahren.

    • @Axel Schäfer:

      Sicher kann man darüber nachdenken mehr Kompetenzen an die Kommunen zu geben, sollte dabei aber auch die Nachteile solcher kleinteiliger Parallelstrukturen vor Augen haben, die etwa die Bauwirtschaft über kommunale Bauordnungen klagen lassen, die serielles und damit günstigeres Bauen praktisch unmöglich machen, oder WKA-Projektierer die für den Transport eines einzelnen Bauteils hunderte von Genehmigungen bei den Kommunen einholen müssen die dann für ein paar Kilometer Teilstrecke mit jeweils ganz unterschiedlichen Auflagen genehmigt werden oder eben auch nicht, womit dann die ganze Streckenplanung hinfällig ist, ...

  • Parteien sollen keine Medienparteien mehr sein? Wird leider nicht erklärt, was das sein soll. Zu viel Twitter und Co, also mehr Basisarbeit? Die AFD hat Erfolg, weil sie die sozialen Medien so gut nutzt und wie die Linke vor Ort präsent ist, aber hat das mit Inhalten, die näher am "Volk" sind zu tun?



    Erkläre einer, warum auch der Besitzer mehrer Mietshäuser aus Angst vor dem Verlust von Reichtum ohne Probleme AFD wählt?



    Die Erklärung für den Wahlerfolg der AFD, Wohlstandverlierer, ist viel zu einfach, da das Potential für Rassismus bundesweit bei über 20 Prozent liegt.



    Der MDR setzt auf mehr regionale Berichterstattung im ARD-Morgenmagazin, statt die Komplexität der globalen Welt besser zu erklären. Diese Medienstrategie, die sich in einen provinziellen Kokon einspinnt, ist fatal, duckt sich vor dem Erfolg des Rechtspopulismus und des Rechtsextremismus weg.



    Der MDR liefert, was Merz fordert, mehr "Ausgeglichenheit" in den Medien für "normale" Bürger.

  • Schlimm, das es so ist, dass in angehängten Regionen die Leute sich nicht mehr anders zu helfen wissen, als diese Truppe AFD zu favorisieren.



    Schlimmer noch, wie tief AFD Denke in Konservativen Köpfen vorhanden ist. Ich überfliege bisweilen Leserkommentare in " Focus "und ähnliche Zeitschriften des bürgerlichen Lagers.Was ich da zu lesen bekomme, macht mir richtig Angst...

  • "Dort, wo sich Bürger abgehängt und als Verlierer fühlen, wählen sie eher rechtspopulistisch als in boomenden Re­gionen und Ballungs­gebieten. "

    Soso. Und man fragt sich, warum die AfD in NRW bei 13% liegt (was schlimm genug ist, aber weit weg von den Werten im Osten). Während die Arbeitslosigkeit im Pütt in Teilen wesentlich höher ist als in den AfD-Hochburgen im Osten.

  • "Die Stärke der AfD in ländlichen, weniger dicht besiedelten Regionen ist Folge der anhaltenden Schwäche der ehemaligen Volksparteien CDU und SPD und (im Osten) der Linkspartei".

    Von dieser eindimentionalen Erklärung halte ich nichts.

    Im Rückspiegel der letzten 40 Jahre ist es Mindestens genau so plausibel zu Behaupten, dass rassistische, identitäre und autoritäre Bewegungen die (logische) Folge oder integrierter Bestandteil der Neoliberalismus ist.

    Der Neoliberalismus setz in Thinktanks, Werbung und politmediale Kampagnen vollkommen ungeniert auf ungehemmte Konkurrenz zwischen Individuen, Nationen, Regionen, Märkte, Kulturen, Glaubensrichtungen, Subkulturen usw und schrecken nicht zurück vor unerträgliche soziale Ungerechtigkeit sowie vor identitären Hetze und Konflikte zwischen Gruppen und Individuen, wenn es darum geht, die Vormachtstellung vor allem einer wirtschaftlichen Elite zu schützen.

    Die rassistischen und identitären Parteien und ihre Wähler :innen ist in diesem Sinne für diese Elite sehr nützlich, weil sie eben die Gesellschaft spaltet und damit die Demokratie schwächt - damit es auf gar kein Fall zu einer Politik der Gleichstellung, Umweltschutz und sogar soziale Umverteilung kommt.

    • @Nilsson Samuelsson:

      "Mindestens genau so plausibel zu Behaupten, dass rassistische, identitäre und autoritäre Bewegungen die (logische) Folge oder integrierter Bestandteil der Neoliberalismus ist."



      Demnach hätte es Schleswig-Holstein sehr viel weniger Neoliberalismus gegeben als in Sachsen. Besonders plausibel erscheint mir das nicht, eher nach dem Versuch das Problem zwanghaft in das gewünschte Erklärungsmuster zu pressen, aber wenn es immer die eine Ursache, der Neoliberalismus/die USA/die Ausländer/der Teufel ist, die für alles Schlechte in der Welt verantwortlich ist, ist es halt meistens nicht wahr.



      Und woran konkret machen sie den Neo-Liberalismus der letzten Jahre eigentlich fest? Daran, dass es während der Pandemie keine Staatshilfen und Regeln gab weil man auf Minimalstaatsprinzip und die unsichtbare Hand der Märkte setzte? Dran, dass man derzeit statt mit Milliardensubventionen Industriepolitik betreibt, dise abbaut und Deregulierung betreibt? Daran, dass man nicht über die Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen diskutiert, sondern die Privatisierung öffentlicher Güter vorantreibt?

      • @Ingo Bernable:

        Dann halten Sie doch gern fest an die im Artikel forgescllagene Erklärung, dass

        "die Stärke der AfD in ländlichen, weniger dicht besiedelten Regionen die Folge der anhaltenden Schwäche der ehemaligen Volksparteien CDU und SPD und (im Osten) der Linkspartei ist".

        Ich habe ja nur geschrieben, dass ich nicht davon halte und es bleibt dabei.

        Mein Verständnis von Neoliberalismus basiert im wesentlichen auf Texte von:

        Thomas Piketty,

        Emmanuel Saez,

        Gabriel Zucman,

        Manuel Castells,

        Immanuel Wallerstein,

        Naomi Klein

        Jean Ziegler

        und andere

        • @Nilsson Samuelsson:

          Nur ist dieses Sammelsurium populärer linker Autor*innen eben keine vernünftig operationalisierbare Definition von Neo-Liberalismus und eigentlich nicht mal ein in sich kohärentes Theoriegebäude. Castells Strukturalismus, Wallersteins Weltsystemtheorie, Kleins Globalisierungs- und Pikettys Kapitalismuskritik sind zwar sicher alle irgendwie links, in ihrer Genese dann aber doch eher heterogen. Ihr 'Neoliberalismus' wird damit zum undifferenzierten und letztlich hohlem Schlagwort für den kapitalistischen Status Quo, das zwar routiniert als linker Kampfbegriff verwendet wird, aber längst jede analytische Schärfe verloren hat.



          Sicher ist richtig, dass die rot-grünen Jahre unter Schröder von neo-liberaler Ideologie beeinflusst waren. Gegenüber dem was die Chicago Boys wollten oder dem was unter Reagan, Thatcher oder gar Pinocht umgesetzt wurde war das aber auch schon ein eher weichgespülter Neo-Liberalismus und auch als Linker könnte man anerkennen, dass das inzwischen 20 Jahre her ist und die allgemeine Entwicklung längst wieder gegenläufg ist. Das anzuerkennen bedeutet ja längst noch nicht zu behaupten, dass alles gut wäre und eine Kritik die auf einer nachvollziehbaren, realen Grundlage steht hat es am Ende vielleicht doch auch leichter Gehör zu finden als ein reflexhafte Eindreschen auf die immer gleichen alten Schablonen.

          • @Ingo Bernable:

            Was wollen Sie mir eigentlich damit sagen?

            Außer dass ich, Ihrer Meinung nach meine Zeit mit einem "Sammelsurium populärer linker Autor*innen" vergeudet habe.

            Welche Lektüre empfehlen Sie mir.

            • @Nilsson Samuelsson:

              Mit welcher Lektüre sie ihre Zeit verschwenden oder auch nicht ist mir reichlich egal. Auf was ich hinaus möchte ist die Notwendigkeit einer klaren Definition. Genau das war ja auch schon die Ausgangsfrage. Wenn Neo-Liberalismus zum Platzhalter für alles wird was irgendwie kapitalistisch oder nicht-sozialistisch ist wird es eben von einer analytischen Kategorie zu einer vollkommen leeren Phrase.



              Wenn sie es aber genauer fassen und nach Dingen wie Minimalstaatsprinzip, Privatisierungen, Kommodifizierungen, Dereuglierungen, Primat der freine Märkte, etc. schauen wird es mit der Theorie der ungebrochenen neo-liberalen Hegemonie recht schnell recht dünn. Aber auch das hatte ich ja schon angesprochen.

              • @Ingo Bernable:

                OK und im Ergebnis wollen Sie mir jetzt raten, mich der Erklärung aus dem Artikel anzuschließen?:







                "Die Stärke der AfD in ländlichen, weniger dicht besiedelten Regionen ist Folge der anhaltenden Schwäche der ehemaligen Volksparteien CDU und SPD und (im Osten) der Linkspartei".

  • An sich ja ein ganz interessanter Artikel, aber komprimiert ergibt sich lediglich die Quitessenz :

    1. "Selbstwirksamkeit", "Handlungsautonomie" und "eigenes Engagement" ? Sehr gerne ! . Aber bitte nur so das sie der vordefinierten erwünschten Form der "Demokratie" nutzt und sich das auch beim Wahlgang.



    2. Alle "Anderen" kriegen einen "kommunalen Demokratiedienst" an die Hand um den Weg aus dem Dunkeln zu weisen



    3. Nur wer im "kommunalen Demokratiedienst" seinen Dienst verrichtet hat (ggf. noch verbunden mit einem Parteieintritt oder Mitgliedschaft in einer NGO, die sich da wieder reinwurtschteln wird (Amadeo Antonio) darf im Nachgang im öffentlichen Dienst arbeiten.

    Ich bin gespannt ob, wenn die AfD irgendwann in einer Sonntagsumfrage bei 50% landen wird, aus den obigen Vorschlägen die auf Freiwilligkeit beruhen gesetzkich verankerte Pflichten werden. Schließlich wird man dann eine hochmotivierte und politisch voll auf Linie liegende Truppe "fürs Grobe" brauchen. Dann sind Taten gefordert, und keine Worte.

  • Das Problem scheint mir aber zu sein, dass AfD-Politikerinnen und Politiker bei Kommunalwahlen so auftreten, als ginge es gar nicht um Kommunalpolitik, sondern um Bundes- oder gar Europapolitik.

    Wählerinnen und Wähler halten es genauso. Entweder bringen sie mit ihrer Wahl ihre beschissene Nazi-Gesinnung zum Ausdruck oder sie glauben, sie könnten dadurch den verhassten politischen Eliten mit ihrem "Gender-Gaga" und angeblich offenen Grenzen eins auswischen.

    Normalerweise wählen die Leute bei Kommunalwahlen die Politiker, die gezeigt haben, dass sie zum Wohl der Gemeinde arbeiten oder glaubwürdig darstellen können, dass sie dazu in der Lage werden. Die Parteizugehörigkeit ist dabei oft zweitrangig.

    In diese gemütliche Suppe hat die AfD ordentlich reingespuckt.

    Dies den Leuten klarzumachen, das ist die Aufgabe von Kommunalpolitikern. Auch wenn ich ihn nicht leiden kann, man bräuchte ein paar hundert vom Schlag des Boris Palmer. Der würde diese Leute entzaubern und gleichzeitig an die Wand quatschen und dann dort stehen lassen.

    • @Jim Hawkins:

      "Auch wenn ich ihn nicht leiden kann, man bräuchte ein paar hundert vom Schlag des Boris Palmer. "

      Boris Palmer ist überregional ausschließlich wegen seiner rechten Ausfälle bekannt. Deshalb rennt der Mann bei mehr Talkshows herum, wie alle anderen Bürgermeister von Städten der ungefähren Größe Tübingens zusammen.



      Das ist seit Ewigkeiten in diesem Land immer dasselbe. Die Rechtsausleger der Parteien sind ständig im TV. Sarrazin, früher Ossi Metzger, heute Palmer, Maaßen, etc. pp.



      Höcke ist nicht vorzeigbar, sonst würd der auch ständig bei Lanz & Co. rumrennen. Und das liegt - na sicher - daran, dass die ÖR so unglaublich links sind.