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Camping im WandelCaravan statt Zelt

Campingmobile vermehren sich nicht nur, sie werden auch immer größer. Wer aber ursprünglich zeltet, hat mehr Spaß – auch mit Crémant und Crevetten.

Camping in Frankreich ist wunderbar Foto: Simone Schmollack

W er wissen will, wie sich Camping verändert, fährt am besten auf einen französischen Zeltplatz. Die Französ:innen, das muss man wissen, sind DIE Campernation. Über 11.000 Zeltplätze, das sind zehnmal so viele wie in Kroatien und dreimal so viele wie in Deutschland, wo es immerhin rund 3.000 Campingplätze gibt. In Frankreich finden sich über 65 Prozent aller Zeltplätze in Europa.

Und die sind nicht nur unfassbar günstig – zwischen 15 und 30 Euro für ein Zelt, ein Auto, zwei Menschen und eine Nacht –, sondern meistens traumhaft gelegen – an einem See, einem Fluss, einem Naturpark, in einem Tal, am Atlantik, am Fuße eines Schlosses, im Wald. Sie sind in der Regel gut ausgestattet – großzügige und saubere Sanitäranlagen, Kühlschrank, Waschmaschine – und immer frei. Wann auch immer man spontan an einem Site de Camp ankommt, es gibt einen freien Stellplatz.

Ich weiß das, ich campe seit einigen Jahren im Sommer in Frankreich – Loiretal, Bretagne, Normandie, Champagne, Atlantik – und das mit wachsender Begeisterung. Besser geht’s nicht: Man ist den ganzen Tag draußen, spart Ressourcen, Organisation, Zeit. Innerhalb von 20 Minuten ist das Zelt aufgebaut, der Tisch aufgestellt, der Crémant aufgemacht. Bevor man im Hotel eingecheckt, ein kleines Bistro gefunden und ein Glas Rosé bestellt hat, ist locker eine Stunde vergangen.

Das (Urlaubs)Leben im Zelt verkommt allerdings gerade zur Ausnahme. Die Dichte an Zelten nimmt potenziell zu den anfahrenden Wohnmobilen ab. Oder anders ausgedrückt: Auf 1 Zelt kommen gefühlt 100 Wohnmobile, Camper Vans, Camingbusse. Auf einem Zeltplatz an einem irre schönen See waren wir die einzigen Gäste mit einem Zelt. Der Zelt-Platz befand sich auf der anderen Seeseite, fernab des üblichen Campingtrubels mit Restaurant, Shop, Waschanlagen. Und so kam, dass wir eine Hektar große Wiese und die Badestelle dort für uns ganz allein hatten. Wir sahen die Entenfamilie übers Feld wackeln und ins Wasser platschen, hörten die Pferde in der Koppel wiehern und die Vögel zwitschern.

Wenn der Korken knallt

Diese nah am Romantik-Kitsch schrammelnde Idylle war nicht mehr zu toppen, nur noch, sagen wir mal, luxuriös zu ergänzen: mit Champagner und Crevetten. Wenn der Korken knallt und die Krustenteile in Olivenöl mit Knoblauch und Chili in der Campingkocherpfanne brutzeln, kann die Welt nicht schlecht sein.

Na ja, ein bisschen vielleicht. Denn auf anderen Campingplätzen bauten wir unser Zelt zwischen Automobilen auf, in denen ein ganzer Hausstand Platz hat. Manche dieser Camper Vans, Campingwagen und Caravans hatte das Ausmaß eines Doppeldeckers und war ausgestattet mit einem Bad, das mehr Platz bietet als ein Pariser Hotelapartment. In diesen Bussen findet eine siebenköpfige Familie Platz, in der Regel steigen da aber nur zwei Menschen aus, eine Frau und ein Mann, nicht selten an ihrer ähnlichen Kleidung als langjähriges Paar erkennbar. Die Caravan-Rentner:innen begnügten sich nicht nur mit ihrem Reisemobil als Urlaubsutensil, es mussten noch ein Vorzelt und davor eine Markise aufgebaut werden.

Und wenn man sich erst einmal so komfortabel, liebevoll und raumgreifend eingerichtet hat, verlässt man diesen Platz natürlich auch nicht. Nicht einmal zum Pool, den – nebenbei bemerkt – beinahe jeder französische Zeltplatz zu bieten hat, solange es weder See noch Fluss noch Meer in der Nähe gibt. Doch das ist noch immer nicht alles im neuen Campingparadies, der Trend geht zum Zweitteppich im Vorzelt und Terracottahunden vor der Campingbustür, einer links, einer rechts.

Die alles überragende Frage jedoch ist: Was trinken die im Rundumsorglosmobil Reisenden? In den Caravan-Kühlschrank passt das feinste Gesöff: Pastis, den man immer mit Eis trinken muss, Rosé, der auch nur ausreichend gekühlt erfrischt, Citron Pressé – neben Perrier, das auch nur ein schlichtes Sprudelwasser ist – das berühmteste französische alkoholfreie Getränk aus frischem Zitronensaft, Eiswürfeln, Wasser und ein wenig Zucker. Doch was kippen die Menschen in den großen Maschinen in sich hinein? Bier. Aus Büchsen.

Wenn bei uns am wackligen Campingtisch der Korken mit Karacho in die Luft ging, flogen die Köpfe der Caravan-Rentner:innen herum, und ich meinte in manchem ihrer Blicke eine Sehnsucht nach dem einfachen Zeltplatzleben entdeckt zu haben. Und das ist gar nicht so schwer: Zelt, Iso-Matte, Schlafsack, Crémant und Crevetten – fertig ist der perfekte Frankreich-Urlaub.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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4 Kommentare

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  • Wir haben gerade eine 10monatige Radreise mit Zelt hinter uns und können das nur bestätigen. Frankreich ist das schönste Campinglabd mit sehr vielen kleinen, familiengeführten Plätzen. Leider verkommen viele Plätze, gerade in der Nöhe der touristischen Hotspots zu gigantischen Sondermüll Parkplätzen für lauter Schneckenhäuser und wir waren sehr oft das einzige Zelt. An der Mosel der reine Horror!

  • Klingt ja alles ganz nice, so alleine auf 1ha am See. Mag sein, dass die Rentnerinnen und Rentner auch Wehmut verspüren, wenn der Anblick eines einfachen Zeltes an eigene längst vergangene Zeiten erinnert. Haben die ja alles schon erlebt und, hätte die Autorin nachgefragt, hätte sie mehr darüber erfahren können, als sie selbst bisher erlebt hat. Das ist allerdings alles Spekulation. Fakt ist, dass wenn einen die derzeitige Großwetterlage im Zelt am See erwischt, ists schnell vorbei mit der puren



    Campinglust. Dann heißt es tagelang nass sein, frieren, wach bleiben und die unstillbare Sehnsucht spüren beim Anblick eines von innen trockenen und behaglichen Campervans mit gemütlichem Dosenbier:)

  • Oh ja, Frau Schmollak spricht mir aus der Seele.



    Es gibt allerdings auch noch einen anderen Aspekt: Der Mietcamper - ähnlich auch der T6 Califonia aus der Südstadt mit piepsender Elektroschiebetüre. Darin kommen Menschen auf den Campingplatz, die sich dort nicht benehmen können.



    Da werden Flutlichter über der Eingangstüre angelassen oder auch ein- und ausgeschaltet.



    Türen schlagen oder piepsen, man kommt zu zwei Containern und ruft (brüllt) rüber.



    Fürchterlich....dann lieber eine volle Zeltiese mit Kiffern, Säufern und lautstark poppenden Paaren.

  • einfach nur Danke für diesen wunderbaren Kommentar! (die Beobachtung gilt ja keineswegs nur für Frankreich, es wird weiter an allen Fronten geklotzt und nicht gekleckert)