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Mangelhafte Besetzung im RundfunkratFür mehr Transparenz

Der neue Medienstaatsvertrag stattet die Rundfunk- und Verwaltungsräte mit mehr Kompetenzen aus. Problematisch bleibt aber deren Besetzung.

„Wir erleben eine Erosion des Vertrauens in alle Medien, aber Medien brauchen Vertrauen“, sagt Raab Foto: imago

Seit über acht Jahren koordiniert Heike Raab, SPD-Staatssekretärin aus Rheinland-Pfalz, die Rundfunkkommission der Länder, wo die Weichen der Medienpolitik für Deutschland gestellt werden. „Wir erleben eine Erosion des Vertrauens in alle Medien, aber Medien brauchen Vertrauen. Und hier hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine besondere Verantwortung“, warnt sie im Gespräch mit der taz.

Um diese Verantwortung geht es im neuen Medienstaatsvertrag, der Anfang Juli in Kraft getreten ist und den sie „mit nach vorne“ gebracht hat. Im Zentrum: mehr Kompetenzen für Rundfunk- und Verwaltungsräte, die ARD und ZDF kontrollieren sollen. Denn diese ehrenamtlichen Aufsichtsgremien müssen ein Auge darauf haben, ob in den öffentlich-rechtlichen Anstalten alles mit rechten Dingen zugeht. Immerhin werden sie mit über 8 Milliarden Euro jährlich von den Beitragszahlern so üppig finanziert wie sonst in keinem anderen Land der Welt.

Ins Kreuzfeuer gerieten die Sender letztes Jahr durch die Vorgänge beim RBB: Vetternwirtschaft, Korruptionsvorwürfe und die Verschwendung von Gebührengeldern hatten gezeigt, dass wirkungsvolle Kontrollmechanismen über die zuständigen Ausschüsse kaum möglich waren. Deswegen soll am 1. Januar 2024 direkt der nächste Medienstaatsvertrag wirksam werden, der nur aufgrund der RBB-Skandale erarbeitet wurde.

Hier stehen weitere neue Zuständigkeiten für die Räte mit Blick auf Compliance und Transparenz im Vordergrund. Die Sender sollen dazu verpflichtet werden, die Kosten für Produktionen oder die Gehälter von Führungskräften offenzulegen. Außerdem soll es jeweils unabhängige Compliance-Beauftragte geben. Diese Standards sollen künftig für alle Rundfunkanstalten gelten. Damit haben Rundfunk- und Verwaltungsräte bessere Möglichkeiten der Kontrolle.

Unabhängige Kontrollinstanz „aus Mitte der Gesellschaft“

„Als Bürger habe ich nicht unbedingt den Eindruck, dass der Rundfunk mir gehört, und dabei ist das doch die Idee: Der Rundfunk gehört der Gesellschaft. Früher hatte ich den Eindruck, dass sich viele in den Anstalten als nicht rechenschaftspflichtig ansehen.

Aber da gibt es jetzt einen Kulturwandel, der bei den Anstalten allerdings unterschiedlich schnell gelingt“, findet Wolfgang Schulz. Der Hamburger Jura-Professor und Direktor des Leibniz-Instituts für Medienforschung, Hans-Bredow-Institut, ergänzt, dass dieser Kulturwandel für die Anstalten überlebenswichtig geworden ist.

Eine Schwierigkeit liegt bei den Räten selbst. Sie beschreiben sich als unabhängige Kontrollinstanz „aus der Mitte der Gesellschaft“, aber der Großteil der Mitglieder hat eine akademische Ausbildung, und die meisten sind hauptberuflich in Politik, Behörden oder Verbänden tätig. Dabei sollen sie nach Möglichkeit nicht „staatsnah“ und auch nicht für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten tätig sein. Trotzdem benötigen sie externe Fachberatung, wie Frank Schildt, Vorsitzender des Hörfunkrats des Deutschlandradios, kürzlich in einer Sitzung betonte.

Aber lässt sich die Gesellschaft durch solche Gremien überhaupt noch abbilden? „Es ist keine Ideallösung. Aber der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss eine Bindung an die Gesellschaft haben und es sollte einen hochprofessionellen Verwaltungs- und Rundfunkrat geben. Dafür wird ein Repräsentationsorgan benötigt, auch wenn das System Schwächen hat“, glaubt Schulz.

Eine ständische Organisation etwa nach Berufsgruppen, so der Medienrechtler, sei in einer modernen Gesellschaft nicht mehr zeitgemäß, politische Parteien als Vertreter bestimmter Bevölkerungsgruppen ebenfalls nicht unproblematisch, da sie staatsnah seien und Einfluss nehmen können: „Grundsätzlich müsste ständig geprüft werden, ob nicht auch neue Gruppen mit reingenommen werden.“

Die Zahl derer jedenfalls, die sich in ihrer Lebenswirklichkeit bei ARD und ZDF nicht mehr repräsentiert sehen, wird zunehmend größer. „Aber das müssten Gremien leisten und sich dafür einsetzen, dass bestimmte Gruppen nicht mundtot gemacht werden“, sagt Schulz.

So gibt es beispielsweise bisher keine Vertretung von Menschen mit Behinderung in den Rundfunkräten von Deutschlandradio, Deutsche Welle, HR, NDR und RBB. Auch der Altersdurchschnitt bei den Räten liegt bei deutlich über 50 Jahren.

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10 Kommentare

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  • Ich vermisse eine konkrete Information über die Auswahl der Rundfunkräte. Wer bestimmt die Mitglieder? Welche Institutionen, Parteien usw. haben da was zu sagen?

    • @Herbert Vogel:

      Die Auswahl wird über die Parteien bestimmt, die indirekt über die Kirchen, Gewerkschaften, Fraktionen in den Rundfunkrat einsickern. Eine direkte Wahlpraxis wo klar war das der/die ein ehemaliger Berufspolitiker ist wurde vom BVerfG untersagt, Stichwort "SPD- und CDU-Freundeskreise".

  • Nicht nur im Rundfunkrat ist die Besetzung ein Problem: an den entscheidenden Schaltstellen findet man überall vorgebliche Repräsentanten, die seit Ewigkeiten diese Posten nach Proporz ergattern und überhaupt nicht mehr die gesellschaftliche Wirklichkeit abbilden. So ist zum Beispiel der andauernde Einfluss der Kirchen auf das Programm im Deutschlandfunk eine Unverschämtheit, nicht nur, das in den Nachrichten über jeden Furz vom Pabst und jedem Kirchentag ausgiebigst berichtet wird, es gibt auch zahlreiche christliche Sendungen und jeden Tag darf ein Pfaffe den Hörern den Morgen mit einer Morgenandacht ruinieren. Ich entsinne mich an eine Sendung für Kinder ohne religiösen Hntrgrund, dort wurden Webseiten für Kinder vorgestellt und - oh Wunder - die waren sämtlich von der katholischen und evangelsichen Kirche.



    Sendungen für Agnostiker/Atheisten gibt es nicht und schon gar keine für Muslime.



    Vor Jahren hat das Bundesverfasssungsgericht die Staatsferne im Rundfunk eingefordert, passiert ist fast nichts.

    • @Kabelbrand Höllenfeuer:

      Nach "proporz ergattern" sich " z. B. Gewerkschaften, Frauenverbände, Kirchen und Fraktionen." aber auch LGTB-Verbände "Posten".

      Muslime sind mit dem Moscheeverband DITIBvertreten. Da liegen Sie falsch. Auch Vertreter des jüdischen Glaubens finden sich in den Rundfunkräten.

      Aber welche Atheisten oder Agnostikergruppe fehlt ihnen? Der "Internationaler Bund der Konfessionslosen und Atheisten" hat gerade mal 1.100 Mitglieder 🤪 Mit den explizit nichtreligiösen Gruppen sind diese auch bereits mehrheitlich vertreten.

      Warum also spielen Sie die vorhandenen Gruppen in den Rundfunkräten gegeneinander aus?

  • Was soll dieser Unsinn, die Rundfunkräte seien "nicht staatsnah" und "aus der Mitte der Gesellschaft" ?

    Jeder einzelne verdankt seinen Posten der Politik.



    Entweder bestimmt die Politik ihre eigenen Vertreter, oder die Politik bestimmt die Verbände, die ihre Vertreter schicken darf. Und all diese Verbände sind natürlich auf die eine oder andere Art mit der Politik verbandelt. Schon bei den Vertretern der Religionsgemeinschaften fängt es an. Katholiken und Evangelen haben je zwei Sitze, Juden einen. Vollkommen leer ausgehen alle anderen, obwohl es weitaus mehr Konfessionslose als Katholiken und mehr Moslems als Juden gibt in Deutschland.



    Das geht dann so weiter.



    Wirklich unabhängig und aus der Mitte der Gesellschaft wären die Rundfunkräte nur, wenn sie aus den Beitragszahlern ausgelost werden würden.

    • @Don Geraldo:

      "Jeder einzelne verdankt seinen Posten der Politik."

      Nö.

      "Die Mitglieder der Rundfunkräte werden je nach Sender für vier (z. B. ZDF), fünf (SWR) oder sechs (MDR) Jahre von den im RStV genannten Vereinigungen entsendet." Das sind überwiegend keine politischen Vereinigungen. ( de.wikipedia.org/w...at#Zusammensetzung )

      • @Rudolf Fissner:

        " z. B. Gewerkschaften, Frauenverbände, Kirchen und Fraktionen."

        Natürlich sind die staatsnah, auch wenn sie nicht offiziell Teil des Staatsapparates sind.

        • @Kabelbrand Höllenfeuer:

          Bitte definieren Sie doch "staatsnah". Ihre Definition erscheint mir doch ein wenig beliebig. Keine der Organisationen ist vom Staat abhängig.

  • Sitzen da eigentlich immernoch die Kirchen mit drin?