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Überfüllte FrauenhäuserKein Platz für Frauen in Not

Berliner Frauenhäuser klagen über zu wenige Plätze. Auch weil die Frauen wegen des Mangels an bezahlbarem Wohnraum immer länger bleiben müssten.

Nicht alle Frauen, die Schutz vor Gewalt suchen, finden in Berlin einen sicheren Platz Foto: Sophia Kembowski/dpa

Berlin taz | Die Situation in Berlins Frauenhäusern verschärft sich zunehmend. „Wir bekommen die wachsende soziale Ungleichheit deutlich zu spüren“, sagt Claudia Cohn, Geschäftsführerin des Frauenhaus Bora, zur taz. Denn zu dem Mangel an Schutzplätzen, den es seit vielen Jahren gibt, kämen zunehmend andere Probleme wie der Wohnraummangel oder mangelnde soziale Infrastruktur dazu.

Das führe zu einer immer längeren Verweildauer in den Noteinrichtungen, sagt Cohn. Die vorgesehenen drei Monate, die die Frauen und Kinder bleiben sollen, seien daher mittlerweile längst die Ausnahme: „Manche warten ein Jahr.“ Einige Frauen seien davon so zermürbt, dass sie wieder zu den gewalttätigen Männern, vor denen sie geflohen sind, zurückkehren.

Wir müssen ganz häufig Frauen, die Schutz suchen, abweisen

Kristin Fischer, Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen

„Der Wohnraummangel trifft Frauen mit Kindern und Mi­gran­t*in­nen besonders hart“, sagt auch Kristin Fischer von der Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen (BIG), die auch eine Telefon-Hotline anbietet. Zwar sei die Zahl der Betten in den vergangenen Jahren gestiegen, doch da immer weniger Plätze frei würden, verschärft sich die Situation trotzdem. Auch weil es in anderen Bundesländern nicht besser aussieht. „Wir müssen ganz häufig Frauen, die Schutz suchen, abweisen“, sagt Fischer. Das können an einem Tag 5 sein, an einem anderen 20.

Was mit den abgewiesenen Frauen passiert, weiß niemand. Im schlimmsten Fall führt die Gewalt zum Femizid. Selbst wenn am nächsten Tag ein Platz frei wird, hilft das den abgewiesenen Frauen nicht. Die Hotline ist anonym, sie müssen also dranbleiben. Das ist nicht selbstverständlich: Die Überwindung, sich an eine Beratungsstelle zu wenden, sei ohnehin schon hoch, weiß Fischer.

Gerade einmal Hälfte der benötigten Plätze vorhanden

Die Istanbul-Konvention des Europarats zum Schutz von Frauen sieht pro 10.000 Ein­woh­ne­r*in­nen mindestens einen Familienplatz, also für eine Frau plus Kinder, vor. Bei einer Ein­woh­ne­r*in­nen­zahl von 3,85 Millionen wären das 963 Plätze, davon 385 für Frauen und 578 für Kinder. Aktuell gibt es in Berlin laut Senatssozialverwaltung 422 Plätze in Frauenhäusern. Hinzu kommen 30 Schutzplätze in Frauen-Schutz-Wohnungen.

Das sei gerade einmal die Hälfte der Plätze, die die Istanbul-Konvention vorschreibt, kritisiert Fischer. Zwar gibt es noch 319 Plätze in Zufluchtswohnungen, diese seien aber nicht sofort beziehbar. Laut Senatssozialverwaltung steht die Eröffnung eines achten Frauenhauses mit 40 Schutzplätzen kurz bevor, ein neuntes und zehntes sind geplant. Auch eine neue 24/7-Clearingstelle mit 15 Schutzplätzen soll in Kürze eröffnen.

Doch mit mehr Plätzen allein sei es nicht getan, sagt Claudia Cohn vom Frauenhaus Bora, es brauche auch eine adäquate Betreuung: „Wir haben hier schwer traumatisierte Frauen und mitunter suizidale Kinder, die brauchen therapeutische Versorgung. Die gibt es aber zu wenig.“ Zusammen mit dem Mangel an bezahlbaren Wohnungen, Kitaplätzen und So­zi­al­ar­bei­te­r*in­nen mache dies den Neustart für die Frauen immer schwerer, sagt Cohn. „Der Sozialabbau wird hier spürbar.“

Währenddessen nimmt die Gewalt in Partnerschaften immer weiter zu: 10 Prozent Anstieg verzeichnete das Bundeskriminalamt für das vergangene Jahr. Kristin Fischer von BIG fordert daher mehr Präventionsangebote und Täterprogramme. „Besser jetzt Geld in die Hand nehmen, als später die hohen Kosten häuslicher Gewalt zu zahlen.“

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