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Förderung von SozialwohnungsbauKoalition zweifelt an sich selbst

CDU und SPD haben die Förderung von Sozialwohnungen ausgeweitet. Nun kritisiert Raed Saleh die ablaufenden Sozialbindungen und erhält Unterstützung.

Wie lange kann man hier günstig wohnen? Foto: Imago/Schoening

Berlin taz | Von Bedenken war nichts zu hören, als CDU und SPD vor wenigen Wochen die Verdopplung der finanziellen Förderung für den Bau von Sozialwohnungen auf 1,5 Milliarden Euro jährlich beschlossen. Stattdessen wurde allenthalben das Ziel formuliert, insbesondere private Immobilienfirmen zum Bau geförderter, also überwiegend bezahlbarer Wohnungen mit Einstiegsmieten von 7 bis 11,50 Euro pro Quadratmeter zu motivieren.

Nun aber hat SPD-Fraktionschef Raed Saleh überraschend Grundsatzkritik an der Fördersystematik geübt. Der Berliner Morgenpost sagte er: „Wir werden uns anschauen, ob dieses veraltete System einer Änderung bedarf.“

Salehs Kritik bezieht sich auf den offensichtlichsten Schwachpunkt der Förderung: Neu gebaute Sozialwohnungen bleiben nur für 30 Jahre in der Sozialbindung und können danach zu Marktpreisen vermietet werden. Das seit Jahrzehnten bestehende System führt derzeit dazu, dass die Stadt jährlich mehr Sozialwohnungen verliert als neue gebaut werden.

Saleh schlussfolgert: „Wir müssen für die neuen Sozialwohnungen über ein anderes Fördersystem reden, das dauerhafte Sozialbindungen garantiert.“ Ein Vorbild sei Wien, wo einmal geförderte Wohnungen dauerhaft günstig blieben. Mehr als 60 Prozent der Wie­ne­r:in­nen leben in einer geförderten oder kommunalen Wohnung – 20 Prozent mehr als in Berlin.

Koalition zeigt sich offen

Unterstützung für Saleh kommt von der Sprecherin der SPD-Fraktion für Wohnen und Mieten, Sevim Aydin. Auf taz-Anfrage sagt sie: „Wir brauchen längere Bindungsfristen im sozialen Wohnungsbau. Fördergelder müssen sinnvoll eingesetzt werden.“ Aydin verweist zudem auf das „Vorbild“ Hamburg. Dort wird seit 2022 ein Teil der neu gebauten Sozialwohnungen mit einer hundertjährigen Mietpreisbindung ausgestattet, mit Mieten unterhalb des Mietspiegel-Mittelwerts.

Der baupolitische Sprecher der CDU, Christian Gräff, äußerte auf taz-Anfrage Verständnis: „Grundsätzlich ist es richtig, dass wir längere Sozialbindungen haben wollen.“ Aber mit einem Interview sei es nicht getan. Die CDU-Fraktion wolle in einem Fachgespräch nach der Sommerpause bei Wohnungsunternehmen ihre Finanzierungssituation abfragen. Es ginge darum, „alles zu vermeiden, dass überhaupt nicht mehr gebaut wird“, so Gräff.

Mieterverein ungläubig

Im Berliner Mieterverein zeigt man sich überrascht über die Debatte: „Die dauerhafte Förderung ist etwas, was die Koalition überhaupt nicht im Auge hat“, so Geschäftsführerin Ulrike Hamann. Über den Vorstoß Salehs aber freue sie sich: „Wir sollten uns mal zusammensetzen“, so das Angebot in Richtung des SPD-Fraktionschefs.

Das bestehende Modell der Sozialwohnungsförderung bezeichnet Hamann als „nicht nachhaltig und ein Fehler der Vergangenheit“. Berlin habe bislang keine Ambitionen gezeigt, daran etwas zu ändern. Hamann verweist auf die 60-jährige Bindungsfrist in den 70er Jahren und den Handlungsspielraum Berlins: „Die Bundesländer sind frei bei den Bedingungen, die sie an die Förderungen knüpfen“, so Hamann, bisher gelte aber die Devise, „Investoren nicht zu verschrecken“.

Als „Lösung“ für dauerhaften sozialen Wohnungsbau nennt Hamann eine neue Wohngemeinnützigkeit. Ein System, das Unternehmen steuerlich bevorteilt, die dauerhaft günstige Wohnungen schaffen. Die Bundesregierung hatte sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt. Einem im Juni vorgelegten Eckpunktepapier fehlte aber eine Einigung zur Finanzierung mit Finanzminister Christian Lindner (FDP). „Damit ist das Projekt womöglich schon gestorben“, so Hamann.

Die Berliner Linke drängt den Senat daher, auf die kommunalen Wohnungsunternehmen zu setzen. Deren Ziel sei es, jährlich 7.000 Wohnungen zu errichten. „Wenn das alles Sozialwohnungen wären, dann würden wir dieses Jahr deutlich mehr Sozialwohnungen schaffen, als aus der Bindung fallen“, so der mietenpolitische Sprecher Niklas Schenker. Private Investoren hätten dagegen den „Bau von neuen Sozialwohnungen in den vergangenen Jahren praktisch boykottiert“.

Wie aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Caren Lay am Dienstag hervorging, gibt es in Berlin 104.757 Sozialwohnungen – 4.519 weniger als im Vorjahr. Bis Ende 2025 wird der Bestand nach Schätzungen des Senats auf 84.000 Wohnungen sinken – trotz des jährlichen Neubauziels von 5.000 Wohnungen.

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3 Kommentare

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  • Worte sind kein neuer Wohnraum



    Doch höre ich nur Worte, während es mit dem neuen Wohnraum nichts wird. Es wird immer nur noch schlimmer werden und die kleinen Investoren hat man auch schon längst verscheucht mit dem asymmetrischen Mieterschutz. Dafür lässt man Vonovia & Co. frei Hand.

  • Schaut nach Wien. Die können das besser als die Berliner. Vielleicht sollte es ein Vorbild sein. Erst einmal klein anfangen ABER anfangen!

    • @Frank Burghart:

      Dachte ich auch mal, dass dies so wäre und wurde hier eines besseren belehrt:



      "Für eine 30m²-Wohnung liegt aktuell der durchschnittliche Mietpreis bei 18,51 €/m². Bei einer 60m²-Wohnung zahlt man derzeit durchschnittlich 14,57 €/m² Miete." www.wohnungsboerse...spiegel-Wien/16688