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Erfolg der AfDDie etablierten Parteien

Gastkommentar von Thomas Hunstock

Die demokratischen, etablierten Parteien tolerieren und stützen Rassismus. Sie tragen die Hauptschuld am Erfolg rechtsextremistischer Politik.

Rechte Demokratiefeine: AfD-Anhänger:innen bei einer Kungebung im Juni 2023 Foto: Heiko Rebsch/dpa

D erzeit wird viel darüber philosophiert und analysiert, warum die Zustimmung für eine rechtsextremistische Partei immer weiter steigt. Dabei sind die Methoden dieser Partei leicht zu durchschauen. Den Minderheitenschutz klammern sie durch eine Uminterpretation des demokratischen Mehrheitsprinzips aus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit legitimieren sie mit einer Falschauslegung der Meinungsfreiheit.

Dass ihnen dieses menschenverachtende Spiel gelingt, haben einzig und allein die sogenannten demokratischen Altparteien zu verantworten. Ihre Po­li­ti­ke­r*in­nen entwickeln ihr Demokratieverständnis bis heute mit einer kolonialen Weltanschauung. Ihre eurozentristische Politik hat zum Ziel, rassistische Strukturen bedingungslos zu erhalten. Schließlich profitieren ihre Po­li­ti­ke­r*in­nen auch vom Rassismus, und die Gleichheit, ein wesentlicher Bestandteil unserer Demokratie, wurde deswegen auch nie verwirklicht.

Rassismus wird von allen Po­li­ti­ke­r*in­nen als abwegige Meinung verharmlost und toleriert. Das Engagement gegen Rassismus gilt als Ehrenamt der negativ davon Betroffenen. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wurde absichtlich nur mit einer beratenden Funktion ausgestattet und das AGG ist ein zahnloser Tiger. Gaslighting und Victim Blaming funktionieren neben anderen Instrumenten zum Erhalt rassistischer Systeme und Traditionen seit Jahrzehnten einwandfrei, keine Partei hat jemals etwas daran geändert.

Die rechtsextremistischen Demokratiefeinde haben dieses System einfach übernommen und nur ein Element verändert: Sie füllen die Lücke der fehlenden Gleichheit mit Hass gegen marginalisierte Menschen.

Thomas Hunstock

ist Antirassismusaktivist aus Kassel. Ge­mein­sam mit seiner Frau hat er erreicht, dass Kassel 2021 als erste und bisher einzige Stadt jegliche Verwendung des M-Wortes als rassistisch anerkannte.

Die Po­li­ti­ke­r*in­nen der etablierten Parteien haben zur Wahrung ihrer Privilegien nun keine andere Möglichkeit, als auf den Zug der Menschenverachtung aufzuspringen und die rassistischen Phrasen der Demokratiefeinde zu kopieren. Deswegen verharmlosen sie deren Wählerschaft als Pro­test­wäh­le­r*in­nen und schauen den Entwicklungen tatenlos zu.

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7 Kommentare

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  • Wenn man allen hier geborenen und allen Steuer zahlenden Menschen, nicht das urdemokratische Recht auf Wahlen verweigern würde, wäre die AFD niemals so groß geworden!



    Überall wurden Rassisten in den letzten Jahren Ängste und Sorgen über die "Islamisierung", des Landes, vor allem durch den "Flüchtlingsstrom" aus muslimischen Ländern, zugestanden. Haben sich Minister, Bürgermeister in Stadthallen von menschenverachtenden Demokratiefeinden niederbrüllen lassen bei "Bürgerdialogen", um besorgte und "abgehängte" Bürger, die im Wohlstand in Einfamilienhäusern leben, wie in Sonneberg, anerkennend und bedauernd ernstzunehmen, auf Kosten der echten besorgten Bürger, die nie in diesem Land Gehör, positive Wahrnehmung, politische Vertretung, Kenntnisnahme ihrer Bedürfnisse erfahren haben, die nie als vollwertige, echte Bürger anerkannt wurden, denen rar in Medien menschliche Gesichter gegeben wurden.



    Und das schon unter den demokratischen Parteien!



    Aber besorgte Bürger dürfen nur weiße Wohlstandsrassisten sein.



    Wer fragt schon Ahmet oder Mehmet, von Rassismus Betroffene, welche Ängste, Sorgen sie haben, welche Unterstützung sie brauchen, nimmt sie ernst, organisiert Bürgertreffen? Keine Wähler.



    Hätte man schon zu Beginn der afd klare Kante gezeigt, gäbe es heute keinen Nährboden für Leute, die angeblich aus Trotz Faschisten, die die Demokratie abschaffen wollen, wählen! Um angeblich der afd vorzugreifen, wurde Islamdeindlichkeit salonfähig gemacht und mit dem Begriff der Islamkritik normalisiert.



    Der Nährboden, der die afd endgültig wählbar machte. Undenkbar mit anderen Minderheiten.



    Die AFD sei eine demokratisch gewählte Partei, die müsse man aushalten und ihre Wähler abholen, hieß es. In real macht stattdessen die CDU den Wahlkampf für die AFD mitmacht, aber egal.



    Die AFD, eine demokratisch gewählte Partei, die die Demokratie aushalten muss!



    Tun wir seit Jahren auf eigene Kosten.



    Jetzt sollen die Biodeutschen selbst mal ihre Demokratie und Meinungsfreiheit aushalten.

  • Vielversprechender Titel.



    Enttäuschender Text.



    Höflich ausgedrückt.

    • @JulianM:

      Genau so isses.

  • Einmal angenommen, die Grünen, die SPD und die CDU/CSU würden Standpunkt und Programmatik von Hunstock übernehmen: Wer würde sie dann noch wählen? Die AfD könnte sich auf die Zweidrittelmehrheit freuen.

    Für Hunstock ist jemand wie ich vermutlich ein Rassist. (Danke!)



    Eigentlich ist so ziemlich jeder Bürger Deutschlands (und Europas etc.) ein Rassist, außer er oder sie gehört zu den "people of colour". Auch die taz müsste sich hier unter den Rassisten einreihen, denn auch die taz gehört zum "rassistischen" Mainstream, den Hunstock angreift.

    Der Text klingt wie eine Karikatur. Hunstock vertritt einen paranoiden, rein sektiererischen und insofern machtlosen Antirassismus. Schädlich ist er insofern, als er uns das Eintreten gegen Rassismus bzw. gegen Fremdenfeindlichkeit schwerer macht.

    • @Leo Brux:

      Das kann ich aus dem Text nicht herauslesen oder hineininterpretieren. Der Hinweis: "Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wurde absichtlich nur mit einer beratenden Funktion ausgestattet und das AGG ist ein zahnloser Tiger." sehe ich vollständig ebenso. Das alle, die nicht PoC sind dann Rassisten sind kann ich an keiner Stelle des obigen Artikels entnehmen. Wäre außerdem ebenso ein Verstoß gegen das AGG und die AEMR 1948.

      • @Hannah Remark:

        Hunstock sagt es klipp und klar: die etablierten Parteien (also ihre Politiker und Wähler) sind allesamt rassistisch.

        Ich zitiere: "Dass ihnen (der AfD) dieses menschenverachtende Spiel gelingt, haben einzig und allein die sogenannten demokratischen Altparteien zu verantworten. Ihre Po­li­ti­ke­r*in­nen entwickeln ihr Demokratieverständnis bis heute mit einer kolonialen Weltanschauung. Ihre eurozentristische Politik hat zum Ziel, rassistische Strukturen bedingungslos zu erhalten." Etc.

        Ich (als Wähler und Mitglied der Grünen) stehe also dafür, rassistische Strukturen - also Rassismus - bedingungslos zu erhalten.

        Großartig. Danke für die Aufklärung, Herr Hunstock.



        Und Frau Remark merkt nicht, was da gespielt wird?

        Noch dazu: Die Grünen (wie die anderen Altparteien) sind keine demokratischen Parteien, sondern nur "sogenannte". Ich schließe daraus, dass für Hunstock auch die taz nur ein sogenannt demokratisches Medium ist.

        Wer seinen extremistischen Standpunkt nicht teilt, ist - Rassist und Antidemokrat.

        Es gehört üblicherweise zum "Kritischen Antirassismus", dass alle Weißen per Geburt Rassisten sind. Strukturell, natürlich. (Kendi, Di Angelo) - "Mein Kampf" lässt grüßen. Ich nehme an, Hunstock sieht das ähnlich, aber vielleicht täusche ich mich da.

        • @Leo Brux:

          Nein, das sagt der Text nicht aus.



          Die Aussage ist, dass das Ignorieren und Herunterspielen von rassistischen Tendenzen, weil die erstmal nicht das präferierte und etablierte soziale und wirtschaftliche System gefährdeten, es gar stützen, und dementsprechende Äußerungen zu einer Normalisierung von Rassismus und Gewöhnung in der öffentlichen Wahrnehmung geführt haben. Widerspruch und Gegenbewegung wurden infolgedessen der Zivilgesellschaft aufgebürdet. Der Staat hat mit der Begründung um Meinungsfreiheit keine klare Kante gezeigt. Die etablierten Parteien sind jetzt gezwungen, die Rechten zu kopieren, Verständnis zu zeigen, ob sie wollen oder nicht, um von ihnen selbst in ihren Ansichten zuvor bestätigte Wählerchen nicht nur nicht zu vergraulen, durch Tadel, sondern zu signalisieren, dass sie immer noch willkommen sind. "Hey, wir sind uns ja im Grunde einig, ihr und wir. Nein, wir verstehen das voll und ganz. Klar. Nur nicht gleich mit der Tür ins Haus..! Nein! Ihr seid keine Nazis! Seht ihr, auch wir denken ähnlich wie ihr. Sind wir etwa Nazis?! Na, bitte! Wählt lieber uns, nicht die Nazis!"