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Organisierte Kriminalität in DeutschlandDer Mafia den Geldhahn abdrehen

Deutschland gilt als Geldwäscheparadies, die Ampel will stärker gegen Organisierte Kriminalität vorgehen. Über Konzepte ist man sich nicht einig.

Bei einer Razzia im Mai gegen die italienische Mafia in Rheinland-Pfalz sichergestelltes Material Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Berlin taz | Christian Lindner will Ernst machen. Schon im Dezember startete sein Finanzministerium ein Projekt, um ein neues Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität einzurichten. Noch dieses Jahr soll dazu ein Gesetzentwurf verabschiedet werden, kommendes Jahr soll das Amt an den Start gehen, mit Standorten in Köln und Dresden.

Auch von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und den Grünen kommen Vorschläge für den Kampf gegen Organisierte Kriminalität. Nur: Auf einer Linie liegt die Ampel hier bisher nicht.

Mit dem Bundesamt zur Finanzkriminalität will Lindner vor allem Geldwäsche besser eindämmen. Deutschland gilt hier als Paradies – der finanzielle Schaden durch Organisierte Kriminalität überstieg 2021 laut Bundeskriminalamt die Milliardengrenze. Kontrolle und Bekämpfung sind bisher indes in rund 300 Behörden zersplittert.

Lindner will dies nun zentralisieren und auch die bisher zuständige Financial Intelligence Unit und die Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung in das Bundesamt integrieren. 1.700 Mitarbeitende sollen dort künftig arbeiten, sich auf große internationale Fälle fokussieren und verdächtige Finanzströme nach dem „Follow-the-Money“-Ansatz analysieren.

Razzien gegen die italienische Mafia

Ein weiterer Vorstoß kommt nun von den Grünen – und zielt auf die italienische Mafia. Diese sei „eine massive Bedrohung für unsere öffentliche Sicherheit sowie unsere politische und wirtschaftliche Integrität“, heißt es in einem Papier des Innenpolitikers Marcel Emmerich, das der taz vorliegt. Deutschland sei zu „einem sicheren Hafen für Mafia-Milliarden, Geldwäsche und Steuerhinterziehung geworden“. Die Brutalität der Mafia sei ein „immer noch unterschätztes Sicherheitsrisiko“.

Erst im Mai hatte es europaweite Razzien gegen die italienische Mafia gegeben, auch in Deutschland – die Operation Eureka war einer der größten Schläge gegen die Gruppe seit Jahren. Wenig später erfolgte die Festnahme des mutmaßlichen 'Ndrangheta-Kaders Francesco A. in Münster.

Die Grünen fordern nun den Aufbau einer Plattform zur Organisierten Kriminalität, angesiedelt beim BKA. Die Ermittlungen aller Behörden sollen dort koordiniert werden, auch international. Dazu brauche es eine bessere personelle und materielle Ausstattung der Ermittler*innen, inklusive einfacherer Quereinstiegsmöglichkeiten, Schwerpunktstaatsanwaltschaften in den Ländern und eine unabhängige Beobachtungsstelle zu Organisierter Kriminalität als Pilotprojekt, an der sich auch Wissenschaft, Medien und Zivilgesellschaft beteiligten. Darüber hinaus fordern die Grünen ein Barzahlungsverbot ab 10.000 Euro.

„Deutschland darf nicht länger Spielplatz der Organisierten Kriminalität sein“, sagte Emmerich der taz. Der Einfluss der 'Ndrangheta sei „enorm“, sie komme auf einen Umsatz von 50 Milliarden Euro – das Niveau eines deutschen Autokonzerns. Hier Ermittlungskompetenzen zentral zu bündeln, wie es Lindner mit seinem Bundesamt plane, sei gut, findet Emmerich. „Es kommt dabei aber auf die genaue Ausgestaltung an, eine gute Personalausstattung und darauf, Doppelstrukturen zu vermeiden.“ Wenn das Bundesamt mit dem BKA gemeinsame Ermittlungsgruppen bilde, könne das Synergieeffekte schaffen.

Faesers Ministerium gibt sich zurückhaltend. Lindners Bestrebungen, die Finanzkriminalität schlagkräftiger zu bekämpfen, begrüße man, erklärt ein Sprecher. Man stehe hier in fachlichem Austausch. Für das geplante Bundesamt stellten sich aber „noch einige, insbesondere strukturelle Fragen“.

Zum Grünen-Vorstoß verweist der Innenministeriumssprecher darauf, dass Faeser bereits im November ein Konzept gegen Organisierte Kriminalität vorlegte – inklusive der Idee einer Ermittlungsplattform und der Forderung nach Schwerpunktstaatsanwaltschaften. Für Letzteres wirbt auch Justizminister Marco Buschmann (FDP). Diese könnten „einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität leisten“, erklärt ein Sprecher. Entscheiden müssen darüber aber die Länder, in Berlin oder NRW etwa gibt es diese bereits.

Bei Faesers Konzept soll aber vor allem das BKA als Zentralstelle gestärkt werden. Zudem sollen undurchsichtige Vermögenswerte schneller eingezogen und das Strafmaß für Geldwäsche verschärft werden. Faeser tritt zudem, wie die Grünen, für eine Bargeldobergrenze von 10.000 Euro ein. „Sie verringert die Gefahr, die Herkunft großer Vermögenswerte zu verschleiern“, so ihr Sprecher.

Hier aber stellt sich Lindner quer. „Das Finanzministerium lehnt die Einführung einer Barzahlungsobergrenze ab“, erklärt sein Sprecher. Statt eines „Gießkannenprinzips“ gegen Geldwäsche müsse „zielgerichtet und punktuell“ dort reguliert werden, wo es nötig sei. So müssten etwa Edelmetallhändler inzwischen schon bei Barzahlungen ab 2.000 Euro, statt wie früher 10.000 Euro, mehr Nachweise einfordern und Kunden identifizieren. Und Bankkunden müssten bei sehr hohen Bareinzahlungen die Herkunft des Geldes „plausibilisieren“.

Faeser gründete „Allianz gegen Clankriminalität“

Faeser machte zuletzt noch einen anderen Vorstoß: Sie gründete eine „Allianz gegen Clankriminalität“ von Bund und Ländern, die Ermittlungen und Ausbildungen in dem Bereich stärker bündeln soll. „Wir dulden keine kriminellen Parallelgesellschaften“, erklärte Faeser.

Die unionsgeführten Länder warfen ihr PR ohne wirkliches Konzept vor, der Antiziganismusbeauftragte der Bundesregierung, Mehmet Daimagüler, wiederum warnte vor Stigmatisierungen. Auch der Grüne Emmerich sagte der taz, gegen kriminelle Clans müsse vorgegangen werden. Priorität aber habe die Mafia. Anders als die Clans, die „schrill“ seien und große Aufmerksamkeit bekämen, habe aber diese sich weitgehend unter dem Radar große Aktionsräume verschafft. „Wir müssen dort unsere Kräfte bündeln, wo der größte Schaden angerichtet wird.“

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11 Kommentare

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  • Öch nö nicht noch eine staatliche Institution, die auf Grund von zu viel Bürokratie quasi handlungsunfähig ist und nur Geld verbrennt in Form von Gehältern der Mitarbeiter, die WIR finanzieren mit unseren Steuern....

  • Ich Frage mich, wie es in Deutschland zu derart vielen Korruptions-, Schwarzgeldmissständen und Lobbyismus kommen konnte, bzw. dies derart Überhand nehmen konnte, sodass momentan sogar Eigentumsverschleierung möglich ist, und es in Deutschland selbst unter Kriegsgefahren schlecht möglich ist die Sanktionen gegen Oligarchen durchzusetzen.



    Wie will man auf der Grundlage gegen maffiöse Strukturen vorgehen?



    In der Causa Bushido konnte heute noch ein Anwesens erworben bzw. bezahlt werden, bei der der Eigentümer des Kaufgeldbetrages nicht bekannt war. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, hieß es, danach hat man nichts mehr darüber gehört, ob aufgeklärt werden konnte woher diese hohe Summe stammte, die sogar in einem Justizverfahren, einer Versteigerung, für den Erwerb eines Anwesens bezahlt wurde!



    Mit Naivität in der Merkel CDU/CSU ist dies alles doch nicht mehr zu rechtfertigen!



    Mir erscheint Deutschland in vielen Bereichen dysfunktional geworden zu sein, geradezu eine "Bananenrepublik".

  • Ist schon ein Witz. Erst werden Gesetze gemacht die Weltfremd sind und 'mafiöse' Strukturen geradezu erzwingen und dann wird gejammert das 'andere' das Geld erhalten das eigentlich in den eigenen Taschen landen sollte.

  • Ist damit auch die Finanzkriminalität durch Lobbyarbeit gemeint? ;)

  • Das sich die deutschen Behörden über eine Gesamtstrategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität konzeptionell nicht einigen können ist nichts neues. Den Wasserkopf mit einem weiteren Ministerium aufzublasen wird die Situation nicht verbessern. Im Gegenteil.



    Wir täten gut daran stattdessen die Polizei und die Behörden personell besser auszustatten und die Ausbildung weiter voranzutreiben.

  • Als erstes dürften Anwälte kein Schwarzgeld mehr annehmen. War schon immer der größte Witz bei der ' Schwarzgeldbekämpfung *.

  • Gut ist, dass sich die Ampel schon mal in der Zielsetzung einig ist.



    Der Weg dorthin muss diskutiert werden.



    Vielleicht erinnert sich der Eine oder die Andere mal wieder an den Begriff " Diskussion", der Grundlage der Demokratie ist.



    Der Begriff "Streit" wird gerne werbewirksam inflationär eingesetzt, wer , wie die Rechten, Feind der Demokratie ist, sollte auch weiterhin Alles im negativen Licht erscheinen lassen.

  • die anti-mafia bewegung wird zu wenig in deutschen medien gewürdigt.



    mafianeindanke.de/...d-aussehen-sollte/



    auch die taz würdigt nicht die bewegung gegen die mafia. oder?

  • Ich fürchte die M. hat schon einige Sitze in unseren Parlamenten übernommen.

    Das wäre auch eine Erklärung für so manche unerklärliche Reaktion bei den Abstimmungen ...

    Aber ich denke, der Übergang zwischen Lobbiisten und Mafiosi ist fliessend.

    • @Bolzkopf:

      Das scheint eine plausible Erklärung für viele Ungereimtheiten in der Politik seit Jahrzehnten.

  • Danke für den Witz des Tages!