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Warum wir die Zukunft brauchenDas Ernie und Bert-Spiel

Wozu gibt es die Zukunft? Damit wir etwas haben, das wir uns ausmalen können. Blöd nur, dass manches davon Realität wird.

Wer nervt wen? Ernie & Bert beim Familienkonzert des NDR Elbphilharmonie Orchesters im Januar 2023 Foto: dpa | Georg Wendt

Wozu gibt es eigentlich die Zukunft?“, fragt der Kollege auf dem Altonaer Balkon und dreht eine Zigarette.

„Ohne gäb’ es weder Optimismus noch Pessimismus, da würd’ mir emotional was fehlen“, sagt der Freund und streckt sich.

„Beides Hirngespinste“, sagt die Freundin.

„Aber ohne Zukunft geht es nun mal nicht.“

„Wieso nicht?“

„Die Gegenwart wär’ schnurz, es ginge drunter und drüber!“

„Wir haben den Tod stets im Sinn.“

„Bewusst unbewusst.“

„Alles wär’ nix inklusive Ewigkeit.“

„'N Fetzen Zukunft im Dötz hilft, lernt man schon bei Ernie und Bert!“

„Hä?“

„Ernie belästigt Bert mit diesem Bilderspiel: Was passiert dann?!“

„Hat nicht Bert Ernie belästigt?“

„Bert war der Nervige!“

„Auch der Vernünftige.“

„Ich mochte Berts grimmige Rationalität!“

„Ernie und Bert sind verpuppter Optimismus und Pessimismus!“

„Diese Absolutheit, als wär’ Persönlichkeit in Stoff gemeißelt.“

„Was ist auf dem Bild, das Ernie Bert zeigt oder Bert Ernie?“

„Ein Kind und ein Ball, der auf eine befahrene Straße rollt!“

„Is’ ja brutal!“

„Wieso?“

„Weil das Kind dann überfahren wird.“

„Nur in deiner pessimistischen Imagination!“

„Wenn Kinder ‚Sesamstraße‘ gucken, können sie mit Fantasie die böse Zukunft abwenden.“

„Bei 99 Luftballons ging es nicht gut aus wegen der Fantasie.“

„Das ist doch nur ein Lied!“

„Nichts ist nur ein Lied.“

„Doch, und dazu ein albernes. Als könnten Luftballons einen Krieg auslösen.“

„Erwachsene spielen zu selten: Was passiert dann?!“

„Du meinst, wenn sie die AfD wählen?“

„Viele von denen wollen ja, dass dann das passiert, was dann passiert.“

„Aber was passiert denn dann?“

„Die CDU lässt alle Mauern einreißen!“

„Das Kind rennt dem Ball nach und wird von einem Laster überrollt.“

„Dann ist der Drops gelutscht.“

„Das Kind überfahren und in den Brunnen gefallen.“

„Minimum.“

„Im Deutschen gibt es ja noch Futur 2.“

„Na denn.“

„Futur 2 is’ nu’ echt nix als Wahrsagerei.“

„Na ja, wenn ich mir die Kippe anzünde, kann ich mit Sicherheit sagen, die werde ich in zehn Minuten geraucht haben.“

„Weiß man nicht.“

„Was soll schon passieren?“

„Meteorit?“

„Nee, hab die Katastrophen-App im Telefon, ist alles entspannt im erweiterten Umfeld.“

„Aber Weidel träumt schon laut von der Kanzlerkandidatur.“

„Da hat die Zukunft aber auch noch ein Wörtchen mitzureden.“

„Und was, wenn nicht?“

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Jasmin Ramadan
Jasmin Ramadan ist Schriftstellerin in Hamburg. Ihr neuer Roman Roman „Auf Wiedersehen“ ist im April 2023 im Weissbooks Verlag erschienen. 2020 war sie für den Bachmann-Preis nominiert. In der taz verdichtet sie im Zwei-Wochen-Takt tatsächlich Erlebtes literarisch.
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1 Kommentar

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  • Nice! Beim "Futur 2" angekommen, konnte ich nicht anders, als schäbig lachen. Sorry.