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Kostenloser Nahverkehr in ErlangenFreies Fahren in Franken

Erlangen führt als zweite deutsche Großstadt kostenlosen Nahverkehr ein und verstärkt das Busnetz. Auch Touristen fahren bei dem Pilotprojekt umsonst.

Straßenbahnen zum Nulltarif, wie hier in Augsburg Foto: Wolfgang Maria Weber/imago

Berlin taz | Der Nervenkitzel des Schwarzfahrens? Den Bus verpassen, weil man noch kein Ticket gezogen hat? Das wird es in Erlangen bald nicht mehr geben. Als zweite deutsche Großstadt nach Augsburg will Erlangen ab dem 1. Januar 2024 kostenlosen Nahverkehr einführen. Das heißt, Be­woh­ne­r:in­nen wie Tou­ris­t:in­nen dürfen einfach in die Busse einsteigen, eine Fahrkarte muss man nicht mehr lösen. Der Gratis-ÖPNV soll für die Innenstadtzone gelten, die Altstadt, Siemens-Verwaltung und Hugenottenstadt umfasst.

Ziel des Pilotprojekts sei es, die Innenstadt von Autos zu entlasten, teilte ein Sprecher der Stadt Erlangen mit. Der kostenlose Nahverkehr ist eine von mehreren Maßnahmen, die die City attraktiver machen soll. Neben einem geringeren CO2-Ausstoß hoffen die Erlanger:innen, dass Altstadt und Einzelhandel belebt werden.

Die Gremien des Verkehrsverbunds Großraum Nürnberg (VGN) müssen noch im Juli der Änderung der Tarifstruktur zustimmen, damit Erlangen das Projekt umsetzen darf. Die Einnahmeverluste des VGN muss die Stadt ausgleichen, rund 300.000 Euro jährlich. Das Projekt ist auf drei Jahre befristet und wird begleitend ausgewertet.

Schon jetzt sind die Busse der fränkischen Universitätsstadt mit gut 118.000 Ein­woh­ne­r:in­nen dicht getaktet. Um einer Überlastung vorzubeugen, wird der Nahverkehr ausgebaut. Ab Dezember soll eine Ringbus-Linie eingeführt werden, die zentrale Punkte der Stadt miteinander verbindet.

Zweite Großstadt nach Augsburg

Augsburg bietet schon seit 2020 Nahverkehr zum Nulltarif. Ein ähnliches ÖPNV-Angebot findet sich auch im bayerischen Pfaffenhofen, wo Be­woh­ne­r:in­nen seit 2018 gratis Bus fahren können. In Augsburg kann man schon seit 2020 an 9 Haltestellen in der Innenstadt kostenlos in Busse und Straßenbahnen einsteigen. Monheim am Rhein testet seit 2020 kostenlosen Nahverkehr und in Tübingen sind seit 2018 an Samstagen Busse kostenfrei.

Europaweit war die estnische Hauptstadt Tallinn ein Vorreiter: Seit 2013 ist dort der Nahverkehr gratis für Einwohner:innen, seit 2018 für alle Esten in den meisten Landkreisen. In Schottland können Be­woh­ne­r:in­nen unter 22 Jahren seit vergangenem Jahr die Busse umsonst nutzen, Luxemburg führte 2020 als erstes Land der Welt kostenlosen ÖPNV für alle ein.

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14 Kommentare

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  • Das kostenlose Samstagsangebot für Ulm wurde Ende 2021 ausgesetzt.

  • Glückwunsch nach Erlangen für diese kleinen Schritt in die richtige richtung.



    Aber wirklich interessant ist der Bick nach Luxemburg. Ich habe Luxemburg bisher nie für voll genommen und politisch nicht betrachtet, was ein Fehler war. Bei zwei herzensangelegenheiten strahlt Luxemburg einsam und allein und wartet auf Nachahmer;



    Seid 2015 keine Fuchsjagd mehr 💗



    Und



    Seid 2020 ÖPNV für umme 💕

    Da kann ich nur vor Neid erblassen und hoffen das mutige Landesfürsten bei uns auch diese Schritte wagen.

    • @niko:

      100 % Zustimmung. Reine Marketing-Aktion. Die Zone ist lächerlich klein. Wer es von Stadtvierteln wie Bruck, Anger, Büchenbach oder Alterlangen bis hierhin geschafft hat, egal ob per Rad oder KFZ, braucht die 2-3 kostenlosen Stationen nicht. Von Pendlern von außerhalb ganz zu schweigen. Und wer den ÖPNV genutzt hat, zahlt für Erlangen ohnehin den Einheitstarif. Als kleiner Gag am Rande noch eine Überschrift aus dem heutigen Lokalteil der "Erlanger Nachrichten": "Busverkehr aus dem Takt? ÖPNV: Die Fahrpläne der Erlanger Buslinien sind ausgedünnt und bleiben es voraussichtlich auf unbestimmte Zeit auch." Die 300.000 Euro jährlich wären z. B. für Personal oder Busse mit E-Antrieb besser investiert. Aber damit kommt man halt nicht in die überregionale Presse.

      • @mart:

        Lieder verklickt, Fehler meinerseits: Ich wollte eigentlich dem user "Pilsvergiftung" antworten, nicht Niko. Sonst ergeben die "100% Zustimmung" keinen Sinn.

    • @niko:

      Luxemburg lebt als Steueroase parasitär von seinen EU-Nachbarn. Amazon beispielsweise wickelt fast sein komplettes außeramerikanisches Geschäft über den Kleinstaat ab. Schön aber dass das gestohlene Geld dann hin und wieder auch für sinnvolle Dinge ausgegeben wird.

      • @Šarru-kīnu:

        Jedes Land in Europa schaut doch wie und wo es seinen Nachbarn die Steuereinnahmen klaut - auch deutschland kann das.



        Ich fände es allerdings besser wenn man gute Ideen klaut.



        Und ich bin mir absolut sicher auch deutschland kann sich ein ÖPNV für umme leisten. Und ein Fuchsjagdverbot ist vollkommen kostenlos zu haben - um die sinnlose Fuchsjagd zu beenden müssen Politiker nur Eier haben und sich nicht vom jagenden Geld- und Altadel einlullen lassen.

  • Na geht doch. Glückwunsch.

  • Leider muss ich sehr viel Wasser in den Wein gießen.



    Die Innenstadtzone ist so klein, dass man diese in ca 20 Minuten zu Fuß oder in 5 Minuten Durchmessen kann.



    Sie ist so klein, dass sie die meisten Wohngebiete und Arbeitsplätze in Erlangen nicht umfasst.



    Diese Zone ist so klein, dass ein Vergleich mit Luxemburg blanker Hohn ist!



    Wen soll diese Zone entlasten? Die Menschen die zig Kilometer mit dem MIV fahren anstatt die öffentlichen zu nehmen, gehören schon an der Stadtgrenze, ab besten am Ursprungsort mit attraktiven ÖPNV abgefangen.



    Ansonsten sehe ich diejenigen benachteiligt, die trotzdem eine Fahrkarte kaufen müssen, weil sie täglich aus den restlichen Stadtgebiet in die Innenstadt fahren



    Für letztere müsste der Fahrpreis mindestens um die Innenstadtzone reduziert werden.

    • @Pilsvergiftung:

      Ich hatte mich eh schon gewundert, dass der Spaß gerade mal 300.000 Euro kostet. Jetzt ist klar, warum...

  • Wissenswertes über Erlangen! Ich freue mich für die Erlangener; Bin auch ab und zu dort. Hab nur zwei Daumen für hoch...

  • Naja, das mit der Straßenbahn in Erlangen wird aber noch dauern…seit ca. 30 Jahren ist zwar eine Stadt-Umland-Bahn geplant, aber bis die mal wirklich existiert beschränkt sich der kostenlose Innenstadtverkehr auf Busse…

    • @Saile:

      ...und das auf wenig Haltestellen pro Linie.

      Es wäre schön, wenn man in dem Zuge wenigstens dann in der kostenlosen Innenstadtzone mehr Fußgängerzonen, Anwohner oder Spielstraßen ausweisen würde...

  • Cooles Projekt, muss aber korrigieren: "Straßenbahnen zum Nulltarif wie in Augsburg" wird's da nicht geben - Erlangen hat keine Straßenbahn...

  • Wunderbar.



    Grüße an das seit 3 Jahren in Aux aktive Klimacamp.