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Newsletter von Friedrich MerzVöllig weltfremd

Der CDU-Chef behauptet in seinem Newsletter, dass in „normalen Leben“ Inflation und Wohnungsnot Probleme seien. Rassismus gehört für ihn nicht dazu.

Beherrscht das Gendern auch: Friedrich Merz Foto: Michael Matthey/dpa

D ie Alliteration muss man dem PR-Team von Friedrich Merz lassen: „MerzMail“ ist ein smarter Titel für einen Newsletter, so schön eingängig. Was Merz in der letzten Ausgabe schrieb, war dagegen eine Täter-Opfer-Umkehr der Sonderklasse. Die gendergerechte Sprache – Merz nennt das „Gegenderte Sprache und identitäre Ideologie“ – in journalistischen Medien sei für die erneut gestiegene Popularität der AfD verantwortlich, die laut der Umfrage zur Bundestagswahl, die das Meinungsforschungsinstitut Insa für die Bild am Sonntag gerade tätigte, zu verzeichnen ist.

Aber erst mal zurück zum Anfang. Das Gendern beherrscht Merz nämlich selbst auch. „Liebe Leserin, lieber Leser“, beginnt der Text, Ladys First eben. Das generische Maskulinum, das Binnen-I, wir wissen alle sehr gut, dass unsere Sprache längst gegendert ist. Wobei der Backlash gegen Unterstrich, Asterisk und Doppelpunkt stark an das Lächerlichmachen erinnert, das das Binnen-I einst erfuhr.

Weniger zitiert wurde aus Merz’ Botschaft folgender Satz zum Thema sprachliche Selbstbestimmung: „Im normalen Leben beschäftigen sich die Menschen nicht mit ‚Indianern‘ und ‚M[…]straßen‘, sondern mit Inflation und Wohnungsnot.“ Ich bin mir ziemlich sicher, dass koloniale Reststücke in Sprache und Kultur für People of Color zu Problemen gehören, mit denen sie sich im normalen Leben beschäftigen. Genauso wie Rassismus auf dem Wohnungsmarkt. Weißen Menschen ist Antirassismus im Übrigen auch ein zentrales Anliegen im Alltag, inklusive der Umbenennung von Straßen, die das koloniale Erbe ungefiltert in die Gegenwart tragen.

Vielfalt gehört in die Mikrofasern der Gesellschaft. Von Partikularinteressen, wie Dorothee Bär sie in der FAZ diese Woche wieder einführen wollte, kann keine Rede sein. Bär besuchte kürzlich schon Ron DeSantis in den USA. Sie und Merz könnten sich mal bei den verschiedenen Native Nations erkundigen, wie „wenig“ die Fremdbezeichnung „Indian“ mit Alltagsrassismus und der überproportional hohen Mordrate gegen indigene Frauen, Mädchen und Two Spirits zu tun hat. Wie viele existenzielle Schwierigkeiten die Unterversorgung mit infrastrukturellen Ressourcen und medizinischer Versorgung erzeugen.

Schließlich folgt bei Merz noch Stimmungsmache gegen Geflüchtete in Deutschland: „Im Lebensalltag der Städte und Dörfer dagegen ist die Flüchtlingskrise wieder präsent, verbunden mit dem unguten Gefühl, für Flüchtlinge sei immer genug Geld vorhanden, für Kindergärten, Schulen und Krankenhäuser dagegen immer weniger.“ Oha, Deutsche First. Mein Gefühl ist, Merz spricht so häufig von sich weisend über die AfD, gerade weil seine Rhetorik ihr so nah kommt. Mit der AfD hat geschlechtergerechte Sprache im Übrigen tatsächlich viel zu tun. Sie ist einer der unzähligen Bausteine gegen Neo-Faschismus.

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Noemi Molitor
Redakteur:in
Redakteur:in für Kunst in Berlin im taz.Plan. 2022-2024 Kolumne Subtext für taz2: Gesellschaft & Medien. Studierte Gender Studies und Europäische Ethnologie in Berlin und den USA und promovierte an der Schnittstelle von Queer-Theorie, abstrakter Malerei und Materialität. Als Künstler:in arbeitet Molitor mit Raum, Malerei und Comic. Texte über zeitgenössische Kunst, Genderqueerness, Rassismus, Soziale Bewegungen.
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5 Kommentare

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  • Die Allitteration



    "Meckermerz"



    oder auch



    " Meckermerzi",



    denn ernst nehmen muss man/frau Ihn ja nicht auch noch, fand ich schon immer passender.

  • Meine Güte, der Typ, mit einem Weltbild frisch aus den 1950ern...er hat es weder gegen Merkel noch ihre Inkarnationen gepackt.. gibt's eigentlich keinen Managementjob für ihn?

  • Das Wort "Mohr" kommt aber aus vorkolonialer Zeit. Außer in ein paar feststehenden Ausdrücken wurde es sowieso kaum noch verwendet.



    Und man denkt nicht automatisch an einen Schwarzen, wenn man "Mohrenkopf" sagt, genauso wenig denkt man an einen Geheimrat, wenn man "Geheimratsecke" sagt. Das Denken wird nicht durch ein paar Wörter geprägt, die einige unbedingt wegretuschieren möchten.

    "Indianer" und "Indian" kann man nicht exakt gleichsetzen, da wir in Deutschland andere Stereotype über Indianer haben als die Amerikaner. Genauso kann man das spanische "negro" nicht exakt mit dem englischen "negro" gleichsetzen.

  • Merz hat immer noch nicht verstanden, dass die Vollidioten immer zuerst das Original, also die AfD wählen, statt den opportunistischen Populismus Nachäffer, der nur Angst hat, weil ihm die Wähler davon rennen.



    Das hat bei der Flüchtlingskrise der CSU schon nicht geholfen und wird auch dieses Mal nicht funktionieren. Aber Hauptsache man legitimiert dieses ungeheuer eindimensionale Weltbild in dem man es in einer der größten Parteien Deutschlands integriert.

  • Halt Merz Spezial, der sich zutraut die AFD zu halbieren. Walter Lübcke ist für den Fossilen GS Typ wohl ein Betriebsunfall.