piwik no script img

Ex-Kanzler mit Verbindungen zum KremlSchröder bleibt in der SPD

Wegen seiner Verbindungen zu Russland wollte die Partei ihren Ex-Kanzler loswerden. Nun ist das Ausschlussverfahren endgültig gescheitert.

Der Altkanzler begrüßt die Entscheidung als „überzeugend sowie politisch konsequent“ Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin dpa | Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder darf trotz seiner engen Verbindungen zu Russland nun endgültig in der SPD bleiben. Die Anträge auf Berufung gegen eine entsprechende Entscheidung der SPD-Schiedskommission in Hannover wurden von der Bundesschiedskommission in letzter Instanz als unzulässig zurückgewiesen. Das geht aus einem Schreiben des Gremiums an die Antragsteller hervor, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Damit gilt das Verfahren als abgeschlossen.

„Die Berufungen der Antragsteller gegen die aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 2. Dezember 2022 ergangene Entscheidung der Bezirksschiedskommission des SPD-Bezirks Hannover werden verworfen“, heißt es in dem Schreiben. Die Anträge waren von den Ortsvereinen Leipzig-Ost/Nordost und Leutenbach in Baden-Württemberg gestellt worden.

Schröder war von 1998 bis 2005 Kanzler und von 1999 bis 2004 Parteivorsitzender. Nach seiner Abwahl als Regierungschef war er viele Jahre für russische Energiekonzerne tätig und gilt bis heute als enger Freund von Russlands Präsident Wladimir Putin, von dem er sich auch nach dem russischen Angriff auf die Ukraine nicht lossagte. Wenige Wochen nach Kriegsbeginn besuchte er Putin sogar in Moskau – angeblich um zu vermitteln.

Das Verfahren gegen Schröder war von 17 SPD-Gliederungen ins Rollen gebracht worden. In erster Instanz entschied der SPD-Unterbezirk Region Hannover im Sommer 2022, dass Schröder nicht gegen die Parteiordnung verstoßen habe. Dagegen legten sieben SPD-Gliederungen Berufung ein, die im März von der Schiedskommission des Bezirks Hannover zurückgewiesen wurde. In der Begründung hieß es, es lasse sich „nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen“, dass Schröder gegen Statuten, Grundsätze oder die Parteiordnung verstoßen oder sich einer ehrlosen Handlung schuldig gemacht habe.

Ausschluss wäre härteste Strafe gewesen

Gegen diese Entscheidung zogen dann noch die beiden Ortsvereine Leutenbach und Leipzig Ost/Nordost vor die Bundesschiedskommission. Jetzt herrscht Klarheit: Schröder darf Parteimitglied bleiben. Ein Ausschluss wäre nach den SPD-Regularien die härteste mögliche Strafe gegen ihn gewesen. Als mildere Sanktionen standen etwa eine Rüge oder eine zeitweilige Aberkennung des Rechts zur Bekleidung von Parteifunktionen im Raum. Auch dazu kommt es jetzt nicht.

Schröder hatte die Entscheidung der Schiedskommission in Hannover als „juristisch solide und überzeugend sowie politisch konsequent“ begrüßt. Die Parteispitze betont schon seit langem, dass der Ex-Kanzler in der SPD isoliert sei. Unklar ist aber, wie sie nun weiter mit ihm umgeht. Das wird sich spätestens vor dem Bundesparteitag im Dezember zeigen. Normalerweise werden alle ehemaligen Vorsitzenden dazu eingeladen. Ob das nun auch immer noch für Schröder gilt, hat die Parteispitze bisher offen gelassen.

Auf dem Parteitag will die SPD ihre außenpolitischen Grundlinien und damit auch die Haltung zu Russland neu definieren. Es ist der erste SPD-Parteitag seit Russlands Angriff auf die Ukraine.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • 6G
    655170 (Profil gelöscht)

    Als Schröder und seine Clique ((selbstredend nur verstanden in der objektiven (Teil-)Definition als Gruppe von Freunden, die ein gemeinsames Ziel verfolgen und sich darin gegenseitig unterstützten) Politik gegen die einfachen Leute, die Normalbürger und die Arbeitnehmer machten, hat die SPD ihn und eben diese Clique agieren lassen, wie sie wollten und hat ihn auf Händen getragen. Schließlich brachten er und seine Gummistiefel ja politischen Erfolg, Mandate, Ämter.



    Als er dann in Putin einen radikalen ("lupenreinen") Demokraten entdeckte und einen Freund fand (wie er glaubte und bis heute anscheinend immer noch glaubt, obwohl er schlau genug sein müsste zu wissen, dass Typen wie der keine Freunde kennen, sondern nur nützliche ...), hatten sie nichts gegen diese Männerfreundschaft.



    Doch jetzt wird Gazprom-Gerd zur Last und zum Angriffspunkt der Opposition, die Putin selbst ehemals mindestens ebenso hofierte wie Schröder und Co.



    Aber mit Ausschluss is nix, hat die Schiedskommission gesagt.



    Und hätte noch hinzufügen sollen: Insbesondere, wenn der Ausschlussversuch populistisch motiviert ist.

  • Folgt man Wehner/Bingener ("Die Moskau-Connection"), dürfte das Problem der SPD-Bezirk Hannover insgesamt sein. Ein Großteil von Gerds Gazprom-Gang hat seine politische Karriere dort begonnen.

  • Oh je! SPD - 🙀🥳🤬😡 -

    “Hieße sie seit dem August 1914 Reformistische Partei oder Partei des kleinern Übels oder - Hier können Familien Kaffee kochen -* oder so etwas – : vielen Arbeitern hätte der neue Name die Augen geöffnet, und sie wären dahingegangen, wohin sie gehören: zu einer Arbeiterpartei.“

    * “Kurt Tucholsky nutzte das geflügelte Wort um die SPD zu charakterisieren:

    „Es ist ein Unglück, daß die SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands heißt. Hieße sie seit dem August 1914 Reformistische Partei oder Partei des kleinern Übels oder Hier können Familien Kaffee kochen oder so etwas – : vielen Arbeitern hätte der neue Name die Augen geöffnet, und sie wären dahingegangen, wohin sie gehören: zu einer Arbeiterpartei. So aber macht der Laden seine schlechten Geschäfte unter einem ehemals guten Namen.“



    – Kurt Tucholsky: Schnipsel. In: Gesammelte Werke.



    de.wikipedia.org/w...lien_Kaffee_kochen

    kurz - Wer wollte widersprechen! Wollnich.

    • @Lowandorder:

      Happy ☕️☕️☕️, ich gehe jetzt eher zum 🍷🍷🍷

    • @Lowandorder:

      Tucholsky schrieb dies 1932. Im selben Jahr wurde die NSDAP mit 37,3% die stärkste Partei. Die SPD gehörte zu den wenigen verblieben demokratischen Parteien im Reichstag, die aber selbst in der Summe keine Mehrheit mehr hatten.

      Bei aller sonstigen Wertschätzung für Tucho: Politisch hatte er schon lichtere Momente.

      • @Schalamow:

        Ok Ok. Wenn ich jetzt noch mit “Der Verrat“ von Sebastian Haffner um die Ecke komme - kriegens vermutlich auch leicht rote Flecken - wie weiland der geschätzte Hans-Jochen Vogel beim ☕️☕️ Plausch (näher ein paar Florist💐 zurück!;)! Wollnich

  • ...welch ein Gewinn...